Vertrauensverluste in Deutschland

Das Vertrauen zu den großen Religionsgemeinschaften in Deutschland ist einer Umfrage zufolge im vergangenen Jahr leicht gesunken. Nach der am Dienstag in Köln veröffentlichten Umfrage des Instituts Forsa für das RTL/ntv-Trendbarometer haben nur noch acht Prozent der Bundesbürger Vertrauen in die katholische Kirche, ein Rückgang um vier Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Ähnlich geringes Vertrauen äußerten die Befragten ansonsten lediglich noch im Blick auf den Islam: Hier lag der Wert Ende Dezember bei sechs Prozent (minus zwei Punkte).

Das Vertrauen in die Institution Papst ging den Angaben zufolge im Jahresvergleich um zehn Punkte auf 16 Prozent zurück. Zur evangelischen Kirche hat knapp jeder dritte Bundesbürger (31 Prozent) Vertrauen, zwei Prozentpunkte weniger als ein Jahr zuvor. Dem Zentralrat der Juden in Deutschland vertrauen laut der Umfrage für RTL Deutschland 38 Prozent der Deutschen (minus fünf Prozentpunkte).

Erheblich stärkere Vertrauensverluste im zweistelligen Prozentpunktbereich hatte die Forsa-Umfrage bei den politischen Institutionen wie Bundesregierung und Bundestag ergeben, denen 34 beziehungsweise 37 Prozent der Deutschen vertrauen. Das Vertrauen zu den politischen Parteien sank um sieben Punkte auf nur noch 17 Prozent. Einen Vertrauensrückgang stellte die Befragung auch bei gesellschaftlichen Institutionen wie Bundeswehr und Medien fest, am meisten vertrauten die Bundesbürger am Jahresende 2022 trotz eines Rückgangs um sechs Prozentpunkte den Ärztinnen und Ärzten (81 Prozent).

Die Daten zum Institutionenvertrauen wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von RTL Deutschland vom 15. bis 22. Dezember 2022 erhoben. Das Institut befragte 4.003 Bundesbürger.  mehr Informationen

In einer Forsa-Umfrage zum Vertrauen in Institutionen hat die katholische Kirche einen neuen Tiefstand erreicht. Der Religionssoziologe Michael Ebertz benennt Gründe für die anhaltende Krise.

2013 war der Antritt von Papst Franziskus. Da stieg die Vertrauenskurve bis auf 60 Prozent. Sie stieg auch bei der katholischen Kirche insgesamt an. Jetzt ist es so, dass die Vertrauensstimmung sowohl gegenüber dem Papst als auch gegenüber der römisch-katholischen Kirche am tiefsten Punkt der letzten Jahre angekommen ist.

Die evangelische Kirche schneidet über die letzten 20 Jahre deutlich besser ab als die römisch-katholische Kirche. Sie hat ganz sicher auch keine so schlechte Presse, momentan hat sie eigentlich gar keine Presse, das heißt, sie kommuniziert öffentlich relativ verhalten. Aber auch die evangelische Kirche kommt auf ihren tiefsten Punkt der Vertrauenskurve. Die schwankte zwischen 50 und 30 Prozent.

Bei der katholischen Kirche klafft im Grunde permanent und immer größer die Kluft zwischen dem, was die Menschen eigentlich von ihr erwarten und was man auch an Erwartungen und an Hoffnungen erzeugt hat in den letzten Jahren.

Wenn man mal einen Augenblick überlegt, was Vertrauen heißt – Vertrauen heißt ja eigentlich, dass die berechtigten Erwartungen nicht enttäuscht werden.

Die katholische Kirche hat ein dauerndes Frauenproblem und sie enttäuscht permanent Erwartungen. Zum Beispiel, dass die Pfarreien immer größer werden, weil die Zahl der Priester immer kleiner wird. Oder damit, dass die Erreichbarkeit des Personals schlechter wird.

Dann streiten sich die deutschen Bischöfe öffentlich untereinander. Kardinal Kasper kritisiert die Führung der deutschen Kirche – alles öffentlich – und Bischof Bätzing umgekehrt den Führungsstil des Papstes.

Auch das Missbrauchsthema kriegt die Kirche nicht in den Griff. Im Grunde ist sie vor dem Tribunal der gesellschaftlichen Moral eigentlich deklassiert worden. Sie ist gescheitert.

Man müsste vernünftiger miteinander umgehen. Man bräuchte, glaube ich, angesichts dieser unglaublichen Vielfalt und Gegensätzlichkeit in der Kirche einen gepflegten Ort der Verständigung. Ob das nun bei der Missbrauchsthematik eine Verständigung zwischen Täter und Opfer ist oder ob es überhaupt Orte sind, wo die Menschen, die an Kirche interessiert sind, sich ihre unterschiedlichen Kirchenbilder wechselseitig erklären und sich austauschen können. Warum sollte es denn nicht eine Kirche mit unterschiedlichen Modernisierungsgeschwindigkeiten geben? Es bräuchte Orte der gepflegten Kommunikation und der verbindlichen Entscheidungen.

Es ist ein Chaosbild, was die Kirche von sich selbst erzeugt. Sie betreibt so etwas wie eine negative Aufmerksamkeitsökonomie. Es vergeht kein Tag, wo nicht in irgendeiner Weise irgendwas Negatives über die katholische Kirche zu lesen oder zu hören ist.

Das ist ja der zweite Punkt, es braucht neben diesen Orten der gepflegten Verständigung auch eine bessere Medienarbeit, eine Arbeit, die im Grunde auch den Menschen erklärt, warum etwas so und auch gegensätzlich ist.   mehr Informationen

Die Polarisierung der Gesellschaften und der wirtschaftliche Pessimismus nehmen angesichts der Angst vor Krieg, horrenden Kostensteigerungen und politischen Extremen zu.

Jeder zweite Deutsche vertraut der Wirtschaft, ein Plus von zwei Prozentpunkten im Vergleich zu 2021. Regierung und Medien liegen unverändert bei 47 Prozent. Von Vorstandschefs erwarten 88 Prozent der Befragten, dass sie sich damit auseinandersetzen, wie die Mitarbeiter im Unternehmen behandelt werden. 80 Prozent wollen, dass sich CEOs verstärkt zum Klimawandel äußern, 77 Prozent zum Gefälle zwischen Arm und Reich. Wirtschaft und Regierung sollen demnach in Themen wie Energieknappheit und dem Zugang zur Gesundheitsversorgung zusammenarbeiten.

Die Deutschen schätzten ihre Zukunft zu negativ ein. Es sei „schockierend“, dass nur Japaner und Franzosen noch pessimistischer in der Frage abstimmten, ob es ihnen und ihren Familien in den kommenden fünf Jahren besser ergehen werde. mehr Informationen

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