In Israel wird der 30. November als Gedenktag an die Flucht und Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern und dem Iran begangen. Außerhalb Israels ist die Geschichte von Flucht, Emigration und Vertreibung der Juden aus den islamisch dominierten Staaten weiterhin nahezu unbekannt.
Das entsprechende Gesetz wurde 2014 im israelischen Parlament verabschiedet. Bereits 2010 hatte die Knesset den Beschluss gefasst, dass keine israelische Regierung ein Friedensabkommen unterzeichnen darf, das nicht auch die Frage der Entschädigung der jüdischen Flüchtlinge aus den arabischen Ländern und aus dem Iran regelt.
Jede Diskussion über den Konflikt Israels mit seinen arabischen Nachbarn dreht sich naturgemäss um die etwa 750 000 Palästinenser, die infolge des Krieges von 1948 geflohen sind oder vertrieben wurden. Fast nie zur Sprache kommt allerdings die Flucht und Vertreibung nahezu aller Juden aus der arabischen Welt.
Wer, außer ein paar Spezialisten, weiß schon etwas über die Pogrome im marokkanischen Oujda und Jérada von 1948? Georges Bensoussan berichtet in seiner 2019 auf Deutsch erschienener Studie „Die Juden der arabischen Welt“ darüber. Oder über den Farhud in Bagdad, jenes Pogrom von 1941, das den Auftakt für das Ende der über zweieinhalbtausend Jahre alten jüdischen Gemeinde im Irak bildete? Wem ist heute bewusst, dass Ende der 1930er Jahre über 30 Prozent der Bevölkerung der irakischen Hauptstadt jüdisch waren, ein ähnlich großer Anteil wie zur selben Zeit in Warschau oder in New York?“ Wer hat schon davon gehört, dass sich die deutsche, die schweizerische, die kanadische und die niederländische Botschaft in Kairo in Häusern befinden, die früher im Besitz wohlhabender jüdischer Familien waren?
Im Zuge des bis heute anhaltenden Vernichtungskrieges gegen Israel wurden 850.000 Juden aus ihrer arabischen Heimat vertrieben. Ihnen wurden ihr Besitz und ihre Staatsbürgerschaften genommen. Nicht alle der aus der arabischen Staatenwelt geflohenen Juden gingen nach Israel, aber mit etwa 600 000 doch die klare Mehrheit. Heute sind knapp über 50 Prozent der israelischen Juden Nachfahren von jüdischen Flüchtlingen aus Afrika und Asien, sogenannten Mizrahim.
In der Operation «Fliegender Teppich» wurden 1949 Zehntausende Juden aus Jemen ausgeflogen. Trotz allen Vorbehalten der aschkenasischen, aus Europa stammenden Juden gegenüber den Mizrahim nahmen die ursprünglich 650 000 Juden in Palästina innerhalb kürzester Zeit 700 000 weitere auf, von denen die einen von der Shoah traumatisiert waren und im Fall der Mizrahim viele aus vergleichsweise schlecht ausgebildeten, verarmten Bevölkerungsschichten stammten.
Mittlerweile gibt es sogar arabische Nationen, die ihre Vertreibungspolitik derart perfektioniert haben, dass im Jahre 2001 dort kein einziger Jude mehr lebte, zum Beispiel Libyen und Algerien.
Während somit in Israel heute 190% so viele Araber leben wie 1948, und zwar als vollwertige Bürger eines demokratischen Landes, leben in den arabischen Ländern heute nur 0,9% so viele Juden wie 1948.
Was geschah mit den 850.000 vertriebenen jüdischen Flüchtlingen? Viele von ihnen wanderten nach Israel aus, andere fanden in anderen Ländern ein neues Zuhause! Während die 850.000 jüdischen Flüchtlinge und Vertriebenen wieder Bürger eines Landes wurden, sind aus den 500.000 arabischen Auswanderern mittlerweile über 4,7 Millionen Flüchtlinge geworden, die in arabischen Ländern bis zum heutigen Tage in Lagern gepfercht leben. Die einzigen „Palästinenser“, die heute Bürgerrechte besitzen, sind die 1,25 Millionen israelischen „Palästinenser“.
Die „palästinensischen“ Flüchtlinge sind die einzige Gruppe, für die sich die Vereinten Nationen eine eigene Behörde leistet: UNRWA. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten ist ein Hilfsprogramm der Vereinten Nationen, das seit seiner Gründung 1949 regelmäßig um drei Jahre verlängert wird. Während es die Aufgabe des UNHCR ist, Flüchtlinge wieder zu Bürgern zu machen, hält die UNRWA „Palästinenser“ in ihrem „Flüchtlingsstatus“. Die einzigen Menschen, die den Flüchtlingsstatus vererben.
Israel ist das einzige Land im Nahen Osten, das die Menschenrechte der „Palästinenser“ garantiert. mehr Informationen
Die von Historikern wie Bensoussan oder Natan Weinstock zusammengetragenen Quellen widerlegen den Mythos einer stets friedlichen Koexistenz von Juden und Muslimen. So schreibt Bensoussan, dass es sich bei der Tolerierung der Juden als «Schutzbefohlene» («dhimmis») um eine Toleranz handelte, die «aus Verachtung bestand» und die schon lange vor 1948 immer wieder in blutige Verfolgung umschlug.
