Nicaragua hat Kreuzwegprozessionen verboten

Nicaraguas autoritäre Regierung unter Staatschef Ortega demontiert seit 2018 demokratische Institutionen. Vermeintliche Gegner werden verfolgt. Zu dem Schluss kommt eine UN-Expertengruppe. Sie fordert Konsequenzen.

Die politische Führung in Nicaragua unter dem linken Staatschef Daniel Ortega und dessen Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, begeht nach Erkenntnissen unabhängiger Experten Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Seit der blutigen Niederschlagung der Proteste der Opposition 2018 werde bis heute mit gewalttätigen Mitteln gegen Kritikerinnen und Kritiker vorgegangen, heißt es in einem in Genf vorgestellten Bericht der Fachleute der Vereinten Nationen (UN). Als Verbrechen gegen die Menschlichkeit werten die vom UN-Menschenrechtsrat berufenen Expertinnen und Experten unter anderem Mord, willkürliche Inhaftierungen, Folter, Verschleppung, Vergewaltigung und andere schwere Formen sexualisierter Gewalt sowie Ausbürgerungen.

Das Ziel ist es, jede gegnerische oder abweichende Stimme im Land auszulöschen. Dies habe dazu geführt, dass die nicaraguanische Bevölkerung in Angst lebe. Tausende Menschenrechtsverteidiger, Mitarbeitende von Nichtregierungsorganisationen, Aktivistinnen und Aktivisten, Medienschaffende, Geistliche, Künstler und oppositionelle Politiker hätten das Land verlassen müssen.

Seit Dezember 2018 wurden in Nicaragua nach Erkenntnissen der Expertengruppe mindestens 3144 Organisationen der Zivilgesellschaft verboten. Für Schlagzeilen sorgten zuletzt im Februar die Verurteilung von Bischof Rolando Álvarez zu mehr als 26 Jahren Haft und die Abschiebung von 222 politischen Gefangenen in die USA. Ihnen und weiteren 94 Oppositionellen im Ausland wurde die Staatsbürgerschaft aberkannt. mehr Informationen

Die nicaraguanische Regierung von Präsident Daniel Ortega hat die traditionellen öffentlichen Kreuzwegprozessionen in der diesjährigen Fastenzeit verboten und den katholischen Bischöfen «schwere Verbrechen» vorgeworfen. Traditionell spielen solche Prozessionen in der «Heiligen Woche» in Lateinamerika eine grosse öffentliche Rolle. Der Schritt steht im Zusammenhang mit dem verschärften Vorgehen von Präsident Ortega gegen die katholische Kirche im Lande. Seine jüngste Verurteilung des Bischofs Rolando Álvarez von Matagalpa zu 26 Jahren Haft und die Abschiebung von 222 politischen Gegnern in die USA hatte grosse Empörung im Land ausgelöst.

Bischof Alvarez wurde unter anderem wegen Hochverrats, Untergrabung der nationalen Integrität und Verbreitung falscher Nachrichten verurteilt; er hatte katholische Radiosender geleitet. Er hätte zusammen mit über 220 politischen Gegnern in die Vereinigten Staaten abgeschoben werden sollen, aber er weigerte sich, das Land zu verlassen. Daraufhin wurde ihm die nicaraguanische Staatsbürgerschaft entzogen und er kam in ein Hochsicherheitsgefängnis.

In seiner Ansprache an die Nation beschuldigte Ortega das Papsttum, den italienischen Diktator Mussolini unterstützt zu haben, und den Vatikan, eine «Mafiaorganisation» zu sein. «Ich glaube nicht an Päpste oder Könige», sagte er. Wenn schon, dann müssten Päpste und Bischöfe vom Volk und nicht von der «vatikanischen Mafia» gewählt werden.

In den letzten Tagen hat das Nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte (Cenidh) die sofortige Freilassung des Bischofs gefordert und erklärt, dass er «zu Unrecht inhaftiert» sei. Das Zentrum kritisierte scharf, dass es seit seiner Inhaftierung im Sicherheitsgefängnis La Modelo keine Nachrichten über ihn gab und keine Familienbesuche erlaubt wurden. Nach Angaben der Organisation ist sein Leben in Gefahr.

Nach dem Appell von Papst Franziskus haben auch die US-Bischöfe ihre Solidarität mit der Kirche in Nicaragua bekundet. Auch evangelische Christen leiden unter verstärktem Druck der Regierung. Christliche Schulen und Fernsehsender wurden geschlossen, christliche Organisationen verboten. mehr Informationen

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