Eine Gruppe israelischer AktivistInnen der Initiative „Zwei Staaten – eine Heimat“ war nach Ramallah gekommen, um an einem der letzten Ramadan-Abende zusammen mit ihren palästinensischen Partnern das Fasten zu brechen. Sie hatten sich kaum an den Tisch gesetzt, als eines ihrer Autos zu brennen begann. Damit sollte ein Zeichen gesetzt werden, dass Israelis nicht willkommen sind, selbst dann nicht, wenn sie für eine Friedenslösung eintreten.
Auch Palästinenser, die sich mit Israelis abgeben, gehen ein Risiko ein. Normalisierung ist unerwünscht. Kontakte mit den Besatzern ist die exklusive Angelegenheit der Chefetage, die nur verhandelt, wenn eine politische Lösung realistisch in Aussicht steht – wofür wiederum Dritte die Garantie übernehmen sollen.
Berührungspunkte zwischen den beiden Seiten gibt es nur noch dann, wenn palästinensische Sicherheitskräfte mit der israelischen Armee gegen Extremisten und Terrorverdächtige vorgehen. Den Auftrag dazu erteilt in letzter Distanz Palästinenserpräsident Mahmud Abbas – wohl kalkulierend, dass er mit den israelischen Soldaten im Rücken die Islamisten im Westjordanland nicht zu fürchten braucht.
Mahmud Abbas gilt als launisch. Der Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde ist leicht zu erzürnen und sagt bisweilen Dinge, die er selbst nicht glaubt. So kündigt er einmal an, er wolle von seinem Posten als Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zurücktreten, und ein anderes Mal droht der 81-Jährige mit der Aufkündigung der Friedensvereinbarungen.
Was der seit 23 Jahren andauernde Friedensprozess gebracht hat, ist die Selbstverwaltung. Gleichzeitig bringt Abbas die Kritiker zum Schweigen und festigt seine Alleinherrschaft – ungeachtet der Tatsache, dass das Volk seiner schon lange überdrüssig ist. 64 Prozent der Palästinenser wünschen sich nach einer Umfrage des Palästinensischen Zentrums für Politik und Meinungsforschung (PSR) den sofortigen Rücktritt des Präsidenten. Doch seit zehn Jahren tagt das Parlament nicht mehr, und Abbas regiert seit sieben Jahren ohne demokratisches Mandat. Der palästinensische Präsident hat sich zu einem Diktator entwickelt.
78 Prozent der Palästinenser glauben laut der PSR-Untersuchung, dass die Führung korrupt ist, und gerade mal 17 Prozent sind davon überzeugt, dass die palästinensischen Medien Pressefreiheit genießen.
Gut jeder zweite Palästinenser tritt für die Rückkehr zum bewaffneten Kampf ein. Doch der nächste Aufstand könnte sich auch gegen die eigene Führung richten. Vor allem in den Reihen der palästinensischen Sicherheitskräfte brodelt der Unmut über den Auftrag, die eigenen Leute unter Kontrolle zu halten.