2024: Beginn mit Sonnenuntergang am Dienstag 12. Juni und endet mit Anbruch der Nacht vom Mittwoch 13. Juni in Israel und einen Tag später außerhalb Israels.
Das jüdische Schawuot wird am 6. Siwan gefeiert – in der Diaspora zusätzlich auch am 7. Siwan. Das hebräische Wort Schawua heißt Woche und Schawuot ist die Mehrzahl davon, bedeutet also «Wochen». Sieben Wochen nach Passah, also am 50. Tag danach (griechisch Pentecoste, d.h. der Fünfzigste), soll Schawuot gefeiert werden (5. Mose 16,9-10). Die Zeit zwischen den Festen zählt man mit dem Omer. Das ist das hebräische Wort für Garbe.
An Passah brachte man die Gerstengarbe, an Schawuot zwei gesäuerte Brote aus je einer Weizengarbe neben anderen Opfern in den Tempel (3. Mose 23,17). Schawuot war das einzige Fest, an dem es erlaubt war, Sauerteig für das Opfer zu verwenden. Der Sauerteig war auch deshalb erlaubt, weil das Opfer nicht auf dem Altar verbrannt wurde. An Schawuot durften die Felder auch nicht restlos abgeerntet werden, damit die Armen auch noch etwas zu essen bekamen (3. Mose 23,15-22). Schawuot war deshalb immer auch ein Freudenfest für die Armen und Fremden. An Schawuot werden auch die Erstlingsfrüchte Gott gegeben (2.Mose 23,16).
Wallfahrtsfeste
In biblischer Zeit waren die drei Erntefeste Passah, Schawuot und das Laubhüttenfest mit Wallfahrten nach Jerusalem verbunden. Es waren Feste der Freude und des Dankes gegenüber Gott. An Passah dankte man für die Gerstenernte, an Schawuot für die Weizenernte und an Sukkot, dem Laubhüttenfest, für die Ernte von Wein und Obst. Heute wird Schawuot als ein fröhliches Volksfest gefeiert. Es ist Brauch, Synagogen oder Häuser mit frischem Grün zu schmücken, da nach dem Midrasch der Sinai auf einmal erblühte, als die Torah gegeben wurde. Man bleibt die ganze Nacht hindurch auf, um das mosaische Gesetz zu studieren. Als Grund dafür geben die Rabbiner an, dass es während der Gesetzgebung am Sinai blitzte und donnerte, was die Israeliten die ganze Nacht hindurch wach hielt.
Ein weiterer Brauch während dieses Festes ist der Verzehr von Kreplach, dreieckigen Teigtaschen (ähnlich wie Maultaschen oder Ravioli), sowie von vorwiegend aus Milch hergestellten Produkten, da das hebräische Wort für Milch Chalaw numerisch den Wert 40 ergibt (Mose blieb 40 Tage lang auf dem Berg Sinai). Einige Juden tragen an Schawuot weiße Kleider, um sich daran zu erinnern, dass sich die Israeliten reinigten, bevor sie die Tora in Empfang nahmen. In der messianischen Bewegung treffen sich die verschiedenen Gemeinden zu einem fröhlichen Picknick mit zahlreichen musikalischen Beiträgen.
Nach rabbinischer Überlieferung empfing Israel am 50. Tag nach dem ersten Passah die Offenbarung der Tora am Sinai (Matan Torah). Durch die Gesetzgebung und den Bund, den das Volk mit Gott einging, wurden die Israeliten zu Gottes Volk. Dabei versprachen sie, alles zu tun, was der Herr ihnen geboten hatte (2. Mose 19,8). So ist Schawuot die Geburtsstunde Israels als Bundesvolk Gottes. Sie sollen ein Volk von Priestern für den lebendigen Gott sein (2. Mose 19,6). In der Synagoge werden deshalb während dieser Zeit die Kapitel 19 und 20 aus dem zweiten Buch Mose gelesen. Die ganze Nacht hindurch finden Torah-Studien statt. Nach der jüdischen Mystik (Kabbalah) erhält man dadurch einen besonderen Segen. Beliebt ist das Studium vom Buch Ruth, die Vision von Hesekiel und die Zehn Gebote. Nach jüdischer Überlieferungen, bot Gott die Torah allen Völkern an, doch nur die Juden akzeptierten sie. Gemäß der Überlieferung konnte jeder die Torah nach seinen Fähigkeiten verstehen.
