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Skurrile Diskriminierungen

Manchmal nehmen die Einschränkungen der Religionsfreiheit skurrile Formen an. Besonders in Europa und den USA. Sind es Einzelfälle? Handelt es sich um Überreaktionen oder Übereifer?

Im Blick auf die Gesetzgebung der Europäischen Union (EU) zur Antidiskriminierung sagte die Menschenrechtlerin: Aufgrund der langen christlichen Tradition in Europa geht man davon aus, dass Christen nicht besonders geschützt werden müssten. Sie würden vielmehr im Zusammenhang mit Diskriminierung zunehmend als Täter gesehen.
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Freund von großen Worten

Nun, du weißt ja, ich bin kein Freund von großen Worten, drum möchte ich das, was ich heute zu sagen habe – und im Grunde ja schon immer mal sagen wollte, aber aus irgendwelchen Gründen doch nie ausdrücken konnte, nicht weil keine Gelegenheit dazu war, obwohl auch  dies manchmal der Fall war, sondern weil einfach kein geeigneter Moment gefunden werden konnte, und .. nun ja, du weißt schon, was ich meine, jedenfalls sei es heute kurz, klar, deutlich und unmissverständlich ausgesprochen – Dinge dieser Art werden heutzutage ja überhaupt viel zu selten gesagt, und was bleibt, sind dann leichte Andeutungen, die man dann irgendwie zu interpretieren hat, und … nun, ich glaube, du verstehst mich, ja?  🙂

Als Atheist glaube ich wirklich, dass Afrika Gott braucht.

Missionare, nicht Hilfsgelder, sind die Lösung für Afrikas größtes Problem – die erdrückende Passivität im Denksystem der Menschen

Matthew Parris – The Times (UK Newspaper), 27. Dezember 2008.  (Übersetzung: Frank Schönbach)

Vor Weihnachten kam ich nach 45 Jahren zurück in das Land, das ich als Junge unter dem Namen Nyassaland gekannt hatte. Heute heißt es Malawi, und The Times Christmas Appeal  betreut dort auch ein kleines britisches Wohltätigkeitsprojekt. Pump Aid hilft ländlichen Gemeinden, eine einfache Pumpe zu installieren, die es den Leuten erlaubt, ihre Quellen im Dorf geschlossen und sauber zu halten. Ich fuhr dort hin, um dieses Projekt anzusehen.

Es hat mich begeistert und meinen nachlassenden Glauben an wohltätige Entwicklungshilfe-Projekte erneuert. Aber die Reise durch Malawi hat einen anderen Glauben ebenfalls aufgefrischt: einen Glauben, den ich mein ganzes Leben lang zu verbannen versuchte, aber eine Beobachtung, die ich einfach nicht schaffe, zu vermeiden, seit meiner Kindheit in Afrika. Sie verwirrt meine ideologischen Überzeugungen zutiefst, weigert sich hartnäckig, sich in meine Weltsicht einzufügen und hat meine wachsende Überzeugung, dass es keinen Gott gibt, in peinliche Verlegenheit gebracht.

Obwohl ich mich jetzt ausdrücklich als Atheist bezeichne, bin ich doch zur Überzeugung gelangt, was für einen enormen Beitrag die christliche Evangelisation in Afrika leistet: scharf zu unterscheiden von der Arbeit der säkularen NGOs [non government organizations = nicht staatliche Hilfsorganisationen], staatlichen Projekte und internationalen Hilfeleistungen. Diese alleine werden nichts nützen. In Afrika verändert das Christentum die Herzen der Menschen. Es bringt eine geistige Umwandlung. Die Wiedergeburt ist real. Die Veränderung ist gut.

Ich habe bisher gewöhnlich diese Wahrheit zu umgehen versucht, indem ich – wo es möglich war – der praktischen Arbeit der Missionskirchen in Afrika meinen Beifall ausdrückte. Es ist ein Jammer, so sagte ich, dass das Seelenheil ein Teil dieses Pakets ist, aber schwarze und weiße Christen, die in Afrika arbeiten, heilen die Kranken, lehren die Leute lesen und schreiben; und nur ein Säkularist der härtesten Sorte kann sich ein Missionshospital oder eine Schule ansehen und dann sagen, die Welt wäre besser ohne sie. Ich würde insoweit zugestehen, wenn denn nun der Glaube notwendig ist, um die Missionare zum Helfen zu motivieren, na ja, dann gut: Aber was zählt, ist die Hilfe, nicht der Glaube.

