Überblendung des Bibelzitats am Berliner Stadtschloss

1.7.23 Die Bibel-Zitate auf der Kuppel des Berliner Humboldt-Forums werden vorerst nicht durch eine Kunstinstallation ergänzt. Grund seien die enorm gestiegenen Kosten, sagte ein Sprecher der Stiftung Humboldt Forum. Während das temporäre Kunstprojekt zur Schlosskuppel aktuell nicht umgesetzt wird, soll in den kommenden zwei Jahren die Fassade fertiggestellt werden. Geplant sind weitere 18 Fassaden-Skulpturen.

3.11.22 Die Ankündigung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), die Bibelinschrift an der Kuppel des nachgebauten Berliner Stadtschlosses im Rahmen eines Kunstprojekts vorübergehend zu überblenden, ist auf Protest der Union im Bundestag gestoßen.

Der Text auf der Kuppel, den König Friedrich Wilhelm IV von Preußen (1795 bis 1861) aus mehreren Fundstellen kombiniert hatte, lautet: „Es ist in keinem andern Heil, . . . denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“

Vor rund einem Jahr hatte das Humboldt-Forum bereits Überlegungen vorgestellt, den Spruch nachts mittels Leuchtdioden mit anderen Aussagen zu kontrastieren.

Roth hat schon früher deutlich gemacht, dem Text kritisch gegenüberzustehen. Der Preußenkönig habe damit „kein unpolitisches Zeichen von Religiosität“ gesetzt, äußerte sie am Mittwoch. Ihm sei es darum gegangen, den „allein von Gott abgeleiteten Herrschaftsanspruch“ zu untermauern.

„Unser Grundgesetz und unsere Demokratie stehen in der Traditionslinie der demokratischen Bewegungen von 1848 und 1849 sowie der Paulskirchenverfassung und nicht in der Traditionslinie eines repressiven Königs- und Kaisertums“, so Roth.  Im Sinne einer programmatischen Auseinandersetzung sehe das Kunstprojekt eine „temporäre Überblendung der Inschrift mit alternativen, kommentierenden und reflektierenden Texten“ vor.

Roth betonte am Mittwoch: „Die Inschrift bleibt erhalten, es wird nur sichtbar gemacht, dass sich das Humboldt-Forum mit ihrer Aussage kritisch auseinandersetzt.“

Roth habe die Inschrift „offenbar überhaupt nicht verstanden“, schrieb die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Dorothee Bär (CSU) in ei­ner Mitteilung. „Wenn sie sie jetzt verhüllen lässt, dann disqualifiziert sie sich vollends für ihr Amt.“ Es sei nicht Roths Aufgabe, „die Geschichte umzuschreiben und für die aktuelle ideologische Prägung ihrer Partei passfähig zu machen“. mehr Informationen

Der Ländervorsitzende für Berlin und Brandenburg des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU, Günter Nooke, warf Kulturstaatsministerin Roth am Mittwoch „Intoleranz gegenüber dem christlichen Glauben sowie den eigenen geschichtlich-kulturellen Wurzeln“ vor.

Die kultur- und medienpolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Christiane Schenderlein (CDU), forderte am Mittwoch, dass die Inschrift sichtbar bleiben müsse. Eine als Kunstinstallation deklarierte Überblendung „lehnen wir vehement ab“, erklärte sie. Die geplante Einordnung der Bibelzitate auf einer Informationstafel sei bereits „ein Kompromiss, der völlig ausreichend ist“. Es sei zu befürchten, dass im nächsten Schritt das Kreuz auf der Kuppel infrage gestellt werde.

„Es ist erstaunlich und geschichtsblind zu meinen, diese von Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. selbst aus zwei Bibelzitaten zusammengestellte Inschrift für seinen Schlossbau sei einfach nur ein unpolitisches Zeichen von Religiosität“, teilte Roth am Mittwoch mit. Die Inschrift sei aus Sicht vieler Historiker eindeutig eine politische Botschaft, die den allein von Gott abgeleiteten Herrschaftsanspruch des Preußenkönigs untermauere.