Schawuot – Geburtsstunde des Gottesvolkes
An Schawuot erinnert sich das jüdische Volk an Gottes Offenbarung durch die Tora am Berg Sinai. So wie Gott dem Volk Israel damals bei der Gesetzgebung im Feuer erschien (2. Mose 19,18), so wurde Gottes neues Gesetz (Jeremia 31,31-33 / Hesekiel 36,26-27/ Römer 8,2) durch Feuerzungen an Schawuot in Jerusalem sichtbar. Als der Heilige Geist an Pfingsten mit starkem Brausen, vergleichbar mit dem Heulen eines Orkans, auf die Jünger herabkam, waren Juden aus allen Ländern der Welt in Jerusalem zusammengekommen, um an Schawuot ihre Erstlingsgabe darzubringen. Die Menschen hörten einen Donner, ähnlich wie in 5. Mose 5,22 und 2. Mose 19,16, wo die Stimme Gottes beschrieben ist. Woran muss ein Jude deshalb gedacht haben? Wahrscheinlich an den Bundesschluss am Sinai, bei dem Gott die Zehn Gebote (Tora) gab und bei dem eine ähnliche Erscheinung stattfand. In Jerusalem kam die Herrlichkeit Gottes zu den Menschen, jedoch nicht Angst einflößend wie am Sinai, sondern Neugier weckend. Als der Heilige Geist an Pfingsten kam und in der Gestalt von Feuerzungen auf den Köpfen der Jünger Jesu erschien, erfüllte sich die Prophetie aus Joel 3,1-5. Das Gesetz Gottes wurde in die Herzen der Menschen geschrieben (Jeremia 31,33; Hesekiel 36,26). Durch das Kommen des Heiligen Geistes auf die Nachfolger von Jesus wurde die Gemeinde – ein Volk von Priestern (2. Mose 19,6) – geboren (Apostelgeschichte 2). Damit wurde die messianische Bedeutung des Festes erfüllt.
Bei der ersten Gesetzgebung, starben aufgrund des Ungehorsams 3000 Menschen (2. Mose 32). Als das Gesetz durch den Heiligen Geist ins Herz geschrieben wurde, fanden 3000 Personen zum Glauben und zu einem neuen Leben (Apostelgeschichte 2,41).
Laut einer jüdischen Überlieferung wurde die Tora in 70 Sprachen gegeben. Wenn man bedenkt, dass 70 die jüdische Symbolzahl für die Völkerwelt ist, dann bekommt das Pfingstwunder eine neue Dimension, weil jedem Zuhörer die großen Taten Gottes in seiner Muttersprache bezeugt wurden. Pfingsten / Schawuot ist somit die Geburtsstunde Israels als Gottesvolk und der Gemeinde als Volk des Herrn. Indem die Ersten, die in den Leib Christi aufgenommen wurden, Juden waren, hat sich auch der Erstlingsaspekt des Festes erfüllt. Als an Schawuot der Heilige Geist ausgegossen wurde, kamen 3000 Juden zum Glauben an Jeschua, den Messias. Sie gründeten die erste Gemeinde, die nur aus Juden bestand. Die Bewegung begann im jüdischen Volk und geht heute bis in alle Völker weiter.
Fest der Nichtjuden
An Schawuot wird auch das Buch Ruth in den Synagogen gelesen – also die Geschichte jener Frau, die als Nichtjüdin wegen ihrer Treue zu ihrer jüdischen Schwiegermutter, ihrer Liebe zum Volk Israel und durch die Heirat mit Boas ins Volk Gottes aufgenommen wurde. Ruth wurde sogar die Urgroßmutter von König David. Deshalb ist Schawuot auch das Fest der aufgenommenen Nichtjuden in Israel. Für die Nachfolger von Jeschua (Jesus) wurde durch das Kommen des Heiligen Geistes die Trennung zwischen Juden und Nichtjuden aufgehoben (Epheser 2,18; 1. Korinther 12,13; Galater 3,28). Ganz neu wird uns die umfassende Liebe Gottes zu allen Völkern bewusst.
Weltweite Dimension
Im Schawuotfest kommt die weltweite Bedeutung der Gebote Gottes für alle Völker zum Ausdruck. Gott offenbart sich den Völkern durch sein erwähltes Volk. An Pfingsten erfüllte Gott Juden mit seinem Geist und hob die Sprachbarriere auf, die als Gericht seit dem Turmbau zu Babel auf den Menschen lastete. Nach jüdischer Tradition stammt die Menschheit von den 16 Nachkommen Noahs ab. In Bericht über Pfingsten werden in der Apostelgeschichte 16 Sprachgruppen genannt, um deutlich zu machen, dass von nun an die gesamte Menschheit, Juden und Nichtjuden, die Botschaft Gottes ohne Sprachbarriere hören soll. Die erste Gemeinde war eine jüdische Gemeinde, die den Messias erlebte und bekannte. Unter der Führung des Heiligen Geistes konnte sich die gute Nachricht vom Messias über die ganze Welt ausbreiten. Die Jünger trugen die Botschaft in die verschiedensten Erdteile. Im Heiligen Geist wurde die anbrechende Herrschaft Gottes über alle Völker erfahrbar. In den Propheten ist verheißen, dass der Heilige Geist in Israel nochmals in einer besonderen Weise wirken wird (Sacharja 12,10). Die Frohe Botschaft wurde zuerst Juden verkündet und keine Nation soll von der guten Nachricht vom Messias ausgeschlossen werden.
Text: Hanspeter Obrist
Vergleiche auch Film: Schawuot ORF