Jesus schickt durch Johannes Briefe an die sieben Gemeinden in Kleinasien. Es ist interessant, dass Jesus nicht einfach die „Gemeinden von Kleinasien“ anspricht, sondern für die unterschiedlichen Orte andere Schwerpunkte erwähnt, die aber gleichzeitig für alle – und damit auch für uns – gelten.
Neben lobenden Worten legt Jesus auch den Finger auf die wunden Punkte. In den ersten Jahrzenten gibt es keine Zugehörigkeit zu Christus, die nicht zu folgeschweren Konsequenzen im Leben der einzelnen Gläubigen geführt hätte. Sie waren für die Gesellschaft um sie herum wie Menschen von einem anderen Planeten mit einem den allgemeinen Denk- und Verhaltensweisen ganz und gar entgegengesetzten Lebenskonzept. Jesus gibt seinen Nachfolgern immer Zusagen und Verheißungen mit auf den Weg. Der Brief geht jeweils an den Engel der Gemeinden (Offenbarung 2,1; 2,8; 2,12; 2,18). Das Wort „Engel“ bedeutet „Bote“. Hier ist damit die Person gemeint, die Gottes Botschaft an die Gemeinde weitergibt.
Offenbarung 2,1-7: Die Römer hatten Ephesus zur Hauptstadt der Provinz Asia gemacht. Mit dem Tempel der Fruchtbarkeitsgöttin Artemis, die auch Diana genannt wurde, beherbergte Ephesus eines der Sieben Weltwunder der Antike. Apollos verkündete dort Jesus als den jüdischen Messias. Später lebte der Apostel Paulus während seiner dritten Reise mehr als zwei Jahre in Ephesus (Apostelgeschichte 19,10) und predigte „das Reich Gottes“. Dabei geschahen viele Wunder, was den Unwillen der Gewerbetreibenden erregte, die um ihr Geschäft mit religiösen Souvenir- und Kultgegenständen rund um die „Diana der Epheser“ fürchteten. Sie zettelten einen Aufruhr an, der im großen Theater endete.
Die Gemeinde von Ephesus hatte eine zentrale Stellung. Es fehlte ihr nicht an Glauben, doch es fehlte die Liebe. Das stellte alles andere in Frage. Jesus fordert die Gemeinde auf, zur hingebungsvollen ersten Liebe zurückzukehren. Die „erste Liebe“ ist ein tiefes Verlangen nach Gemeinschaft. Die Gemeinde soll zu diesem Verlangen nach Jesus zurückkehren (Offenbarung 2,5), was sich auch auf die Beziehungen untereinander auswirkt („zu den ersten Taten“). Den Überwindern (Siegern) verspricht er die Früchte vom Baum des Lebens. Adam und Eva hatten statt dem Baum des Lebens den Baum der Erkenntnis gewählt (1.Mose 3). Durch Jesus entscheiden sich nun Menschen aus allen Nationen für den Baum des Lebens.
Offenbarung 2,8-11: Die Stadt Smyrna wurde 1000 v. Chr. als griechische Kolonie gegründet. In Smyrna gab es eine jüdische Gemeinde, die den Jesusleuten das Leben schwermachte (Offenbarung 2,9). Jesus bezeichnet sie als Synagoge Satans. Jesus nannte auch in Johannes 8,44 die Juden, welche das Wort Gottes verdrehten, Kinder des Teufels. Die Juden der Synagoge in Smyrna sollten eigentlich Gott dienen, doch sie spielten mit ihrem Verhalten dem Widersacher in die Hand. Genauso kann auch eine christliche Kirche in dieses Fahrwasser geraten. Menschen können sich Christen nennen, doch mit ihrem Handeln dem Teufel zudienen.
Die Gemeinde von Smyrna ist eine materiell arme Gemeinde, doch sie haben den Reichtum des Glaubens entdeckt (Offenbarung 2,9). Mit Selbstverständlichkeit wird von Gefangenschaft und Tod berichtet. Doch weil Christus selbst tot war und wieder lebendig geworden ist (Offenbarung 2,8), verliert der erste Tod den Schrecken. Viel wichtiger ist, dass Christus vor dem zweiten Tod rettet (Offenbarung 2,11). Menschen, die für den Glauben leiden und bereit sind, dafür zu sterben, zählen zu den Siegern, die den Siegeskranz erhalten. Damit ist nicht nur der Erste gemeint, der ins Ziel kommt, sondern alle, die das Ziel erreichen.