Ein Sprecher des Humboldt-Forums teilte mit, zeitgenössische künstlerische Interventionen seien eine wichtige Form, sich mit den vieldiskutierten Aspekten des Hauses und seiner Architektur auseinanderzusetzen.

„Das Projekt haben wir Dezember 2021 bereits im Humboldt-Forum vorgestellt und öffentlich diskutiert“, erklärte der Sprecher. „Die Umsetzung würde bedeuten, dass tagsüber die rekonstruierte Inschrift, bei Dunkelheit andere Texte sichtbar werden. Auf diese Weise entsteht die Möglichkeit, alternative Texte zu entwickeln, die die historische Inschrift kommentieren und in Frage stellen. mehr Informationen

Spätestens seit sich der Deutsche Bundestag 2002 für den Wiederaufbau des Schlosses ausgesprochen hatte, war das Projekt immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen. Dies galt – je näher der Bau seiner Vollendung kam – auch für den erst spät bekannt gewordenen Plan, die Kuppel über dem Westportal des Schlosses mit einem Kreuz zu krönen. Nachdem noch in den ersten Entwürfen des italienischen Architekten Franco Stella kein Kreuz vorgesehen war und dieses Detail auch in den Diskussionen um den Wiederaufbau keine große Rolle gespielt hatte, wurde das Kreuz 2017 – finanziert durch eine private Millionenspende – plötzlich als „krönender“ Abschluss des Wiederaufbaus präsentiert.

Während Befürworter wie der Berliner Erzbischof Heiner Koch oder die katholische Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) auf das historische Vorbild auf dem 1950 von den DDR-Machthabern gesprengten Originalgebäude verwiesen und den einladenden Gestus des Kreuzes betonten, empörten sich die Gegner über das christliche Symbol auf dem Gebäude.

Verstärkt wird die Auseinandersetzung allerdings noch durch ein weiteres christliches Element, das nach dem Abbau der Baugerüste unterhalb der Kuppel erstmals sichtbar geworden ist und die umstrittene religiöse Bekrönung des Schlosses noch verstärkt.

In goldenen Buchstaben steht auf einem umlaufenden blauen Spruchband am Fuß der Kuppel: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“ Der Spruch ist eine Kombination aus zwei Bibelstellen (Apostelgeschichte 4,12 und Philipper 2,10) und wurde vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. verfasst – auch um im Zuge der von ihm abgelehnten Revolution von 1848/1849 das Gottesgnadentum seiner Herrschaft und das aus heutiger Sicht verhängnisvolle Bündnis von Thron und Altar gegen die Forderungen nach einer Demokratisierung des Herrschaftssystems zu verteidigen. Gleiches gilt für das Kreuz, das ebenfalls erst auf Initiative Friedrich Wilhelms auf das Schlossdach gesetzt wurde.

Im Jahr 2020 stellte der Berliner Rabbiner Andreas Nachama die Frage, ob Berlin eine Stadt der Toleranz sei, in der Christen, Juden, Muslime, Religionslose und Religionskritiker friedlich nebeneinander leben und „auf Augenhöhe respektvoll miteinander umgehen“ könnten. „Nein. Berlin ist eine Stadt, die offenbar weiter mit der Vorstellung lebt, dass allein Kreuz und Christentum glückselig machen„. Nachama sprach sich dafür aus, dass der katholische Erzbischof Heiner Koch und der evangelische Landesbischof Christian Stäblein an der Spitze einer Bürgerinitiative dafür plädieren sollten, den die Kuppel umrundenden Spruch zu beseitigen – „denn im Jahr 2020 sollte es einen solchen Rückfall in die Gedankenwelt eines Preußenkönigs nicht geben“.

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) äußerte auf Anfrage von katholisch.de ebenfalls Bedenken gegen die Inschrift. Dass der Bibelspruch beim Wiederaufbau eins zu eins übernommen worden sei, sehe man kritisch. „Der Spruch zeigt eine Mischung aus Bibelzitat und seltsamer Königstheologie, eine restaurative Betonung von machtvollen Alleinvertretungsansprüchen. Für Menschen, die den Kontext nicht kennen, ist das verständlicherweise irritierend„, so EKBO-Sprecherin Amet Bick.

