Fellmer gilt als Anführer der Leben-ohne-Geld-Bewegung, die immer populärer wird. Deren Anhänger ernähren sich hauptsächlich vom sogenannten Containern: Sie fischen weggeworfene Lebensmittel aus Mülltonnen, vorzugsweise aus Abfällen von Bioläden. Im Internet haben sich mittlerweile Foren gegründet, in denen sich Anhänger über richtige Ausrüstung und Gesundheitsrisiken beim Containern austauschen.
Gemüse, Joghurt, Tofu – Fellmer hat auf seinem jüngsten Beutezug wieder einiges aufgelesen. Rechtlich ist das Wühlen in fremden Abfalltonnen Diebstahl, Fellmer spricht dagegen von «Retten». Er nimmt sich Lebensmittel, die als verdorben gelten und sonst vernichtet würden. Damit könne er nicht nur sich, sondern auch seine Freundin und die fünf Monate alte Tochter ernähren. Die Leben-ohne-Geld-Aktivisten sind der Occupy-Bewegung quasi einen Schritt voraus: Sie zelten nicht bloß vor Banken, um gegen das System zu protestieren. Sie boykottieren es, indem sie seinen «Treibstoff» nicht mehr verwenden: Geld.
Dabei müsste Fellmer nicht von Müll leben. Er stammt aus einer Akademikerfamilie. Fellmer selbst hat in Den Haag ein Europa-Studium absolviert. Statt für Lohn arbeitet der 28-Jährige aber lieber für seine Ideale. Er reist quer durch Deutschland und hält Vorträge. Auto fährt er meist per Anhalter. «In den meisten Autos in Deutschland sitzt doch eh immer nur einer drin», sagt er. Kritiker seiner Lebensweise nennen ihn allerdings oft einen «Schnorrer». Dabei will Fellmer nicht weniger als die Welt retten. «Es geht um die Ressourcen auf dieser Erde insgesamt», sagt er und meint damit auch Wasser, Energie und saubere Luft zum Atmen.
Ganz ohne den deutschen Sozialstaat kommt aber auch Idealist Fellmer nicht aus: Aus Sorge um Tochter Alma Lucia ist die Familie zumindest gesetzlich krankenversichert, die Kosten würden durch das staatliche Kindergeld beglichen, sagt Fellmer. «Wenn wirklich mal etwas passieren sollte, ist so alles in trockenen Tüchern.»
Dieses Lebenskonzept ist nur als im Kleinen umzusetzen. Viele Nachahmer beschränkt die eigenen Möglichkeiten. Auch ist die Frage, wie man den Wohnraum finanziert. Land besetzen oder ständiges Herumziehen kann ja nicht die Lösung sein.
Die Schlussfolgerung: Jeder Tag kostet etwas. Sich zu beschränken ist aber sehr wohl möglich. Die Frage bleibt, wo unterhalte ich Dinge, auf die ich auch verzichten könnte.