7.11.22 Der Islamexperte Timo Güzelmansur hat den am Sonntag beendeten Besuch von Papst Franziskus in Bahrain als starken Impuls für den Dialog zwischen Christen und Muslimen gelobt. Mit seinen Appellen für ein Miteinander der Religionen habe das Kirchenoberhaupt während seiner viertägigen Reise muslimische Herrscher in der Region ermutigt, die eine Politik der Öffnung, Toleranz und gesellschaftlichen Pluralität wollen, sagte der Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle (Cibedo) dem katholischen Kölner Internetportal domradio.de. Der Dialog zwischen Christentum und Islam liege Franziskus „besonders am Herzen“, so der Leiter der Cibedo, einer Fachstelle der katholischen Deutschen Bischofskonferenz mit Sitz in Frankfurt. Es soll nicht nur bei guten Worten über Toleranz bleiben, sondern auch echte Religionsfreiheit, zum Beispiel echte Chancenmöglichkeit für alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ermöglichen werden.
Als wichtigen Nebeneffekt der Reise sieht Güzelmansur neue Impulse auch für die Versöhnung zwischen Sunniten und Schiiten. So habe der sunnitische Großimam der Kairoer Al-Azhar-Universität und Papst-Freund Ahmed al-Tayyeb in Bahrain „ganz stark den innerislamischen Dialog hervorgehoben“ und die Schiiten dazu eingeladen. Dies sei bemerkenswert, so der Islamexperte.
Neben dem Dialog mit dem Islam stand die Begegnung mit der christlichen Minderheit Bahrains und anderen Ländern der Arabischen Halbinsel im Mittelpunkt der Reise. Ihnen machte der Papst unter anderem bei einer Messe mit rund 30.000 Gläubigen Mut, ihren Glauben aktiv zu leben. mehr Informationen
Sie dürfen – anders als in Saudi-Arabien – in den kleinen Staaten wie Kuwait, Bahrain, Katar und Abu Dhabi ihren Glauben innerhalb der Kirchenräume leben, eine Bibel besitzen und die Messe feiern. Doch sichtbare und hörbare Bekundungen eines nichtislamischen religiösen Bekenntnisses im öffentlichen Raum sind auch dort nicht erlaubt. Die vom Papst auf Spanisch vorgetragene Predigt wurde im Stadion auf Englisch übersetzt und vom Staatsfernsehen live ins Arabische übertragen. Ein Sohn des Königs und Regierungsvertreter sind anwesend – und viele Sicherheitskräfte. mehr Informationen
Scheich Ahmed al-Tayeb sagte: „Ich sowie andere hohe Gelehrte von Al-Azhar und dem muslimischen Ältestenrat sind mit offenen Armen bereit, um zusammen mit unseren schiitischen Brüdern an einem runden Tisch zusammenzusitzen und unsere Unterschiede beiseite zu legen sowie unsere islamische Enheit zu stärken.“ Solch ein Dialog wird zu Ziel haben, dass jede Hassrede, Provokation und Exkommunikation hinweggejagt sowie alte und neue Konflikte in jeglicher Form beiseite legen werden. Al-Tayeb betonte: „Ich rufe weltweit meine Brüder, muslimische Gelehrte jeder Lehre, Sekte und Denkrichtung dazu auf, einen islamischen Dialog zu halten.“
3.11.22 Als erster Papst besucht Franziskus Bahrain am Persischen Golf. Kurz vor Beginn seiner Reise nach Bahrain nennt Papst Franziskus es „Eine Reise im Zeichen des Dialogs„. Er werde bei seiner 39. Auslandsreise „mit vielen Religionsvertretern besonders des Islam“ zusammenkommen. Es gehe ihm um den Frieden, den die Welt so dringend benötige.
Klar ist: Jede Papstreise gilt immer den Katholikinnen und Katholiken vor Ort; das sind am Golf häufig Migranten oder Gastarbeiter aus Asien. Bemerkenswerter ist, dass der Papst als Redner an einem interreligiösen Treffen teilnimmt, dem „Bahrain Forum für Dialog: Ost und West für menschliche Koexistenz“.
Und was in Europa kaum jemanden interessiert: Sowohl Kasachstan als auch Bahrain haben eine wachsende Tradition des interreligiösen Dialogs. In Kasachstan nahm Franziskus im September am „Weltkongress der Religionen“ teil, nun am „Bahrain Forum für Dialog“.
Auffallend ist, dass sich Papst Franziskus seit Februar 2019 immer wieder der islamischen Welt zuwendet. Damals reiste er als erster Papst überhaupt in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und unterzeichnete dort mit dem ägyptischen Großscheich Ahmed al-Tayyeb, eine der höchsten Autoritäten des sunnitischen Islam, ein Grundsatzdokument über die Brüderlichkeit aller Menschen.
