Benedikt XVI. war am Samstagmorgen, 31.12.22, im Alter von 95 Jahren gestorben. Am Donnerstag, 5. Januar, ist er im Petersdom beigesetzt worden. Joseph Ratzinger liegt nun im Grab seines polnischen Vorgängers Johannes Paul II., dessen sterbliche Überreste schon vor Jahren an einen Ort in er Hauptebene des Doms gebracht wurden. Benedikt XVI. war von 2005 bis 2013 Papst.
Seine letzten Worte waren: “HERR- ICH LIEBE DICH”.
Laut seines Privatsekretärs Georg Gänswein flüsterte Benedikt zwar, es sei aber noch verständlich gewesen. Er sagte demnach auf Italienisch «Herr, ich liebe dich».
Wie kommt die sogenannte Glaubensgewissheit zustande, die sich auf Geschichtliches bezieht? Diese Frage beschäftigte den Theologen Joseph Ratzinger sein Leben lang und ließ ihn auch als Papst nicht los.
Professor Ratzinger vertrat die Überzeugung, dass Vernunft und Offenbarung zusammengehören. Eine reine Vernunft ohne Glaube werde kalt und herzlos, urteilte der Theologe, wie umgekehrt ein Glaube ohne Vernunft blind und fanatisch werde. In diesem Denken wirkt die Menschheitsgeschichte wie ein unaufhörliches Ringen zwischen Glaube und Unglaube, zwischen Gottesliebe bis zum Selbstverzicht und Selbstliebe bis zur Gottesleugnung.
«Wenn es nicht das Mass des wahren Gottes gibt«, so die Mahnung des Pontifex, «zerstört sich der Mensch selbst.» Ratzinger hat als junger Mensch, während des Zweiten Weltkriegs, den Terror der Nazis miterlebt hatte. In dieser Zeit zeigte sich für ihn die Gefahr einer gottlosen, sich selbst legitimierenden Staatsmacht. Es ist kein Zufall, dass eine solche Sicht auf Religion – Religion als göttliches Korrektiv weltlicher Macht, als Sinn und Fundament des Menschseins – bis heute Widerspruch und Anfeindung auslöst. Gerade in einer fortschrittsgläubigen Zeit, die meint, Gott überflüssig gemacht zu haben, will niemand hören, dass ohne Gott die Menschlichkeit verloren geht.
Das machte Benedikt XVI. für viele zum Ärgernis. Umso mehr, als er sich nicht beeindrucken liess vom öffentlichen Druck gegen seine Person, vom Liebesentzug einer Gesellschaft, die als obersten Massstab nur sich selber anerkennt. mehr Informationen
Benedikt XVI. war ein deutscher Theologe, Hochschullehrer und römisch-katholischer Geistlicher. Er war von seiner Wahl am 19. April 2005 bis zu seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 der 265. Bischof von Rom und damit Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sowie das siebte Staatsoberhaupt der Vatikanstadt.
Der verstorbene Papst Benedikt XVI. hat sich in seinem Testament bedankt, aber auch um Verzeihung gebeten. Er danke Gott, der ihm das Leben geschenkt und ihn durch vielerlei Wirrnisse hindurchgeführt habe, schrieb er in seinem geistlichen Testament, das der Vatikan am Samstagabend veröffentlichte. «Betet für mich, damit der Herr mich trotz all meiner Sünden und Unzulänglichkeiten in die ewigen Wohnungen einlässt».
Benedikt sprach auch von «dunklen und mühsamen Strecken» seines Weges, auf denen ihn der Herr gut geführt habe. «Alle, denen ich irgendwie Unrecht getan habe, bitte ich von Herzen um Verzeihung», schrieb er weiter.
Oft habe es so ausgesehen, als ob die Wissenschaft unwiderlegliche Einsichten vorzuweisen gehabt hätte, die dem katholischen Glauben entgegenstanden hätten. Mit den wechselnden Generationen sah er aber nach eigener Aussage unerschütterlich scheinende Thesen zusammenbrechen, die sich als blosse Hypothesen erwiesen hätten. Er nannte als Beispiel die liberale Generation, die existenzialistische Generation und die marxistische Generation. Der Text datiert auf den 29. August 2006, als Benedikt bereits Papst war.
Insbesondere in der Theologie weist er darauf hin, dass exegetische Schulen kommen und gehen. Der verstorbene Papst äußerte die Sicherheit: „Jesus Christus ist wirklich der Weg, die Wahrheit und das Leben – und die Kirche ist in all ihren Mängeln wirklich Sein Leib.“
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. geht mit Amtsträgern der katholischen Kirche in Deutschland im Juli 2021 ins Gericht. „Solange bei kirchenamtlichen Texten nur das Amt, aber nicht das Herz und der Geist sprechen, so lange wird der Auszug aus der Welt des Glaubens anhalten“, schreibt er in Antworten auf Fragen der „Herder Korrespondenz“, die die Zeitschrift in ihrer neuen Ausgabe veröffentlichen will. Er erwarte „ein wirkliches persönliches Glaubenszeugnis von den Sprechern der Kirche“. mehr Informationen
Die evangelische Kirche würdigte das Wirken des verstorbenen Papstes. „Joseph Ratzinger hat mit großem Scharfsinn und intellektueller Prägnanz theologische Beiträge geleistet, die weit über die katholische Kirche hinaus die Christenheit insgesamt und die Öffentlichkeit beeindruckt haben“, erklärte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, am Samstag in Hannover.