Kreuz und Bibelspruch bleiben wohl eine große Herausforderung für das Humboldt Forum. mehr Informationen

Die Diskussion über Glaube und Staat ist durch aktuelle Medienberichte voll entbrannt.

«Bild»-Chef Johannes Boie kommt zum Schluss: «Der Islam wird gefördert – das kann man gut oder schlecht finden. Das Christentum wird gleichzeitig zurückgedrängt – das ist scheinheilig und nicht fair.» In Köln ruft seit einiger Zeit der Muezzin hörbar zum Gebet, indem er Allah als den höchsten Gott ausruft.

Würde das umgekehrte auch akzeptiert, wenn man von jeder „kulturellen Veranstaltung“ Bibelzitate aufstellen würde, welche diese in Frage stellen und zum Nachdenken anregen?  

2018 sagte der damalige Churer Bischofssprecher Giuseppe Gracia: In einem modernen Rechtsstaat dürfe der Staat nicht über die Religion integrieren, sondern über das gesellschaftliche Leben selber, konkret etwa über Sportvereine, Kulturvereine, den Arbeitsmarkt, Bildung und Schule. Vom Staat wolle er nicht als Katholik, sondern als Bürger ernst genommen werden. Für Gracia bedeutet Gleichbehandlung der Religionen denn auch nicht die Anerkennung aller Religionen. Er findet vielmehr, dass keine der Religionen im Land privilegiert werden soll. 

Jesus sagte (Mt 22,21): „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ Also vermischt Staat und Religion nicht.

Der Kaiser und Gott

Jesus sagte: „Gebt denn dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Matthäus 22,21).

Damit hat Jesus die Grundlage für die Trennung von Kirche und Staat gelegt. Doch der Text zeigt noch mehr auf.

Jesus sagte: Bringt mir eine Steuermünze. Wessen Bild ist darauf? Da das Bild des Kaisers darauf ist, gehört sie ihm. Doch wo ist Gottes Bild abgebildet? Die Bibel sagt, dass der Mensch ein Ebenbild Gottes ist (1.Mose 1,27). Also gehört der Mensch zu Gott. Gebt Gott, was Gottes ist. Also gebt euch Gott hin.  Der Kaiser und Gott weiterlesen

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes hat Medienberichte bestätigt, wonach das Ratskreuz im Friedenssaal des Historischen Rathauses in Münster für die Dauer des G7-Gipfels entfernt wurde. Allerdings sei Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit der Entscheidung nicht befasst gewesen, erklärte der Sprecher am Freitag in Berlin. Es habe sich dabei um eine Absprache zwischen Protokoll und der Stadt Münster gehandelt und sei keine Entscheidung auf politischer Ebene gewesen. Zuvor hatten unter anderem die „Westfälischen Nachrichten“ (WN) von der Entfernung des Kreuzes berichtet. Auf Anfrage bestätigte die Stadt Münster demnach eine entsprechende Bitte aus dem Auswärtigen Amt. Man habe dies damit begründet, dass Menschen mit unterschiedlichem religiösem Hintergrund an dem Treffen teilnähmen. Laut Bild-Zeitung nannte das Auswärtige Amt „protokollarische Gründe“.

Das Kreuz stammt nach Angaben der Stadt Münster aus dem Jahr 1540 und ist damit über 100 Jahre älter als der 1648 im Friedenssaal geschlossene Westfälische Friede. „Der Frieden ist das höchste Gut“ laute die Inschrift über der Tür zum Friedenssaal.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Entscheidung des Auswärtigen Amtes bedauert, während des G7-Treffens in Münster ein mehr als 500 Jahres altes Kreuz am Tagungsort entfernen zu lassen. „Das war keine bewusste Entscheidung, erst recht keine politische Entscheidung, sondern offensichtlich eine organisatorische Entscheidung“, sagte Baerbock. Sie selbst hätte das Kreuz nicht wegräumen lassen und habe erst am nächsten Tag vom Vorgang erfahren. mehr Informationen

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