Aber das entspricht nicht den Fakten. Glaube bewirkt mehr, als nur den Missionar zu motivieren; er wird auch auf seine Schäfchen übertragen. Das ist der Effekt, der so immens viel ausmacht, und an dessen Beobachtung ich einfach nicht vorbei komme.

Also, zuerst einmal die Beobachtung. Wir hatten Freunde, die Missionare waren, und als Kind war ich oft bei ihnen; ich hielt mich, zusammen mit meinem Bruder, auch oft in einem traditionellen afrikanischen Dorf auf dem Land auf. In der Stadt hatten wir Afrikaner, die für uns arbeiteten, und die sich bekehrt hatten und überzeugte Gläubige waren. Die Christen waren immer anders. Keineswegs wirkten diese Bekehrten irgendwie eingeschüchtert oder eingeengt, sondern ihr Glaube schien sie vielmehr befreit und entspannt zu haben. Da war eine Lebhaftigkeit, eine Neugier, ein Engagement für die Welt – eine Geradlinigkeit in ihrem Umgang mit anderen –, die im traditionellen afrikanischen Leben zu fehlen schienen. Sie standen aufrecht da.

Mit 24 Jahren verstärkte eine Landreise quer durch den Kontinent diesen Eindruck noch mehr. Von Algerien nach Niger, Nigeria, Kamerun und in die Zentralafrikanische Republik; dann mitten durch den Kongo nach Ruanda, Tansania und Kenia, so fuhren vier befreundete Studenten und ich in unserem alten Land Rover bis nach Nairobi.

Wir schliefen unter freiem Himmel, und deshalb war es wichtig, als wir stärker bevölkerte und gesetzlose Teile der Sub-Sahara erreichten, dass wir jeden Tag beim Einbruch der Nacht einen sicheren Platz fanden. Oft in der Nähe einer Missionsstation.

Immer wenn wir in ein Gebiet kamen, das von Missionaren bearbeitet worden war, mussten wir zugeben, dass sich in den Gesichtern der Leute, an denen wir vorbei kamen und mit denen wir sprachen, etwas verändert hatte: irgend etwas in ihren Augen, die Art, wie sie direkt auf einen zu kamen, Mann zu Mann, ohne nach unten oder zur Seite weg zu gucken. Sie waren gegenüber Fremden nicht ehrerbietiger geworden – in gewisser Weise sogar weniger –, aber viel offener.

Dieses Mal in Malawi war es genau das gleiche. Ich traf keine Missionare. Man begegnet Missionaren nicht in den Lobbies der teuren Hotels, wo sie Dokumente über Entwicklungsstrategien diskutieren, wie man es bei den großen NGOs erlebt. Aber stattdessen bemerkte ich, dass eine Handvoll der beeindruckendsten Mitglieder des Pump Aid-Teams (die meisten aus Zimbabwe) privat überzeugte Christen waren. „Privat“ deswegen, weil diese Wohltätigkeits-Organisation vollständig säkular ist, und ich nie bei irgendeinem aus diesem Team hörte, dass er so etwas wie Religion erwähnte, während sie in den Dörfern arbeiteten. Aber ich fing sehr wohl die christlichen Anspielungen in unseren Gesprächen auf. Einen sah ich, wie er im Auto ein Andachtsbuch studierte. Ein anderer ging am Sonntag beim Morgengrauen in die Kirche, zu einem zweistündigen Gottesdienst.

Es würde mir sehr gut passen, wenn ich glauben könnte, dass ihre Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Optimismus bei ihrer Arbeit nichts mit ihrem persönlichen Glauben zu tun hätten. Ihre Arbeit war säkular, aber ganz sicher von dem beeinflusst, was sie waren. Und was sie waren, war wiederum beeinflusst von einem Konzept über den Platz des Menschen im Universum, den das Christentum sie gelehrt hatte.

Über lange Zeit war es eine Mode bei den akademischen Soziologen im Westen, die Wertesysteme der Stämme wie mit einem Zaun zu umgeben, jenseits jeder Kritik, die sich auf unsere eigene Kultur gründet: das sind „ihre“ Werte, und deshalb das Beste für „sie“; authentisch, und grundsätzlich von gleichem Wert wie unsere.

