Auf die Bemerkung seines Biografen Peter Seewald, Päpste früherer Zeiten hätten es als ihre Aufgabe gesehen, „Europa vor einer Islamisierung zu schützen“, antwortete Papst Benedikt XVI.: „Heute leben wir in einer völlig anderen Welt.“
Benedikt sagte: „Von den tief religiösen Kulturen der Welt wird gerade dieser Ausschluss des Göttlichen aus der Universalität der Vernunft als Verstoß gegen ihre innersten Überzeugungen angesehen. Eine Vernunft, die dem Göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen.“
Worin das Ziel ihres Dialogs bestehen kann, hatte er 1998 als Kardinal in seinem Buch „Die Vielfalt der Religionen und der Eine Bund“ klargestellt: Wer eine Vereinigung der Religionen als Ziel des Religionsdialogs sehe, müsse enttäuscht werden.
Der interreligiöse Dialog zielt, im Gegensatz zum ökumenischen, nicht auf Einheit, sondern auf wechselseitigen Respekt und das Wahrnehmen von Weltverantwortung.
„Wir sind zur Zusammenarbeit aufgerufen, um so der Gesellschaft zu helfen, sich dem Transzendenten zu öffnen und dem allmächtigen Gott den ihm zustehenden Platz einzuräumen. Der beste Weg führt über einen authentischen Dialog zwischen Christen und Muslimen, der in der Wahrheit gründet und von der ehrlichen Sehnsucht geleitet ist, einander besser kennenzulernen, im Respekt der Unterschiede und in Anerkennung dessen, was uns gemeinsam ist.“
In der Staatsmoschee Jordaniens warb Benedikt 2009 dafür, sich wechselseitig als Gottgläubige anzuerkennen.
In Berlin (2011) beim Empfang muslimischer Vertreter in der Nuntiatur sprach Benedikt davon, „dass wir als Menschen des Glaubens unseren besonderen Beitrag für den Aufbau einer besseren Welt leisten“. Dieser Satz war doppelt explosiv: Weil er ein „Wir“ der Gläubigen über Religionsgrenzen hinweg behauptet, und weil der Papst die Gläubigen in einen Kontrast zu den Nichtgläubigen rückt und sagt, dass die Gläubigen einen „besonderen Beitrag“ zur Weltgestaltung haben.
Damit widersprach er dem seit der Aufklärung anschwellenden Trend, Religion zur Privatsache zu erklären.
Er verstand die Religionsfreiheit nicht als Staaten- sondern als ein Menschenrecht, das auch den in Europa lebenden Muslimen zusteht.
Mit Benedikt XVI. trat der islamischen Welt ein christlicher Gottesmann entgegen, der weiß, dass ohne Gott keine „gesunde Anthropologie zu entwickeln“ ist. „Ohne die Öffnung zum Transzendenten, die ihn Antworten auf die Fragen seines Herzens nach dem Sinn des Lebens und nach der Art der moralischen Lebensführung finden lässt, wird der Mensch unfähig dazu, gemäß der Gerechtigkeit zu handeln und sich für den Frieden einzusetzen.“ Darum ist das Böse – insbesondere die religiös begründete Grausamkeit, die Schändung von Gottes Ebenbild unter Berufung auf Gott – nicht nur ein Ärgernis, sondern Sünde wider Gott selbst. mehr Informationen
Die „Regensburger Rede“ von Papst Benedikt XVI. löste 2006 eine Kontroverse mit der islamischen Welt aus.
Bei der Vorlesung an der Universität Regensburg, an der er einst gelehrt hatte, sprach Papst Benedikt im September 2006 über Glaube und Vernunft. Dabei zitierte er aus einem mittelalterlichen Dialog zwischen dem byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos und einem gelehrten Perser: „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten“.
Das schwierige Zitat wurde in Teilen der islamischen Welt zunächst – fälschlich – als Wort des Papstes selbst aufgefasst. Muslime sahen ihren Glauben von höchster katholischer Stelle in Verruf gebracht, es kam zu Massenprotesten bis hin zu gewalttätigen Ausschreitungen. Papst Benedikt zeigte sich bestürzt und drückte sein Bedauern aus. Im Gespräch mit Michael Seewald bekannte er später, er habe die politische Reichweite seiner Rede unterschätzt.
Im weiteren Verlauf allerdings brachte die Regensburger Rede neue Dynamik in den Dialog der Religionen. 138 muslimische Gelehrte gingen 2007 einen entscheidenden Schritt auf die christliche Seite zu.
Der hierin enthaltenen Einladung zum Gespräch folgte die Gründung des Katholisch-Muslimischen Forums, das alle drei Jahre tagt und gegen Gewalt im Namen der Religionen eintritt. mehr Informationen
Aus der Krise entstand etwas Neues, das letztlich auch die Reise von Papst Franziskus auf die arabische Halbinsel und das Haus der Abrahamitischen Familie in Abu Dhabi ermöglichte, sowie das Dokument der Brüderlichkeit.
Im Aufbruch radikaler Bewegungen wie der ISIS wurde der Islam herausgefordert, seinen positiven Beitrag zur Weltgemeinschaft unter Beweis zu stellen. Dazu gehören Investitionen in den Sport, neue Feriendestinationen und Wirtschaftszentren wie Neom.