Unter dem Ex-Diktator Saddam Hussein beherrschten die Sunniten den Irak, die Schiiten wurden verfolgt. Der Schiit Maliki wiederum hat die Sunniten diskriminiert. Nun nutzen die Sunniten – Extremisten und ehemalige Saddam Anhänger – ihre Chance zu einer bewaffneten Rebellion und versuchen den Sturz der „schiitischen Diktatur“.
20 Millionen der gut 32 Millionen Iraker sind schiitische Muslime. Ihr Kernland liegt um ihre heiligen Stätten Najaf und Karbala südlich der Hauptstadt Bagdad. Die 12 Millionen irakischen Sunniten leben vor allem in Bagdad sowie in den Provinzen westlich und nördlich der Hauptstadt.
Wenn Bagdad fallen wird, werden die Truppen weiter Richtung Süden vordringen und die schiitischen Stätten Najaf und Karbala einnehmen und zerstören wollen. Abu Bakr al-Baghdadi, der Führer der Eiferer, kündigt bereits an, Karbala zu verwüsten. Die heilige Stadt ist der Geburtsort des Schiitentums. Hier wurden die Führer der Schiiten mit ihren Frauen und Kindern im 7. Jahrhundert von den Sunniten massakriert. Najaf mit seinem von einer goldenen Kuppel gekrönten Schrein, den jahrhundertealten theologischen Seminaren und den riesigen Friedhöfen ist das religiöse Zentrum der Schiiten. Es könnte auch wieder ein Krieg mit dem Iran entstehen. Der schiitische Gottesstaat Iran schickt jetzt schon Truppen an die Grenze zum Irak, um sich auf einen eventuellen Krieg vorzubereiten. Es ist ein Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten, aber auch zwischen Arabern und Persern. Im Irak prallen diese Gegensätze seit Jahrtausenden aufeinander.
Zum Islam bekennen sich weltweit ca. 1,3 Milliarden Menschen. Rund 90 Prozent von ihnen sind Sunniten. Die Spaltung der Muslime in Schiiten und Sunniten begann im siebten Jahrhundert mit einer Auseinandersetzung um die Nachfolge des Propheten Mohammed. Daraus folgten auch unterschiedliche Haddithen und damit ein unterschiedliches Verständnis vom Islam.
Vor 100 Jahren brach der Erste Weltkrieg aus, an dessen Ende die Neuordnung des Nahen Ostens durch das Sykes-Picot-Abkommen stand. Nun löst sich diese Ordnung auf. Es entstehen neue Machtverhältnisse.
Die Isis erhebt nicht nur einen Anspruch auf den Irak und Syrien, sondern auch auf Jordanien und den Libanon. Es ist für die gesamte Region ein schwerer Schock, weil sich die Regierungen und Menschen in der arabischen Welt, in der Türkei und Iran schmerzhaft bewusst werden, dass Isis nicht nur auf den Irak und Syrien abzielt, sondern auch auf die Nachbarländer. Das Fernziel von Isis ist die „Befreiung Jerusalems„.
Wenn der Iran und Irak sich gegenseitig lähmen, spielt das dem saudischen Königshaus in die Hände. Es ist gut für die Öl-Firmen, weil die Preise explodieren. Und für die Waffenindustrie.
Auch könnte es sein, dass die Kurden einen eigenständigen Staat bilden können. Im Irak hat sich die kurdische Bevölkerung im Norden des Landes ein autonomes Gebiet gesichert, das – mit der Hilfe der Türkei und entgegen dem Willen der irakischen Regierung – eigenes Öl exportiert, Zoll- und Einwanderungsbehörden unterhält und mit den so genannten Peschmerga über eigene Kampftruppen verfügt. Die Kurden sind das biblische Volk der Meder. In Jesaja 13 steht, dass diese Babel (90 km südlich Bagdads) so zerstören werden, so dass es unbewohnt bleiben wird.
Im Irak wird schon lange gestorben. Mit rund 5000 Angriffen, 8000 Toten und 15000 Verletzten seit Januar 2014 erreicht Iraks 35-jähriger Krieg wieder eine aktivere Periode. Im Jahr 2013 wurden pro Monat 800 Gewaltopfer gezählt, jetzt sind es fast doppelt so viele. 1980-1988 verkraftete das Land gegen den Iran 200.000 Gefallene.1990-1991 verlor Saddam Hussein gegen die USA 150.000 Soldaten und zwischen 2003 und 2011 starben noch einmal 110.000 im Zweiten Irakkrieg. Zwischendurch liess Saddam über 200.000 Schiiten und Kurden ermorden.
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen, die in Kontakt mit chaldäisch-assyrischen Christen und Kirchen stehen, sind bis zu 150.000 Muslime und Christen in Klöster und christliche Ortschaften in der Ninive-Ebene geflohen. Nach Angaben des Informationsdienst World Watch Monitor nimmt die Gewalt gegen Christen zu. So würden Kirchen und Klöster zerstört.
Kurz gesagt sind die Konflikte, die in Irak und Syrien entfesselt wurden, miteinander verschmolzen. Sie bilden nun den Brennpunkt eines Tauziehens zwischen den historischen ethnischen und religiösen Imperien der Region: zwischen dem persisch-schiitischen Iran, dem arabisch-sunnitischen Saudi-Arabien und der türkisch-sunnitischen Türkei. Alle drei hatten in den vergangenen Jahrtausenden jeweils zu verschiedenen Zeitpunkten die Vorherrschaft über den gesamten Nahen Osten inne.