Die Kopten – die christliche Minderheit Ägyptens – hatten ihre Hoffnungen in Präsident Al-Sisi gesetzt. Doch diese verblasst mehr und mehr. Verschiedentlich werden Christen von den Behörden behindert, Gottesdienste durchzuführen und in diesen Tagen wurde ein Priester auf offener Straße erstochen.
In den letzten Wochen wurden in Al-Minya rund 50 Kirchen von der Polizei geschlossen. Den Leuten wurde verboten, zum Beten hineinzugehen. Dies habe zwei Gründe, sagt Medhat Klada, der Präsident des europäisch-koptischen Dachverbandes «European Union of Coptic Organizations for Human Rights» sowie Vorsitzender der schweizerischen «Middle East Human Rights ‚ME-HR’»: «Es gibt radikale Kräfte innerhalb der Polizei. Dies erkläre einen Teil der Repression gegen Christen.» Und der zweite Grund sei, dass die Sicherheitskräfte die Kopten nicht schützen können oder wollen.
«Wir haben keine Hoffnung, dass es eine Änderung gibt unter Präsident Al-Sisi. Zu hundert Prozent standen wir hinter ihm, aber leider vergebens.» Zwar war er der erste Präsident, der eine koptische Weihnachtsfeier besucht hatte. «Am Anfang hat er viel für uns Christen gemacht. Unter ihm wurden Kirchen repariert und errichtet.» Aber im Laufe der Zeit habe man von den Versprechen zusehends weniger gespürt. Stattdessen geht die Polizei in letzter Zeit zusehends gegen Christen vor.
Er habe zwar schöne Versprechen abgegeben, aber seine Regierung arbeite gegen die Christen. «Wir sind enttäuscht vom Al-Sisi-Regime. Er ist nicht viel besser als Mursi, er ist nicht viel besser als Mubarak, er ist nicht viel besser als Sadat. »
Die Kopten seien traurig, sagt Medhat Klada. «Sie fühlen sich von der Regierung betrogen. Doch die Kirche wagt nichts zu sagen, da Al-Sisi die Medien kontrolliert.» Die Leute hätten Angst. «Nur wenige haben den Mut zu sagen, dass es so nicht weitergehen kann.» «Als er an die Macht kam, sagte er, dass Christen genau gleich behandelt werden wie Muslime. Doch nach wie vor dürfen Christen vielerorts nicht in den Polizeidienst und auch nicht in den Geheimdienst.»
Nach wie vor werde im Schnitt jede Woche ein 14 bis 17 Jahre altes Mädchen entführt, zwangsislamisiert und zwangsverheiratet. Natürlich ist dies gegen das Gesetz, doch die Fälle versanden in den Mühlen der Behörden. «Die Religionsfreiheit gilt seit 1952 nur für Muslime.»
Die Christen stellen im Nahen Osten die mit Abstand größte Minderheit. Die Zahl dürfte deutlich höher sein, als die von Regierungsseite angegebenen rund zehn Prozent. «Wie zu Mubarak-Zeit wird eine tiefe Zahl genannt. Daneben leben in der Diaspora rund vier Millionen Kopten.»
Vor wenigen Tagen wurde in Kairo der Priester Samaan Shehta niedergestochen, im Spital erlag er seinen Verletzungen. Der Täter konnte gefasst werden. «Es hieß umgehend, dass er nicht zurechnungsfähig sei», sagt Medhat Klada. «Zudem dürfte die Strafe überschaubar sein. Denn in der Scharia, die angewendet würde, steht, dass das Blut eines ‚Zhomi‘ – also eines Nichtmuslims unter muslimischer Herrschaft – nicht mit dem Blut eines Gläubigen gesühnt werden soll.»
Laut Medhat Klada fordern die Kopten nun eines: «Aufhören mit der Verfolgung sowie der Islamisierung und die Kirchen wieder öffnen.» mehr Informationen