Pessach für Juden und Christen

Mittwoch, 31. Mai 23, 13.30 Uhr, Juden und Christen im Gespräch, Pessach, Exodus 12, Radio Maria Schweiz

Genau an diesem Fest starb Jesus am Kreuz. Der Tod von Jesus ist aus christlicher Sicht die Erfüllung von Pessach.

Bis ins 4. Jahrhundert feierten die Christen Karfreitag und Ostern zur Zeit des Passahfestes, ein Brauch, der sich erst mit der Synode in Nizäa im Jahr 325 änderte. Pessach ist ein Auslöseopfer.

mit Dr. Richard Breslauer, jüdischer Dozent an der Jüdisch – Christlichen Akademie in Basel  

und Hanspeter Obrist, Erwachsenenbilder

2. Mose 12, ab Vers 3

Beiträge von Hanspeter Obrist:

Genau an Pessach starb Jesus am Kreuz. Der Tod von Jesus ist aus christlicher Sicht die Erfüllung von Pessach.

Um das besser einzuordnen, müssen wir auch zurückblenden zum ersten Opfer.

Als der Mensch selbst bestimmen wollte, was gut für ihn sein soll, verlor er das vertraute Verhältnis zu Gott und versteckte sich vor ihm. Er realisierte, dass er Gott nichts zu bieten hatte und ohne etwas vor Gott stand. Der Mensch versuchte sich selbst zu bedecken. Doch es waren nur Feigenblätter.

Da nahm Gott ein Tier, schlachtete es und gab den Menschen das Fell als Kleider. Nur durch ein Fell konnte der Mensch weiter vor Gott bestehen. Der Mensch erlebte die Folge seiner Abkehr von Gottes Anordnungen. Jemand musste wegen seiner Verfehlung sterben. Die Konsequenz der Abkehr von Gott wurde ihnen vor Augen geführt. Der Tod ist die Folge der Zielverfehlung, der Sünde.

Mit dem Passah-Opfer kommt ein vertiefender Aspekt dazu. Das von Gott festgesetzte Lamm schützt vor dem Gericht. Der springende Punkt ist, dass man die Anweisungen Gottes auch umsetzt und ihm vertraut. Wenn Jesus genau an diesem Fest starb, möchte er uns damit aufzeigen, dass er ein Lamm wie ein Passahlamm war. Das Lamm war nicht eine Wiedergutmachung, sondern ein Akt des Vertrauens in Gott und seinen Schutz.

Es ist Gottes Angebot einer rettenden Arche wie bei Noah, oder der Schutzmauern einer sicheren Burg wie es David beschreibt, oder einer Strickleiter oder Himmelsleiter, an der wir uns festhalten können. Nicht wir kreieren einen Weg zu Gott, sondern wir ergreifen sein Rettungsangebot.

Es geht nicht um religiöse Leistung und nicht um ein Feigenblatt, sondern um das Vertrauen in Gott.

Genauso ist der Tod und die Auferstehung von Jesus ein Angebot der Versöhnung, auf dass wir einsteigen oder es ablehnen können, indem wir unsere eigenen Wege weitergehen.

Indem wir das Lamm Gottes annehmen, dass für uns am Kreuz starb, beginnt der Auszug aus der Sklaverei der Sünde. Wir gestalten Schritt um Schritt ein Leben in der Beziehung mit Gott. Nicht um von ihm angenommen zu werden, sondern weil er uns durch das Lamm Gottes freigesetzt hat, mit ihm zu leben.

In der Eucharistie oder dem Abendmahl erinnern wir uns daran, dass Jesus unser Passahlamm ist.

Johannes der Täufer sagte zu seinen Jüngern in Johannes 1,29: «Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!»

In Johannes 3,18 sagt Jesus zu Nikodemus, dem Lehrer Israels (10): «Wer an ihn (Gottes Sohn) glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des einzigen Sohnes Gottes.»

Jesus bietet uns die Befreiung aus der Sklaverei der Sünde an.

Jesus hatte bei der Pessachfeier, das Abendmahl oder Eucharistie eingesetzt.

Jesus nahm eine Mazze. Die Matzen, das Brot ohne Sauerteig, steht für den raschen Aufbruch bei der Befreiung.

