Die Kapitulationsforderung an die Ukraine ist absurd.
Folgt man dieser Logik, hätte die Welt, als Hitler 1941 seinen Ostfeldzug begann, die Russen sofort zur Kapitulation auffordern müssen. Der Kampf gegen den Aggressor schien damals ebenfalls aussichtslos, jedenfalls einige Monate lang, er kostete Millionen Sowjetbürger das Leben. Wie würde die Welt dann heute aussehen?
Der so schön klingende Satz vom Frieden, den es nur ohne Waffen gibt, ist leider nicht Realität. Sogar die Schweizer Eidgenossen haben für Freiheit und Unabhängigkeit gekämpft.
Das Unrealistischste an der Kapitulationsdebatte ist jedoch die Annahme, schnelles Einlenken würde den Aggressor besänftigen. Als die Sowjetunion im September 1939 gemeinsam mit Hitler nach Polen einmarschierte, ergaben sich die Polen den Sowjets weitgehend kampflos. Geholfen hat ihnen das nicht: Hunderttausende wurden nach Sibirien deportiert, Zehntausende vom sowjetischen Geheimdienst erschossen.
Wer in diesen Tagen das journalistische Begleitfeuer in Russland zum Angriffskrieg liest, weiß, dass Putin sich nicht aufhalten lassen will. Er erhebt ja bereits auch Machtansprüche auf Teile Osteuropas, die in der EU und Nato sind.
Die Ukrainer machen sich keine Illusionen über die Bedrohung durch Putin. Der Hass, die Häme und der Zynismus der russischen Propaganda gegenüber den Ukrainern lassen das erahnen. 50 Prozent der Ukrainer seien Neonazis, liest man in Kommentaren der russischen Staatsagentur, weitere 20 Prozent würden mit ihnen sympathisieren. Welchen Frieden haben diese 70 Prozent von Russland zu erwarten, sollten sie sich den Russen ergeben? Drei Millionen von ihnen irrten jetzt obdachlos durch das ihnen fremde Europa, ohne Geld und ohne Dach über dem Kopf. Sie würden dort vergewaltigt und ausgenutzt – die ukrainischen Flüchtlinge seien die »neuen Sklaven Europas«, hämmert der russische Politologe und Journalist Wladimir Kornilow seinen Landsleuten ein. Dabei hätten die Flüchtlinge eigentlich nach Russland gewollt, aber das faschistische Selenskyj-Regime habe sie nicht dorthin gelassen.
Es gibt überhaupt nichts, was darauf hindeutet, dass Putin sich auf Verhandlungen einlassen wollte, und es ging ihm ja offenkundig längst nicht nur um die Nato, sondern darum, die Staatlichkeit und Identität der Ukraine zu vernichten – und in Osteuropa die russische Vorherrschaft wiedererstehen zu lassen, damit auch EU-Staaten zu bedrohen. All das hat Putin ja sogar selbst so deutlich gesagt, wie man es nur sagen kann. mehr Informationen
Der russische Militäreinsatz in der Ukraine verläuft nach Worten von Kremlsprecher Dmitri Peskow «streng nach Plan». Der Verlauf entspreche den vorher festgelegten Zielen, sagte Peskow auf Englisch dem US-Sender CNN.
Der Westen müsse verstehen, dass Putin nicht bei der Ukraine halt mache, wenn er dort nicht gestoppt werde, meinte der Kremlkritiker Michail Chodorkowski.
2012 folgte Putin in einer Rede den Gedanken Iwan Iljins und kündigte an: „Eurasien“ werde die Europäische Union „überwinden“ und deren Mitglieder in ein größeres Gebilde integrieren, das „von Lissabon bis Wladiwostok“ reiche. Der russische Philosoph Iwan Iljin (1883–1954) glaubt nie an das Gute im Menschen. 2014, zur Vorbereitung der Annexion der Krim, ließ Putin allen höheren Beamten und Regionalgouverneuren ein Exemplar von „Unsere Aufgaben“ zukommen, dem zentralen Sammelband mit Iljins Aufsätzen. Putin riet seinen Kadern, sie sollten Lenin weglegen und ab jetzt Iljin studieren. Die Rede ist von einem antidemokratischen Staat, einer „erzieherischen und wiedergebärenden Diktatur“ weiterlesen
In einer Regierungsrede am 16.3.22 nennt Putin seine Kritiker „Abschaum und Verräter“. Allen Andersdenkenden droht er mit einer „Säuberung“. Diplomatische Möglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen, sagt er. Für einen friedlichen Weg habe es keine Varianten gegeben. Moskau sei „einfach gezwungen“ gewesen, die Ukraine vor „Terror“ und „Genozid“ zu „bewahren“ und im Land „elementare Menschenrechte“ zu „gewährleisten“. Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow unterstreicht am Tag darauf die Haltung und nennt jeden, der seinen Job in Russland kündigt, der ins Exil geht, der protestiert, einen Verräter. „Sie verschwinden selbst aus unserem Land. So vollzieht sich die Säuberung.“ Kritik ist unerwünscht, jeglichen Zweifel am Vorgehen der russischen Führung fasst Putin unter „Abschaum und Verräter“ zusammen und droht damit allen Andersdenkenden. Er spricht von „natürlicher Säuberung“, die das Land „nur stärken“ könne, wenn „echte Patrioten die Verräter einfach ausspucken wie eine zufällig verirrte Mücke“.
Diplomatische Möglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen, sagt er. Für einen friedlichen Weg habe es keine Varianten gegeben. Moskau sei „einfach gezwungen“ gewesen, die Ukraine vor „Terror“ und „Genozid“ zu „bewahren“ und im Land „elementare Menschenrechte“ zu „gewährleisten“.
Putin verstieg sich zu der Aussage: „Es drängt sich ein Vergleich mit den antisemitischen Pogromen der Nazis in Deutschland in der 30er Jahren des letzten Jahrhunderts auf. Und es gibt ein Ziel – die Zerstörung Russlands.“
Russland hat laut Lawrow jegliche Illusion verloren, dass es sich auf den Westen verlassen könnte. Die Regierung in Moskau werde niemals eine Weltanschauung akzeptieren, die von den USA dominiert ist. weiterlesen
Bild: Schwerter zu Pflugscharen, Skulptur von Jewgeni Wiktorowitsch Wutschetitsch (heute Ukraine) – 1959 Geschenk der Sowjetunion an die UNO – Garten im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York City