Der massive Wertverfall der Lira in den vergangenen Wochen macht türkische Unternehmen für Fusionen und Übernahmen (M&A) durch ausländische Aufkäufer interessant. Zum einen sind die Geschäftsanteile für Devisenbesitzer preiswerter geworden. Zum anderen haben immer mehr türkische Unternehmen Schwierigkeiten, ihre Fremdwährungskredite zu bedienen, und brauchen daher kapitalkräftige Partner aus dem Ausland. Unternehmen aus der Bundesrepublik könnten zum Beispiel ihre türkischen Zulieferer oder Konkurrenten erwerben – einschließlich der Devisenschulden, die sich im Euroraum einfacher bedienen ließen als mit der schwachen Lira.
Der türkische Finanzminister Berat Albayrak versuchte am Donnerstag, Sorgen vor einer neuerlichen Verschärfung der Währungskrise zu zerstreuen. Die Kursschwankungen der Lira seien nicht geeignet, die Politik der Türkei zu beeinflussen, sagte Albayrak in Ankara. Die Hauptziele der Politik blieben eine Reduzierung der Inflationsrate und des Leistungsbilanzdefizits. mehr Informationen
Bisher haben die Appelle des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, zur Stützung der Lira Devisen zu verkaufen, nicht viel bewirkt. Deshalb schafft die Regierung jetzt fiskalische Anreize. Am Freitag erhöhte sie die Steuern auf Dollar- oder Euro-Einlagen und senkte sie für Lira-Guthaben.
Seit Jahresbeginn hat die Lira mehr als 40 Prozent eingebüßt. Die Währungskrise ist gravierend für Banken und Unternehmen. Sie lässt verschuldete Privatleute aber kalt. Das liegt daran, dass diese seit der Krise von 2009 keine Verbindlichkeiten in Fremdwährung mehr aufnehmen dürfen.
Weil Bürger diese Last nicht direkt spüren, kann sich Erdogan den dringend gebotenen Zinserhöhungen widersetzen, ohne dass sein Rückhalt im Volk bröckelt. WIIW-Experte Grieveson gibt aber zu bedenken, dass es durchaus zu einer politischen Erosion kommen könnte. Zum einen führten die Belastungen der Unternehmen zu Personalabbau. Zum anderen leide die Entwicklung der Reallöhne unter der hohen Inflation. Der Anstieg der Bruttobezüge im zweiten Quartal um 13 Prozent sei vom ähnlich hohen Preisauftrieb aufgezehrt worden. mehr Informationen
Die Türkei ist von Auslandskrediten in ausländischer Währung (Dollar, Euro) abhängig. Sobald die ausländischen Gläubiger das Gefühl bekommen, ihre Anlagen seien nicht mehr sicher, gerät die Währung unter Druck, was wiederum weitere Abflüsse auslöst. Die Abhängigkeit lässt sich an einer Kennzahl leicht ablesen: dem Leistungsbilanzdefizit (Current Account Deficit). In der Türkei betrug es 2017 5,5 Prozent des BIP. Die Leistungsbilanz drückt aus, wie viel ein Land an Gütern, Dienstleistungen, Finanzerträgen und Löhnen exportiert und importiert. Wenn ein Defizit entsteht, ist das Land auf Kapitalimport angewiesen. Wenn ein Schwellenland über eine längere Zeit Leistungsbilanzdefizite anhäuft, ist praktisch garantiert, dass früher oder später die ausländischen Gläubiger den Stecker ziehen.
Eine weitere Kennzahl zeigt, warum die ausländischen Gläubiger Grund zur Sorge haben: die Inflation. In der Türkei kletterte sie über die 10-Prozent-Grenze.