In Matthäus 26 steht: 26 Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: Nehmt und esst; das ist mein Leib. 27 Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, gab ihn den Jüngern und sagte: Trinkt alle daraus; 28 das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden

In Lukas 22,19 sagt Jesus: «Tut dies zu meinem Gedächtnis!»

Brot und Wein sind ein Ausdruck davon, dass wir den Auszug aus der Sklaverei der Sünde feiern. Eucharistie meint Danksagung. Wir sagen Danke, dass Jesus das Lamm Gottes ist, welches uns freisetzt und beschützt.

Karfreitag und Ostern ist das zentrale Geschehen für uns Christen. Wir haben aber oft vergessen, dass dieses Geschehen nicht im luftleeren Raum stattfand, sondern in jüdische Geschichte und Prophezeiungen eingebunden sind. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns immer wieder daran erinnern, in welchen Kontext etwas geschah. Also das Eucharistie die verkürzte Form von Ostern und Pessach ist.

Eigentlich haben wir es mit Pessach und Ostern mit zwei zentralen Geschichten zu tun, welche beide aussagen, dass der Mensch befreit werden muss, um Gott zu dienen. Gott ist es, der uns freisetzt. Wir dienen aus Dankbarkeit für die Befreiung Gott.  

Spannend ist, was gleich im nächsten Kapitel steht (2. Mose 13,1-2):  „Der HERR sprach zu Mose: Erkläre alle Erstgeburt als mir geheiligt! Alles, was bei den Israeliten den Mutterschoß durchbricht, bei Mensch und Vieh, gehört mir.“

Und ab Vers 13: „Jeden Erstgeborenen deiner Söhne musst du auslösen. 14 Wenn dich morgen dein Sohn fragt: Was bedeutet das?, dann sag ihm: Mit starker Hand hat uns der HERR aus Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt. 15 Als der Pharao hart blieb und uns nicht ziehen ließ, erschlug der HERR alle Erstgeborenen im Land Ägypten, bei Mensch und Vieh. Darum opfere ich dem HERRN alle männlichen Tiere, die den Mutterschoß durchbrechen; alle Erstgeborenen meiner Söhne aber löse ich aus.“

Also jedes Opfer soll in Erinnerung rufen, dass Gott aus der Versklavung und Gebundenheit erlöst und ein neues Leben mit Gott schenkt.

Der Pharao erntete, was er säte. Er wollte das jüdische Volk vernichten. Nun trifft es die Verantwortungsträger in Ägypten.

Damit das Gericht Gottes an uns vorbeigeht (passiert) und wir nicht unsere Saat ernten, nehmen wir das Blut des Opfers (Jesus) in Anspruch.

Das Opfer von Jesus ist nicht ein Wiedergutmachungsopfer, sondern ein Auslöseopfer. Es geht um einen Herrschaftswechsel, um Gott zu dienen. Gott will uns aus der Sklaverei der Sünde befreien, damit wir unser Leben mit ihm gestalten können. Dabei geht es um die Frage, ob wir IHN wollen.

Jesus ist das Passahlamm, damit das göttliche Gericht an uns vorübergeht und wir nicht ernten, wo wir unsere göttliche Lebensbestimmung verfehlt haben.

Der springende Punkt ist, dass die Ägypter auf andere Götter vertraut haben und den Gott Israels verachtet haben. Die Versuche Israel auszulöschen, trifft sie nun selber. In diesem Licht lässt Gott ihre eigene Saat aufgehen.

Der Unterschied zu anderen Opfern ist: Kain und Abel wollten durch ihr Opfer Gott gnädig stimmen. Der Sinn hier ist, dass wir nicht abbüssen, sondern freigesetzt werden, um Gott zu dienen. Jesus setzt am Passahfest das Brot des Auszuges und den Kelch der Erlösung als Zeichen für die Erneuerung des Glaubens ein. Indem wir uns mit Jesus verbinden, haben wir auch Anteil an seiner Auferstehungskraft. Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort.

Gott will uns freisetzen, damit wir ihm dienen können. Also sein Reich auf diese Erde kommt. Reich Gottes erlebt werden kann.

Wir haben es leider oft umgedreht. Vielleicht sollten wir uns wieder vom Auszug aus Ägypten inspirieren lassen und unsere Dankesfeiern davon bestimmen lassen, dass wir freigesetzt wurden, um uns nicht mehr um uns selbst zu drehen, sondern den Fokus auf Gott und den Nächsten neu entdecken.

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