Die meisten, die an den Konflikt im Nahen Osten denken, stellen sich naturgemäß einen israelischen Juden vor, der gegen einen nahöstlichen Araber und Muslim kämpft. Doch auch Nicht-Juden aus den muslimischen, drusischen und christlichen Gemeinschaften in Israel dienen zusammen mit ihren jüdischen Altersgenossen in der Israel Defense Forces IDF. Nach der Grundausbildung leisten sie ihren Eid auf den Staat Israel auf einer Kopie des Korans oder des Neuen Testaments, statt auf der hebräischen Bibel.
Doch solche Soldaten sind noch sehr selten. Es gibt verschiedene Gründe, warum israelische Araber nicht eingezogen werden (darunter auch aus Sicherheitsbedenken) – dennoch dienen einige auf freiwilliger Basis. Der Dokumentarfilm Ameer Got his Gun (Ameer hat seine Waffe erhalten) erkundet die Entscheidung eins 18-jährigen arabisch-israelischen Muslims, sich freiwillig zur IDF zu melden. Die bewegendeste Szene des Filmes ist die nur spärlich besuchte Musterungsparty, die Ameers Familie so intensiv vorbereitet hatte. Warum überhaupt eine Party? „Um allen zu zeigen, dass du dich nicht schämst“, sagt Ameer. Schließlich sind in den Augen vieler arabischer Israelis – in ihrer Selbstbezeichnung Palästinenser – Ameer und andere muslimische Soldaten der IDF nichts anderes als Verräter.
Offenkundig denken aber nicht alle Minderheiten so. Die Drusen etwa sind ein radikales Gegenbeispiel. Es gibt ungefähr 115.000 israelische Drusen, Ableger des schiitischen Islams, und abgesehen von den Drusen auf dem Golan, die ihre Loyalität Syrien gegenüber wahren, dient die große Mehrheit ihrer Männer stolz in der IDF.
Und sie dienen mit Auszeichnung. Als 2006 der Zweite Libanonkrieg ausbrach, betrat das nur aus Drusen bestehende Bataillon Herev (hebr. Schwert) als erstes das Hisbollah-Land (bei Kriegsausbruch) und verließ es als letztes. Während einem Monat konnte das Bataillon 15 Terroristen im Kampf töten, ohne dabei selber Verluste zu erleiden.
Wie die Drusen dienen auch sunnitisch-muslimische Tscherkessen, von denen etwa 4.500 in Israel leben, loyal in der IDF. Tscherkessen leben einen gemäßigten, bewusst nicht-nationalistischen Islam, und haben Ende des 19. Jahrhunderts mit den Juden in Israel gute Beziehungen aufgebaut, was größtenteils auf die Sprache und Kultur zurückzuführen ist, die sie mit den jüdischen Einwanderern aus Russland teilten.
Israelische Beduinen sind ein schwieriger Fall. Sie sind sunnitische Muslime und heben sich selbst von der arabischen Mainstream-Gesellschaft durch ihre eher ländliche – zum Teil sogar in der Wüste wohnend – Lebensweise ab. Sie sind nicht verpflichtet in der IDF zu dienen, doch treten schätzungsweise 5 – 10 Prozent der Beduinen im rekrutierungsfähigen Alter freiwillig den Armeedienst an, oftmals als Spurenleser. Amos Yarkoni, einer der bekanntesten Spurenleser in der Geschichte der IDF, war eigentlich ein Beduine namens Ab del-Majid Hidr. In den letzten Jahren unterlag die Musterung wilden Schwankungen, was vermutlich auf den zunehmenden Einfluss der islamischen Bewegung innerhalb der Beduinen-Gemeinden zurückzuführen ist.
Das bringt uns zurück zu den größeren israelisch-arabischen Gemeinden. Alljährlich treten nur einige Dutzend arabische Christen freiwillig den Dienst in der IDF an. Die Armee glaubt, dass die Zahl der Freiwilligen durchaus höher liegen könnte und hat ihre Rekrutierungsbemühungen in der Gemeinde verdoppelt. Dass diese Strategie eventuell Früchte tragen könnte, zeigt die Karriere von Unteroffizier Elinor Joseph – der ersten arabischen Kampfsoldatin in der IDF.
Warum leisten Minderheiten freiwilligen Armeedienst? Manche sehen den Dienst in der IDF pragmatisch, denn er erleichtert ihnen die soziale und wirtschaftliche Integration in die israelische Gesellschaft. Dann erhalten Kommunen, die ihre Söhne in die IDF schicken, größeres Gehör bei ihren Forderungen nach Regierungsgeldern.
In vielerlei Hinsicht ähneln die Bemühungen der IDF um die Minderheiten den aktuellen um die Ultra-Orthodoxen. Beides mal versucht die Armee, Gemeinden am Rande der israelischen Gesellschaft zu erreichen, um dadurch die Personallücken zu schließen.