Spätestens mit den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs war grossen Teilen der Mizrahim klar, wie sich ihre Situation darstellte und dass es keinen nennenswerten Unterschied machte, ob sie sich für oder gegen den Zionismus stellten: Die islamisch geprägte Mehrheitsbevölkerung in den arabischen Staaten scherte sich in ihrem Verhalten gegenüber den Juden nicht darum, ob sie sich, wie in Syrien und im Irak, lauthals dem arabischen Antizionismus anschlossen; wie in Ägypten ein ums andere Mal ihre Loyalität bekundeten; sich, wie teilweise in Tunesien und Libyen, offen hinter die zionistische Sache stellten; oder, wie häufig in Algerien, sich auf die Seite der Kolonialmacht schlugen. mehr Informationen
Jüdische Gemeinden existieren im Nahen Osten und in Nordafrika seit der Zeit nach der Zerstörung des Salomonischen Tempels im Jahr 586 v. Chr, also seit mehr als 2.500 Jahren. Mit der muslimischen Eroberung der Region im 7. Jahrhundert n. Chr. wurden die Juden als Untertanen zweiter Klasse angesehen, dennoch wurden ihnen begrenzte Möglichkeiten in der Religionsausübung, der Ausbildung, im Berufs- und Geschäftsleben zugestanden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten rund eine Million Juden in dieser Region. Heute sind davon weniger als 3 Prozent übrig, die hauptsächlich im Iran und Marokko leben.
Juden sind nicht weniger Vertriebene als Palästinenser. Sie mussten nicht weniger aus ihren Häusern, aus ihren Dörfern, ihrer Umgebung, ihrem Leben flüchten. Sie liessen Vermögen zurück, das jenes der Palästinenser um ein Vielfaches übertrifft. mehr Informationen
Der Wert des jüdischen Eigentums, der während dieser Vertreibungen von den arabischen Regierungen beschlagnahmt wurde, wird auf mindestens 50 Prozent höher geschätzt als die von den palästinensischen Flüchtlingen verlorenen Vermögenswerte. Keiner von ihnen erhielt eine Entschädigung in irgendeiner Form von den arabischen Regierungen, die ihren Besitz beschlagnahmt hatten.
Im Jahr 1967 nahm der UN-Sicherheitsrat einstimmig die Resolution 242 an, die fordert, dass eine umfassende Friedensregelung „eine gerechte Lösung des Flüchtlingsproblems“ beinhalten muss. Dabei wird kein Unterschied zwischen arabischen und jüdischen Flüchtlingen gemacht. Die Pflicht zur Wiedergutmachung fällt auf den Staat, der für die Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist. mehr Informationen
The Forgotten Refugees Ein Film über den Massenexodus von bis zu einer Million Juden aus den arabischen Ländern. 1945 lebten bis zu einer Million Juden im Nahen Osten außerhalb des Mandatsgebiets Palästina und in Nordafrika. Innerhalb weniger Jahre blieben nur noch ein paar Tausend übrig. Dies ist die Geschichte der Tausenden, die aus ihrer Heimat flohen, die in Flüchtlingslagern ausharrten und die heute im Stillen die Erinnerung an eine zerstörte Zivilisation tragen. The Forgotten Refugees erforscht die Geschichte und die Zerstörung der jüdischen Gemeinden im Nahen Osten, von denen einige seit mehr als 2.500 Jahren existierten. Die persönlichen Geschichten von Juden, die aus Ägypten, Libyen, dem Irak und dem Jemen geflohen sind, werden durch dramatisches Archivmaterial ergänzt, das auch Rettungsaktionen jemenitischer und irakischer Juden zeigt.
Ein Bewusstsein für das tragische Schicksal der orientalischen Juden ist in der Weltöffentlichkeit jedoch kaum vorhanden. Selbst in Israel wurde erst im Juni 2014 ein Gesetz verabschiedet, das den 30. November als Gedenktag für die jüdischen Flüchtlinge aus der arabischen Welt und dem Iran festlegt. Zu Schavuot 1941 kam es zum „Farhud“, der brutalen Enteignung, wie das Pogrom an den Juden in Bagdad auch genannt wird. Dabei verletzten Iraker mehr als 1.000 Menschen, vergewaltigten und verstümmelten jüdische Frauen. Hunderte von Juden wurden brutal ermordet, jüdische Geschäfte und Häuser ausgeraubt und verbrannt. 1948 lebten noch etwa 140.000 Juden im Irak, doch spätestens mit der Staatsgründung Israels wurde ihnen deutlich, dass die Iraker sie niemals als gleichwertige Bürger eines unabhängigen Irak anerkennen würden. Solange der Westen dieser „jüdischen Nakba“ kaum Beachtung schenkt, haben die jüdischen Flüchtlinge und ihre Nachkommen kaum die Möglichkeit, ihre Vergangenheit angemessen aufzuarbeiten. Dazu gehört, die Ereignisse zu benennen. Schuster Schmuel ist 1946 in Syrien geboren: „Wenn ich erzählen würde, kämen alle Erinnerungen wieder hoch. Und dann geht es mir schlecht.“ mehr Informationen