Offenbarung 2,12-17: Kaiser Augustus ließ in Pergamon im Jahr 29 v. Chr. den ersten Kaiserkulttempel der Provinz errichten. Als berühmtestes Bauwerk des antiken Pergamon gilt der dem Zeus und der Athena geweihte Pergamonaltar, der heute im Pergamonmuseum in Berlin ausgestellt ist. Die Bibliothek von Pergamon war nach derjenigen von Alexandria die zweitgrößte der antiken Welt und soll mindestens 200 000 Buchrollen umfasst haben. Pergamon bot auch einen Kurbetrieb im Asklepieion an (Heiligtum des Asklepios, des griechischen Gottes der Heilkunst). Durch einen rund 80 Meter langen unterirdischen Gang floss warmes radioaktives Wasser aus einer heiligen Quelle. Es gab naturmedizinische sowie heilpraktische Behandlungen, Wasser- und Schlammanwendungen, Tiefschlafbehandlungen und ein Angebot für Traumdeutungen.
Obwohl Pergamon ein Zentrum des Kaiserkults und der griechischen Götterverehrung war, hielten die Jesus-Nachfolger an ihrem Glauben fest, auch noch, als Antipas dafür getötet wurde. Antipas war ein treuer Zeuge Jesu. Doch es gab auch Menschen in der Gemeinde, die nicht so treu waren.
In Pergamon und in Thyatira vermischten einige Religion mit Erotik, obwohl Gott diese beiden Bereiche immer explizit trennt. Wenn Sexualität zu einem religiösen Akt wird, verliert sie ihre eigentliche Bestimmung als Ausdruck der Einheit zwischen Mann und Frau.
Die Lehre der Nikolaiten folgte dem Ratschlag Bileams, dass die Frauen mit ihrem Reizen die Israeliten zum Götzendienst verführen sollten (4.Mose 31,16 / 4.Mose 25,1-2). Natürlich kann es auch umgekehrt sein, dass Frauen (oder Männer) meinen, es sei gut, durch eine Verbindung oder einen Flirt Menschen für die Gemeinde zu gewinnen. Dazu nahmen die Nikolaiten an den Festen teil, bei denen Götzenopfer gebracht wurden. Sie duldeten sexuelle Freizügigkeit, die Teilnahme an Götzenopfern und am Kaiserkult. Doch damit handelten sie gegen die Worte von Jesus und verurteilten sich selbst (Offenbarung 2,16). Wer mit „weltlichen Angeboten“ Menschen gewinnen will, verliert die geistliche Nahrung. Jesus hat gesagt: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben“ (Johannes 6,35). Doch wer nicht aufgibt und an Jesus festhält, bekommt das himmlische Brot (Manna) und einen neuen Namen.
Offenbarung 2,18-29: Thyatira war in der Antike eine bedeutende Handels- und Industriestadt. Sie war eine der ersten Städte, in der Geld als Zahlungsmittel verwendet wurde. Thyatira war für seine Textilindustrie und Purpurfärberei bekannt. So stammte auch die Purpurhändlerin Lydia in Philippi aus dieser Stadt (Apostelgeschichte 16,14).
Die Christen in Thyatira erhielten als vierte Gemeinde ein sogenanntes Sendschreiben von Johannes. Der auferstandene Jesus weist die Gemeinde zurecht, weil sie eine Frau in ihrer Mitte duldete, die zu sexuellen Ausschweifungen und Götzenopferfleisch ermutigte. Sie trieb mit verschiedenen Männern Ehebruch und nannte das „Erfahrung der Tiefen Satans“. Doch es gab in Thyatira auch Christen, die sich nicht in diese Praktiken hineinziehen ließen. Diesen verspricht Jesus eine leitende Stellung im zukünftigen Reich Gottes.
Jesus wird in Offenbarung 22,16 als der Morgenstern bezeichnet. Der Morgenstern ist der letzte Stern bevor der Tag anbricht. Jesus ist der letzte Prophet, der das Reich Gottes ankündigt bevor es anbricht. In Jesus und mit ihm haben die Gläubigen Anteil an der Herrschaft in seinem kommenden Reich.
Text: Hanspeter Obrist
Apokalypse – Das biblische Buch der Offenbarung
Das Buch der Offenbarung (1)
Briefe aus dem Himmel (2)
Jesus sorgt sich um jede Gemeinde (3)
Ein Blick auf den Thron Gottes (4)
Wer ist würdig? (5)
Das Lamm enthüllt die Geheimnisse (6)
Rettung kommt von Gott (7)
Die Antwort auf die Gebete der Heiligen (8)
Das Böse hat Grenzen (9 und 10)
Gott sucht Anbeter (11)
Die Frau und der Drache (12)
Der Drache mobilisiert die ganze Welt (13)
Die Ernte (14)
Der Mensch verharrt in seiner Auflehnung gegen Gott (15-16)
Babylon und ihr Fall (17-18)
Das große Halleluja (19)
Die letzte Einladung (20)
Das himmlische Jerusalem (21)
Das Schluss-Statement von Jesus (22)
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