Dass der Superwurm Stuxnet, der die Zentrifugen zur Urananreicherung der Iraner teils zerstörte, teils behinderte, von einer staatlichen Organisation herkommen müsse, wurde seit geraumer Zeit vermutet. Nun offenbart David E. Sanger zahlreiche Einzelheiten über diese erste Episode des Digitalkrieges.
Seine Einblicke lassen erkennen, dass es sich wirklich um den Beginn einer neuen Form der Kriegsführung handelt. Die Entwicklung des Wurms begann angeblich 2004 unter Bush. Obama ließ sie vorantreiben und brachte die neue Waffe zum Einsatz. Auch Israel soll mitgearbeitet haben. Man erfährt, dass eine der Hauptschwierigkeiten darin lag, den Wurm auf die vom Internet abgetrennten Computer der iranischen Zentrifugen-Anlagen zu bringen. Es wird auch klar, dass der Wurm jahrelang im geschlossenen Kreis der Zentrifugen-Anlagen umging und dass er so raffiniert zusammengesetzt war, dass die Iraner geraume Zeit lang nicht wussten, was die Schäden ihrer Zentrifugen veranlasste.
Das Ende für Stuxnet kam, als der Wurm im Sommer 2010 „entschlüpfte“. Es sei ein Programmierfehler gewesen, der ihn schließlich dazu brachte, aus dem geschlossenen Kreis der Zentrifugen-Computer auszubrechen und sich über den Computer eines Ingenieurs, der an den Anreicherungsarbeiten mitgewirkt hatte, im Internet auszubreiten. Nach den amerikanischen Quellen hätten einige der amerikanischen Sachverständigen ihre israelischen Kollegen als dafür verantwortlich erklärt.
Iran hat inzwischen, wie zu erwarten war, seine eigene Abteilung für digitale Kriegsführung aufgestellt. Auch aus Amerika wird gemeldet, es gebe nun eine eigene Abteilung für „Cyber Wars“
Ein Abkömmling und Nachfahre von Stuxnet scheint „Flame“ zu sein. Dieser Superwurm soll auch schon seit 5 Jahren im Nahen Osten im Umlauf gewesen sein. Er ist spezialisiert auf das Stehlen von Informationen.
Reuter meldet aus Washington, das Pentagon sei neuerdings der Ansicht, elektronische Angriffe könnten als Kriegsangriffe (acts of war) eingestuft werden, und Washington könne daher mit Waffengewalt auf sie reagieren. Wenn nun eine Gruppe oder ein Individuum einen digitalen Angriff auf die USA unternähme, und dass dies geschehen könnte, ist wohl nur eine Frage der Zeit, und wenn dann das Pentagon berechtigt sein soll, mit konventionellen Waffen zurückzuschlagen, entsteht die Frage, auf wen zurückschlagen? Möglicherweise auf den Staat und dessen Armee welcher den digitalen Verbrecher beherbergt, oder von dem angenommen wird, er beherberge ihn.
Die Grenze zwischen Kriegsaktion und Polizeiaktion wird vermischt, wenn es erlaubt sein soll, auf kriminelle Akte mit Kriegsaktionen zu antworten. Der grundlegendste Unterschied zwischen Polizei- und Kriegsaktion liegt darin, dass eine richterliche Instanz bei einer Kriegsaktion fehlt.
Der heute eskalierende Drohnenkrieg ist ebenfalls ein Beispiel für diese Vermischung der Zuständigkeiten. Weil Kriegsinstrumente Schuldige und Unschuldige töten, führen sie zu flammendem Hass der angegriffenen Bevölkerungsteile.