Ich kann dem nicht zustimmen. Ich beobachte, dass der Glaube der Stämme nicht friedvoller ist als unserer; und dass er die Individualität unterdrückt. Die Leute denken kollektiv; zuerst in Begriffen der Gemeinschaft, der Großfamilie und des Stammes. Diese ländlich-traditionelle Denkweise ist der Nährboden für die Politik des „großen Mannes“ und der Gangster in den afrikanischen Städten: der übertriebene Respekt für einen aufgeblasenen Führer, und die (buchstäbliche) Unfähigkeit, die Idee einer loyalen Opposition überhaupt zu verstehen.

Ängstlichkeit – Furcht vor bösen Geistern, vor den Ahnen, der Natur und dem Wilden, der Hierarchie im Stamm, oder ganz alltäglichen Dingen – prägt tief die gesamte Struktur des ländlichen afrikanischen Denkens. Jeder Mann hat seinen Platz, und, ob man es Furcht oder Respekt nennen mag, eine große Last unterdrückt den individuellen Geist und hemmt die Neugier. Die Leute werden keine Initiative ergreifen, werden die Dinge nicht in ihre eigenen Hände oder auf ihre eigenen Schultern nehmen.

Wie kann ich, als jemand, der mit einem Fuß in beiden Lagern steht, das erklären? Wenn ein philosophischer Tourist sich von einer Weltanschauung in eine andere bewegt, bemerkt er – in dem Augenblick, wenn er in die neue eintritt –, dass er die Sprache verliert, um diese Landschaft seiner alten Welt zu beschreiben. Aber lassen Sie es mich mit einem Beispiel versuchen: Die Antwort, die Sir Edmund Hillary gab auf die Frage: Warum steigen sie auf den Berg? „Weil er da ist,“ sagte er.

Im ländlichen afrikanischen Denken wäre das eine Erklärung dafür, warum jemand den Berg nicht besteigen will. Er ist… na ja, eben da. Einfach da. Warum sollte man etwas unternehmen? Es gibt nichts, was man deswegen oder damit tun müsste. Hillary’s weitere Erklärung, – dass niemand ihn bisher bestiegen hat –, würde als ein weiterer Grund für die Passivität herhalten.

Das Christentum, nach der Reformation und nach Luther, mit seiner Lehre von einer direkten, persönlichen und zweiseitigen Verbindung zwischen dem Individuum und Gott, nicht durch das Kollektiv vermittelt, und nicht irgend einem anderen menschlichen Wesen untergeordnet, zerschmettert das philosophisch-spirituelle Bezugssystem, das ich eben beschrieben habe, vollständig. Es bietet denen, die ängstlich sind, das erdrückende Gruppendenken des Stammes aufzugeben, etwas an, an dem sie sich festhalten können. Deshalb und auf diese Weise wirkt es befreiend.

Diejenigen, die möchten, dass Afrika im globalen Wettbewerb des 21. Jahrhunderts mithalten kann, sollten sich nicht selbst zu Narren machen und annehmen, dass die Bereitstellung von Material oder sogar von Knowhow, das mit dem einher geht, was wir Entwicklung nennen, eine Veränderung auslösen werden. Ein ganzes Glaubenssystem muss zuerst ersetzt werden.

Und ich fürchte, es muss von einem anderen ersetzt werden. Wenn man aus der afrikanischen Gleichung die christliche Evangelisation heraus nimmt, wird man wohl den Kontinent einer bösartigen Verbindung von Nike, dem Zauberdoktor, dem Mobiltelefon und der Machete ausliefern.

http://www.timesonline.co.uk/tol/comment/columnists/matthew_parris/article5400568.ece

As an Atheist, I truly Believe Africa Needs God – Matthew Parris

As an Atheist, I truly Believe Africa Needs God – Matthew Parris

An article by an Atheist, Matthew Paris that was published in The Times on 27 December 2008 .

Before Christmas I returned, after 45 years, to the country that as a boy I knew as Nyasaland. Today it’s Malawi, and The Times Christmas Appeal includes a small British charity working there. Pump Aid helps rural communities to install a simple pump, letting people keep their village wells sealed and clean. I went to see this work.

It inspired me, renewing my flagging faith in development charities. But travelling in Malawi refreshed another belief, too: one I’ve been trying to banish all my life, but an observation I’ve been unable to avoid since my African childhood. It confounds my ideological beliefs, stubbornly refuses to fit my world view, and has embarrassed my growing belief that there is no God.

Now a confirmed atheist, I’ve become convinced of the enormous contribution that Christian evangelism makes in Africa: sharply distinct from the work of secular NGOs, government projects and international aid efforts. These alone will not do. Education and training alone will not do. In Africa Christianity changes people’s hearts. It brings a spiritual transformation. The rebirth is real. The change is good.