In einem Interview schildert Erzbischof Georg Gänswein, wie Benedikt seine letzten Stunden verbrachte: „Er war gefasst und wir, die sehr unmittelbar um ihn waren, mit ihm gelebt haben, spürten dass er auf der Zielgeraden war und diese Zielgerade hatte nun ein Ende. Dieses Ende hatte er fest im Blick.“
Er ist ja eigentlich wider seiner Vermutung sehr alt geworden. Er war überzeugt, dass nach seinem Verzicht der Liebe Gott ihm nur mehr ein „Jährchen“ geben würde. Er war wohl der erste, der überrascht war, dass aus diesem „Jährchen“ nicht wenige Jahre geworden sind.
„Also, das Letzte, was er gesucht und sich gewünscht hat, war es, mit 78 Jahren Papst zu werden. Er ist es geworden, er hat es angenommen, er hat das als den Willen Gottes gesehen und hat diese Aufgabe übernommen.“
Was mich immer wieder beeindruckt hat, was mich immer wieder auch überrascht hat, war die Milde, die Ruhe, das Ausgeglichensein, auch in Situationen, die wirklich sehr anstrengend, sehr fordernd und teilweise menschlich auch sehr betrüblich waren.
Als Papst hat er drei Enzykliken geschrieben, die vierte ist ja gemeinsam mit Papst Franziskus entstanden.
Zu dem, was bleibt, gehört sicherlich die Jesus-Trilogie. Ursprünglich sollte es ja nur ein Band werden. Er hat angefangen als Kardinal und den ersten Band als Papst beendet. Diese drei Bände enthalten seine ganze theologische Forschung, sein ganzes Gebetsleben in einer Form, die Gott sei Dank verständlich ist, die auf höchstem akademischen Niveau geschrieben ist, aber auch ein bleibendes Zeugnis seiner Person für die Gläubigen sein wird. Und das war auch die Absicht: Er wollte mit diesem Buch, mit dieser Form der Glaubensverkündigung, Menschen im Glauben stärken, zum Glauben führen und Türen zum Glauben öffnen. Christus hat gelebt, aber er lebt nach wie vor. Und die Lektüre hilft, sozusagen den Draht mit dem Heute, mit Christus, herzustellen.
Ganz klar war schon am Anfang, dass die größte Herausforderung das war, was er als Relativismus bezeichnet hat. Der katholische Glaube und die Kirche sind überzeugt davon, dass in Jesus Christus die Wahrheit geboren, Mensch geworden ist: „Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben.“
Toleranz heißt, dass ich selbstverständlich jeden Menschen in seinem Glauben, in seiner Überzeugung ernst nehme und annehme. Aber es bedeutet eben nicht, dass ich dann meinen Glauben, von dem ich überzeugt bin, den ich empfangen habe, um ihn auch weiterzugeben, dass ich den einfach tiefstapele. Ganz im Gegenteil.
Das ist das Zentrum, um das herum sich seine Verkündigung, sein Papstamt und sein päpstlicher Dienst gedreht hat: Die Überzeugung, dass ich den Glauben an Gott verkünden muss. Das ist das Entscheidende. Andere können anderes tun, aber das ist das Hauptziel, die Hauptaufgabe des Papstes, und dafür ist und bleibt er der erste Zeuge.
Das Zentrum unseres Glaubens ist ja in einem Menschen zu einer bestimmten Zeit – in Jesus von Nazareth – Mensch geworden, und all das, was wir aus dieser Zeit wissen, hat sich dann verdichtet in den Evangelien oder im Schrifttum, im Neuen Testament. Und das zu verkünden, glaubwürdig zu verkünden, überzeugend zu verkünden, das war das Zentrum und das Ziel seines päpstlichen Dienstes.
Papst Franziskus bei der Generalaudienz würdigte seinen Vorgänger als „großen Lehrmeister der Glaubensunterweisung“: „Sein scharfes und feinfühliges Denken war nicht selbstbezogen, sondern kirchlich, weil er uns immer zur Begegnung mit Jesus führen wollte“.
Dr. Joachim Heimerl, Priester und Oberstudienrat: Was Benedikt sagte, das saß. Zu Lebzeiten galt er als „Kirchenlehrer“ – auch seine Kritiker widersprachen dem nicht. Unablässig wies er auf Christus hin, darauf, dass Gott uns in IHM sein menschliches Angesicht zeigt; die späte Trilogie „Jesus von Nazareth“ ist ein bleibendes Zeugnis dafür. Er unterstrich, dass die Kirche ohne ihre Tradition niemals überleben kann. „Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“ Hinter diese prophetische Wahrheit kann keiner seiner Nachfolger zurück. Eine „synodale Kirche“, die sich selbst zum Verhandlungsobjekt macht, wäre dagegen unter Benedikt XVI. so undenkbar gewesen. Er trotzte dem Zeitgeist und dem Relativismus und wurde nie müde, vor deren Gefahr zu warnen. Joseph Ratzinger trat schon immer bescheiden hinter seinen Aufgaben zurück; dass er als Papst dabei blieb, zeugt von Demut und auch von Konsequenz. Beide Eigenschaften zeichneten ihn besonders aus; deutsche Medien nannten ihn dagegen nur „umstritten“. Das waren freilich alle Propheten und wie Jesus selbst waren sie immer ein „Zeichen, dem widersprochen wird“ (Lk 2,34). mehr Informationen