Judenfeindlichkeit ist in der deutschen Gesellschaft tief verankert – zu diesem Ergebnis kommt der auf Beschluss des Bundestages erstellte Antisemitismus-Bericht.
Antisemitismus kann sich auf ganz verschiedenen Ebenen äußern. So finden wir direkt an Juden gerichtete Beleidigungen, Drohungen oder sonstige ressentiment-geladene Äußerungen.
Daneben gibt es die Ebene der Straftaten, also Übergriffe auf Personen, Friedhofsschändungen oder judenfeindliche Propaganda im öffentlichen Raum und in einigen Medien, auch im Internet.
Und es gibt die Ebene der Einstellungen oder der Vorurteilsäußerungen, die im Bekanntenkreis, am Stammtisch geäußert werden, sich aber nicht direkt an Juden wenden müssen.
Gerade in Deutschland fühlt man sich durch das Dritte Reich und den Holocaust mit Schuld belastet, die man dadurch abzuwehren versucht, dass man den Juden selber bestimmte „Schandtaten“ oder negative Eigenschaften zuschreibt. In Bezug auf Israel ist deutlich, dass dort sehr häufig mit Begriffen operiert wird wie „Apartheids-Staat“ oder „Rassengesetze“. Man vergleicht den Gaza-Streifen mit dem Warschauer Ghetto, oft ist die Rede von einem Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser oder von Genozid – das sind deutliche Zeichen dafür, dass man sagen möchte: „Die Juden sind eigentlich auch nicht besser als wir, also dürfen sie uns nicht immer unsere Verbrechen während des Holocausts vorhalten.“
Der Nahost-Konflikt ist also ein Mittel, so eine Täter-/Opfer-Umkehr oder eine Aufrechnung zu formulieren.
Ausserhalb von Deutschland kommt es auch zu einer gewissen „Opferkonkurrenz“. Es besteht dort der Eindruck, dass die Juden weltweit als Opfer des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts anerkannt sind, während die polnischen Opfer – die ja auch erheblich waren – eigentlich nicht anerkannt werden und Polen selber auch der Vorwurf einer Mitschuld gegeben wird.
Die Umfragen von 1949 zeigen, dass die am besten Gebildeten, die Akademiker, die am stärksten antisemitisch geprägte Gruppe waren, nicht etwa wie heute die am wenigsten Gebildeten. Da gibt es eine völlige Veränderung.
Der Antisemitismus hat mit Juden und ihrem Verhalten wenig zu tun. Die Bekämpfung muss aus der Mehrheitsgesellschaft selber kommen. Man sollte sich nicht immer nur auf die Verfolgungsgeschichte der Juden zu konzentrieren. Dadurch entsteht das Bild: „Irgendwas muss an der Gruppe dran sein, wenn sie immer verfolgt wird.“ Man sollte Verständnis für andere Kulturen und Religionen fördern, Kontakte zwischen Gruppen ermöglichen.