Wie die Vereinigten Arabischen Emirate verfolgt auch das Königreich Bahrain, von der Fläche nur knapp so groß wie Hamburg, eine relativ tolerante Religionspolitik. Es gibt Kirchen, Synagogen und Tempel anderer Religionen. In der Hauptstadt Manama wurde Ende 2021 eine große katholische Kathedrale errichtet, die nun zweitgrößte Kirche in der arabischen Welt.
„Saudi-Arabien ist ein Gesprächspartner. Und der Papst möchte seine Freundschaft mit Großscheich al-Tayyeb ausbauen, indem er andere muslimische Führungspersönlichkeiten in seinen Kreis der wirklich tief befreundeten Menschen einbezieht.“ Bis Sonntagmittag nimmt sich Franziskus dafür Zeit. Auf seinem Programm steht auch ein Treffen mit dem muslimischen Ältestenrat, dem muslimische Repräsentanten angehören, die sich für den Dialog und die Achtung der Religionen einsetzen.
Jesuit Felix Körner, einer der führenden Islam-Experten der katholischen Kirche, sagt: Viele Muslime verspürten eine „große Nähe“ und nähmen den Papst als „ungeheuer gewinnende Person wahr“. Als jemanden, der eigentlich all das repräsentiere, was Glaube in seiner Einfachheit und einer Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung heute sei.
Da gehe es nicht um ein Oberhaupt im Sinne einer Lehrautorität, sondern um einen Repräsentanten aller Gläubigen, auch der muslimischen Gläubigen. Das passe zum Akzent, den Franziskus vor allem setzt, meint Körner. Denn bei ihm gehe es nicht um theologische Begrifflichkeiten, sondern darum, dass „alle miteinander auf Gott zugehen“. mehr Informationen
28.10.22 Mit einer Reise nach Bahrain baut Papst Franziskus die Brücken zur islamischen Welt weiter aus. Vom 3. bis 6. November 2022 besucht er das Königreich am Persischen Golf und wird damit nach Abu Dhabi 2019 zum zweiten Mal auf der Arabischen Halbinsel zu Gast sein. Anlass für die 39. Auslandsreise des Papstes ist das unter der Patronanz von König Hamad bin Isa Al Chalifa stattfindende „Bahrain Forum for Dialogue„.
Mit einer katholischen Messe im Nationalstadion, einem ökumenischen Friedensgebet und einer Jugendbegegnung dient der Papstbesuch aber auch zur Stärkung der örtlichen Kirche. Offizielles Motto der Reise ist ein Zitat aus dem Lukasevangelium: „Und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade„. Grundlage ist auch das von Papst Franziskus und Großimam Ahmad al-Tayyeb 2019 in Abu Dhabi unterzeichnete Dokument zur Geschwisterlichkeit aller Menschen.
Zu einer Messe im nationalen Stadion werden am 5. November 28.000 Menschen erwartet, darunter auch 2.000 Gläubige aus Saudi-Arabien. Der Andrang ist zwar erheblich größer, Tausende können aber wegen der begrenzten Kapazitäten laut Nachrichtendienst Asianews nicht an der Messe teilnehmen. Bei den Gläubigen handelt es sich vor allem um Gastarbeiter aus den Philippinen, Indien, anderen asiatischen Ländern und Afrika.
Auf rund 80.000 wird die Zahl der Katholiken in Bahrain geschätzt – bei einer Gesamtbevölkerung von 1,7 Millionen. Für sie, aber auch für viele der Katholiken in den anderen Teilen der Arabischen Halbinsel werde mit dem Papstbesuch ein Traum wahr, sagte der für Bahrain zuständige Bischof Paul Hinder im Vorfeld der Reise. Diese werde nicht nur den Glauben der Katholiken in der Region stärken, sondern auch die Rolle des Papstes als Friedensstifter, so der Schweizer. Die Wahl Bahrains sei auch ein Signal an die Schiiten, die in Bahrain die Bevölkerungsmehrheit stellen, während die Führung des Landes in den Händen einer sunnitischen Monarchie liegt. Die erst vor einem Jahr geweihte neue Kathedrale „Our Lady of Arabia“ in der Gemeinde Awali ist Ort eines ökumenischen Friedensgebets. Das Gotteshaus ist der zweitgrößte katholische Kirchenbau auf der Arabischen Halbinsel. mehr Informationen
Vor dem Besuch des Papstes in Bahrain haben Menschenrechtler eine klare Stellungnahme des Kirchenoberhaupts zur Menschenrechtslage in dem Land gefordert. Franziskus solle beim Treffen mit König Hamad bin Isa Al Chalifa unter anderem ein Aussetzen der Todesstrafe sowie die Freilassung politischer Gefangener thematisieren, heißt es in einer am Dienstag in Beirut veröffentlichten Mitteilung von Human Rights Watch (HRW) und anderen Menschenrechtsorganisationen. mehr Informationen