Rund 150 Jahre hatte es diesen religiöse Hilferuf nicht mehr gegeben. Am Samstag 18. März 2023 nahmen in Perpignan Südfrankreich rund 1000 Landwirte und Bürgerinnen an einer Prozession teil, bei der sie um Regen baten.
Initiator der Prozession war Georges Puig, ein Winzer, der durch eine Wanderung in den Bergen aufgeschreckt wurde: Er sah das niedrige Niveau in einem Staudamm, der üblicherweise die Ebene im Sommer versorgt. „Da wusste ich: Diese Saison wird hart für uns Bauern werden, noch härter als 2022.“ Denn schon das vergangene Jahr ging als das trockenste in die Geschichte der Region rund um Perpignan ein. „Ich sehe es bereits kommen: Meine Traubenernte wird dieses Jahr gering ausfallen. Die Reben werden blühen, aber die Früchte ganz klein bleiben, geradezu winzig.“
Die Menschen in Frankreich erleben gerade eine so außergewöhnliche Situation, dass sie sogar ein neues Wort dafür fanden: Die Winterdürre. Die Flüsse sind nicht erst im Sommer, sondern schon im Februar trocken gefallen, die Trinkwasserversorgung ist in vielen Kommunen gefährdet.
So wurde inzwischen in vielen Kommunen die „alerte sécheresse“ ausgerufen, also eine „Dürre-Warnung“: Seitdem dürfen Bewohnerinnen und Bewohner ihre Gärten nicht mehr gießen, keine Autos mehr waschen und auch keine privaten Pools mehr befüllen. mehr Informationen
„Dieses Ritual wurde seit fast 150 Jahren nicht mehr praktiziert“, sagte der Erzpriester der Kathedrale von Perpignan, Benoît de Roeck, der die auf Wunsch eines örtlichen Winzers organisierte Zeremonie leitete.
Saint Gaudérique (Galdéric auf Katalanisch), ein Bauer aus Aude, der im 9. Jahrhundert lebte, ist einer der berühmtesten und gefeiertsten katalanischen Heiligen und wurde „traditionell wegen Wasserproblemen angerufen“, präzisiert er.
Zwischen dem 11. und 19. Jahrhundert fanden in der Region 800 Prozessionen zu seinen Ehren statt, berichtet Jean-Luc Antonizazzi, ein auf katalanische Barockkunst spezialisierter Historiker, der präzisiert: „Er wurde wegen Wassermangels oder zu viel Wassers angerufen, sondern auch für die Pest“.
„Wir klammern uns jetzt an alles“, sagt André Trives, 40, Gemüsegärtner in Agrarökologie, der eine „katastrophale“ Situation beschreibt.
Seit Oktober hat das Departement Pyrénées-Orientales, eines der am stärksten von Dürre betroffenen Frankreichs, nur 159,4 mm Niederschlag verzeichnet, was laut Meteo-France-Daten einem Niederschlagsdefizit von 60,8 % im Vergleich zum normalen saisonalen Niederschlag entspricht. mehr Informationen