Die nuklearen Kapazitäten des Iran erregen nicht nur in Israel Besorgnis, sondern auch in den arabischen Ländern des Nahen Ostens, besonders bei den Mitgliedern des Golf-Kooperationsrats.
Der Iran hat viele Gründe, nach Atomwaffen zu streben. Für den obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei steht die regionale Vorherrschaft auf dem Spiel. Seit die USA und ihre Verbündeten die Vorherrschaft im Nahen Osten erlangt haben, können sie den Iran unter Druck zu setzen, wann immer sie wollen und zu in jeder beliebigen Sache. Wäre der Iran im Besitz von Nuklearwaffen, würde das diesen Kurs verändern und es dem Westen erschweren, dem Iran seinen Willen aufzuzwingen.
Khamenei ist fest davon überzeugt, dass der Westen es mit seinem Druck hinsichtlich des Atomprogramms letztlich darauf abgesehen hat, das iranische Regime zu zerstören. Seinem Weltbild zufolge befinden sich die Islamische Republik und der Westen von Natur aus in einem Widerspruch von Gut und Böse – und diese Auseinandersetzung wird weitergehen, bis das Gute gewinnt. Ein wie auch immer gearteter Kompromiss mit dem Westen wäre gegen die Natur der Islamischen Republik gerichtet, von normalen Beziehungen ganz zu schweigen.
Im Verlauf der vergangenen 23 Jahre sabotierte Khamenei erfolgreich alle Anstrengungen, sich ernsthaft auf die USA einzulassen. Khamenei hat „Widerstand“ zu einem heiligen Wort erhoben; und er strebt danach, in der muslimischen Welt als der ultimative Vertreter der Widerstands-Idee angesehen zu werden.
Der Iran sieht sich von Feinden umzingelt und hat es versäumt, gute Beziehungen zu den meisten arabischen Ländern aufzubauen; eine Ausnahme ist Syrien.
Ein kalter Krieg spielt sich zwischen dem Iran und Saudi-Arabien ab wie auch innerhalb dieser beiden Länder. Der Iran beschuldigt Saudi-Arabien, bewaffnete Gruppen in den belutschischen und kurdischen Provinzen in Iran zu unterstützen, während Saudi-Arabien dem Iran vorwirft, Schiiten in der östlichen Provinz Saudi-Arabiens, in Sa‘da im Norden Jemens und auch in Bahrain zu finanzieren. So profitieren rivalisierende Gruppen in ganz Zentralasien und im Nahen Osten von graduell unterschiedlich gewährter Unterstützung aus Saudi-Arabien und dem Iran.
Irans langsamer Weg zu einem Atomprogramm macht ein Wettrüsten in der Region wahrscheinlicher. Prinz Turki Al-Faisal von Saudi-Arabien meinte: „Wir können es nicht einfach anderen überlassen, für uns zu entscheiden.“ Ähnlich haben sich die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate geäussert.
Sanktionen und Strafmassnahmen werden von der iranischen Führung als Strategie wahrgenommen, die den Sturz des Regimes durch Lähmung der Wirtschaft und Isolation des Landes herbeiführen will. Wenn diese Strategie mit westlichen Erklärungen zu Menschenrechten und der demokratischen Bewegung in Iran in Zusammenhang kommt, wird daraus in den Köpfen hochrangiger Regierungsvertreter die Überzeugung, dass der Regimewechsel im Iran die geheime Agenda sei. Solange Khamenei das Sagen hat, wird es für den Westen nahezu unmöglich sein, den Iran davon zu überzeugen, dass seine politische Absicht nicht der Sturz des Regimes ist, sondern die Beendigung der nuklearen Ambitionen des Iran.
Der Iran wird die bestehenden Sanktionen, die in noch nie dagewesener Weise auf das Bankensystem und die Ölindustrie abzielen, nicht überleben können. Die dann im Iran eintretende unerträgliche Wirtschaftskrise wird den Kreis der politischen Entscheidungsträger und vor allem die einflussreichen iranischen Revolutionsgarden spalten. Dies würde höchstwahrscheinlich eine wesentliche Änderung der iranischen Atompolitik nach sich ziehen.