In der Türkei verweigert sich Präsident Recep Erdogan einer Zusammenarbeit mit den USA und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Er möchte auch keine Austerität durch Sparprogramme oder Zinserhöhungen. Da die Devisenreserven als Folge des Kapitalabflusses knapp werden, müssen früher oder später Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden. mehr Informationen
Austerität (von griechisch αὐστηρότης austērótēs, deutsch ‚Herbheit, Ernst, Strenge‘) bedeutet „Disziplin“, „Entbehrung“ oder „Sparsamkeit“.
Kapitalverkehrskontrollen sind im Außenhandel staatliche Maßnahmen zur Beschränkung der Freiheit des internationalen freien Kapitalverkehrs. Hierzu gehören Steuern auf Kapitalimporte bzw. Kapitalexporte, Mengenbeschränkungen, Genehmigungs- und Meldepflichten.
Wohin steuert Erdogan?
Auf dem Parteitag in Anakara wurde Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu vom Samstag 18.8.2018 einstimmig als AKP-Chef bestätigt.
Ein Transparent am Parteitag gibt Rätsel auf:
Da sind 3 historische Daten genannt und es steht der Satz: Die Geschichte wiederholt sich. Jedes mal ein großer Sieg des Islam über das Christentum (bzw. alle Welt):
* 1071 n.Chr. Alp Arslan siegt über den christlich byzantinischen Kaiser.
* 1299 n.Chr. Gazi / Osman I. begründet das Osmanische Reich.
* 1453 n.Chr. Sultan Mehmet erobert Konstantinopel und darauf fast Europa.
* 2018 n.Chr. Erdogan – als einer der der Welt sagt wo lang es geht?!
Erdogan will weiterlesen
Türkische Notenbank trickst Erdogan aus
Statt sich an eine offizielle Zinserhöhung heranzutrauen, die bei Erdogan in Ungnade gefallen wäre, überlegten sich die Zentralbanker aber noch einen ganz anderen Kniff: Sie boten den Geschäftsbanken einfach seit dem Wochenbeginn gar kein Geld mehr an, für das der Haupt-Zinssatz von 17,75 Prozent fällig gewesen wäre.
Die Banken, die Verbraucher und Unternehmen mit Krediten versorgen, mussten daher auf den sogenannten Übernachtzins ausweichen – mit 19,25 Prozent liegt der klar höher. So könnte sich die Menge des umlaufenden Geldes verknappen – und vielleicht die sehr hohe Inflation entspannen, die zuletzt bei 15,9 Prozent gelegen hatte.
Unter normalen Umständen wäre eine offene Leitzins-Erhöhung naheliegend. Höhere Zinsen halten Anleger tendenziell davon ab, ihr Geld abzuziehen, weil Türkische Notenbank trickst Erdogan aus weiterlesen
Erdogan hat sich verkalkuliert
Erdogan befindet sich in der Zwickmühle. Deshalb beruft er sich nun auf Gott: „Die USA haben den Dollar – wir haben Allah!“ Damit macht er den Konflikt zu einem Religionskrieg.
Erdogan hat verschiedene offene Fronten.
Sobald Assad in Syrien mit Idlib die letzte Hochburg seiner Gegner übernommen haben wird, stehen die Truppen des Syrers auf Schussweite den türkischen Invasoren gegenüber. Kaum vorstellbar, dass Assad den Landraub von Erdogan einfach so hinnimmt.
Mit seinem Nato Verbündeten USA hat Erdogan Erdogan hat sich verkalkuliert weiterlesen
Türkei vor dem Staatsbankrott
Washington hat Sanktionen gegen die Türkei verhängt. Ökonomisch sind diese bedeutungslos, dennoch stürzt die Lira ab. Hintergrund ist ein Streit um einen in der Türkei inhaftierten US-Pastors.
Unmittelbarer Auslöser war der Beschluss der US-Regierung, Sanktionen gegen zwei türkische Minister zu erlassen. Diese Maßnahmen sind zwar ökonomisch bedeutungslos, sie setzen jedoch ein verheerendes Signal. Denn Türkei vor dem Staatsbankrott weiterlesen