Blick und Tages Anzeiger berichten von Jugendlichen, welche mit Jesus ein neues Leben beginnen

Blick:  Carlos möchte ein «anständiger und gläubiger Mensch» werden, soll Carlos letzte Woche zu seinen Betreuern gesagt haben. Im neuen Sondersetting soll der 18-Jährige richtig schreiben und lesen lernen und einer handwerklichen Tätigkeit nachgehen. Helfen soll ihm dabei der Glaube an Gott. Der 18-Jährige lese regelmässig in der Bibel und bete täglich, sagt ein Freund von Carlos zu Blick.ch.

Schon länger pflegt Carlos ein enges Vertrauensverhältnis zum Zürcher Jugendpfarrer Markus Giger. Er ist Leiter der evangelisch-reformierten Streetchurch, die versucht, schwierigen und straffälligen Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Auch bei Carlos dürfte der Prozess noch eine Weile dauern, glaubt Matthias Kägi, Schulischer Heilpädagoge und Lehrervernetzer bei den Vereinigten Bibelgruppen VBG.   zum Artikel

 

Tages Anzeiger:

Die Streetchurch lädt Shan* ihn in ein Ferienlager im Tessin mit anderen jungen Männern und Frauen ein. Er geht mit, kifft heimlich und beobachtet die anderen. «Die, die an Gott glaubten, waren so lebensfroh, waren eine Gemeinschaft.» Das wollte er auch haben. Mit Pfarrer Markus Giger vereinbart er, am 20. August mit Kiffen aufzuhören.

Shan ist allein in seinem Zimmer, der Kampf beginnt. Er will nichts mehr als einen Joint. Er schaut in den Spiegel und sagt: «Du hast dein Leben voll nicht im Griff.» Die einzige Lösung, die er sieht, ist Jesus. Auch wenn er nicht an dessen Existenz glaubt, betet er. «Du siehst, wie scheisse es mir geht. Ich weiss nicht weiter, bitte hilf mir.» Er habe sich voller Vertrauen in die Situation begeben und habe dabei ein Gefühl von Frieden verspürt. «Ich konnte mir alles reinrauchen, aber diese innere Ruhe hatte ich vorher noch nie gespürt.» Dank diesem Gefühl ist es ihm gelungen, bis heute clean zu bleiben, ist er überzeugt. «Mein Herz hat es gespürt, mein Kopf akzeptiert», sagt der heute 21-Jährige. Mit dem Ende des Kiffens und der Entscheidung, Jesus zu folgen, wendet sich manches zum Guten.

Mit 17, da ist Remo* alles egal. Er geht fast jeden Abend weg, trifft Freunde, trinkt Bier, kifft, nimmt Speed. Fünf Jahre später ist Remo ein anderer. Vor vier Monaten hat er das Massnahmenzentrum Uitikon verlassen. Für «das Delikt», wie Remo die Tat nennt, hat ihn das Gericht im Januar 2009 zu 21 Monaten Haft verurteilt.

Eines Tages erzählt ihm ein Zellennachbar, er kiffe nicht mehr, weil er zu Jesus gefunden habe. Remo findet das schräg. Sie führen ein langes Gespräch. Als Remo in seine Zelle geführt wird, ruft ihm der Mitinsasse nach: «Wenn du nicht mehr kannst, bete zu Jesus!»

Remo hockt auf seinem Bett und realisiert: «Ich bin 18 Jahre alt, sitze eingesperrt in einer Zelle. Ich habe alles versaut: die Lehre abgebrochen, die Freunde verloren, das Vertrauen der Mutter verspielt.» Er bricht zusammen, fällt auf die Knie, heult. Dann faltet er seine Hände zum Gebet und sagt: «Jesus, ich habe keine Ahnung, ob es dich gibt. Wenn du der bist, von dem man spricht, hilf mir, bitte.»

Am folgenden Morgen wacht er auf, bevor der Wecker klingelt. Er steht am Fenster, schaut durch die Gitterstäbe auf den mit Stacheldraht umzäunten Hof – und fühlt sich zum ersten Mal in seinem Leben frei. «In all den Jahren habe ich immer ein Glücksgefühl gejagt und die Freiheit gesucht. Und plötzlich war dieses Gefühl da.» Bis heute kann sich Remo nicht erklären, warum er an diesem Abend in seiner Zelle gebetet hat. Er ist als Atheist aufgewachsen und war stets Realist. Glauben war gar etwas, was er verachtete. Was sich verändert hat, kann er sich nicht erklären.

Im Massnahmenzentrum Uitikon ist seine Message schon heute zu hören. Zu Weihnachten haben seine damaligen Mitinsassen die CD mit seinen Raps geschenkt bekommen. Viele seiner ehemaligen Kollegen, die ihn im Gefängnis mit seinem Glauben aufgezogen haben, sagen heute: «Respekt!»

* Namen vom Tages Anzeiger geändert      Zum Artikel

Aus dem Interview vom Tages Anzeiger mit dem Gefängnisseelsorger Markus Giger

Worin sehen Sie Ihre Aufgabe?
Ich trete nicht in erster Linie als Vertreter einer Religion auf, sondern als Mensch, der sich in seinem Leben auch in Schuld verstricken kann. Gemeinsam versuchen wir, das Scheitern einzuordnen, zu verstehen, was geschehen ist, und einen Weg zu finden, wie wir Menschen mit Schuld und Scheitern weiterleben können.

Wo kommt Gott ins Spiel?
Die Täter haben oft selbst Furchtbares erlebt. Und sie haben niemanden, der sie annimmt, so wie sie sind. Vergebung ist nicht verfügbar für sie. In all dem Schweren kann der Glaube an Gott eine neue Perspektive eröffnen. Aber es gibt Fragen, die ich auch nicht beantworten kann. In solchen Situationen empfinde ich das Bedürfnis, zu beten, um den Schmerz über das Unverständliche abgeben zu können. Die meisten nehmen dies gerne in Anspruch.

Warum finden junge Straftäter am absoluten Tiefpunkt eher zum Glauben?
Glaube ereignet sich nicht nur am absoluten Tiefpunkt. Auch Menschen, deren Leben in unserer Gesellschaft als erfolgreich wahrgenommen wird, können sich innerlich als leer empfinden und im Glauben nach dem Sinn ihrer Existenz suchen. Wahr ist sicher, dass am Tiefpunkt der Mensch sensibilisierter und klarer in der Wahrnehmung seiner Nöte ist. Dieser Druck erzeugt die Bereitschaft, sich mit seiner Existenz auseinanderzusetzen. Der christliche Glaube eröffnet – allem Scheitern zum Trotz – die Chance, neu anfangen zu können. Das Konzept der Vergebung birgt für die gescheiterte menschliche Existenz ein grosses Hoffnungs- und Veränderungspotenzial.      zum Interview

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