I used to avoid this truth by applauding – as you can – the practical work of mission churches in Africa. It’s a pity, I would say, that salvation is part of the package, but Christians black and white, working in Africa, do heal the sick, do teach people to read and write; and only the severest kind of secularist could see a mission hospital or school and say the world would be better without it. I would allow that if faith was needed to motivate missionaries to help, then, fine: but what counted was the help, not the faith.

But this doesn’t fit the facts. Faith does more than support the missionary; it is also transferred to his flock. This is the effect that matters so immensely, and which I cannot help observing.

First, then, the observation. We had friends who were missionaries, and as a child I stayed often with them; I also stayed, alone with my little brother, in a traditional rural African village. In the city we had working for us Africans who had converted and were strong believers. The Christians were always different. Far from having cowed or confined its converts, their faith appeared to have liberated and relaxed them. There was a liveliness, a curiosity, an engagement with the world – a directness in their dealings with others – that seemed to be missing in traditional African life. They stood tall.

At 24, travelling by land across the continent reinforced this impression. From Algiers to Niger, Nigeria, Cameroon and the Central African Republic, then right through the Congo to Rwanda, Tanzania and Kenya, four student friends and I drove our old Land Rover to Nairobi.

We slept under the stars, so it was important as we reached the more populated and lawless parts of the sub-Sahara that every day we find somewhere safe by nightfall. Often near a mission.

Whenever we entered a territory worked by missionaries, we had to acknowledge that something changed in the faces of the people we passed and spoke to: something in their eyes, the way they approached you direct, man-to-man, without looking down or away. They had not become more deferential towards strangers – in some ways less so – but more open.

This time in Malawi it was the same. I met no missionaries. You do not encounter missionaries in the lobbies of expensive hotels discussing development strategy documents, as you do with the big NGOs. But instead I noticed that a handful of the most impressive African members of the Pump Aid team (largely from Zimbabwe) were, privately, strong Christians. “Privately” because the charity is entirely secular and I never heard any of its team so much as mention religion while working in the villages. But I picked up the Christian references in our conversations. One, I saw, was studying a devotional textbook in the car. One, on Sunday, went off to church at dawn for a two-hour service.

It would suit me to believe that their honesty, diligence and optimism in their work was unconnected with personal faith. Their work was secular, but surely affected by what they were. What they were was, in turn, influenced by a conception of man’s place in the Universe that Christianity had taught.

There’s long been a fashion among Western academic sociologists for placing tribal value systems within a ring fence, beyond critiques founded in our own culture: “theirs” and therefore best for “them”; authentic and of intrinsically equal worth to ours.

I don’t follow this. I observe that tribal belief is no more peaceable than ours; and that it suppresses individuality. People think collectively; first in terms of the community, extended family and tribe. This rural-traditional mindset feeds into the “big man” and gangster politics of the African city: the exaggerated respect for a swaggering leader, and the (literal) inability to understand the whole idea of loyal opposition.

Anxiety – fear of evil spirits, of ancestors, of nature and the wild, of a tribal hierarchy, of quite everyday things – strikes deep into the whole structure of rural African thought. Every man has his place and, call it fear or respect, a great weight grinds down the individual spirit, stunting curiosity. People won’t take the initiative, won’t take things into their own hands or on their own shoulders.

How can I, as someone with a foot in both camps, explain? When the philosophical tourist moves from one world view to another he finds – at the very moment of passing into the new – that he loses the language to describe the landscape to the old. But let me try an example: the answer given by Sir Edmund Hillary to the question: Why climb the mountain? “Because it’s there,” he said.

To the rural African mind, this is an explanation of why one would not climb the mountain. It’s… well, there. Just there. Why interfere? Nothing to be done about it, or with it. Hillary’s further explanation – that nobody else had climbed it – would stand as a second reason for passivity.

Christianity, post-Reformation and post-Luther, with its teaching of a direct, personal, two-way link between the individual and God, unmediated by the collective, and unsubordinate to any other human being, smashes straight through the philosphical/spiritual framework I’ve just described. It offers something to hold on to to those anxious to cast off a crushing tribal groupthink. That is why and how it liberates.

Those who want Africa to walk tall amid 21st-century global competition must not kid themselves that providing the material means or even the knowhow that accompanies what we call development will make the change. A whole belief system must first be supplanted.

And I’m afraid it has to be supplanted by another. Removing Christian evangelism from the African equation may leave the continent at the mercy of a malign fusion of Nike, the witch doctor, the mobile phone and the machete.