Vollversammlung Synodaler Weg

5.2.22 Bischof Georg Bätzing (Präsident des Synodalen Weges und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz): Die Texte sind überhaupt nicht das Entscheidende, sondern wir beschreiben in diesen Texten ja das veränderte Handeln der Kirche.

Wir wollen, dass Macht in der Kirche geteilt wird, dass Macht kontrolliert wird, dass Macht nicht mehr in Händen Einzelner liegt, sondern von vielen getragen wird. Wir wollen, dass Frauen in Dienste und Ämter der Kirche aufgenommen werden können. Dass gleiche Rechte, gleiche Würde von Frauen und Männern in der Kirche gelten. Wir wollen, dass die Geschlechterdifferenz, die es gibt, auch die Geschlechtervielfalt, die es gibt, Akzeptanz findet in der katholischen Kirche. Und wir wollen, dass das Priesteramt gestärkt ist, dass die Sakramente nicht verdunsten, weil uns Priester fehlen. Deshalb gibt es auch die Forderung, oder den Vorschlag, neben dem Zölibat, der eine hohe Wertschätzung genießt in der Kirche und auch hier in der Synodalversammlung, die Öffnung des Priesteramts für verheiratete Männer zu realisieren. Das sind so wesentliche Dinge um Handeln der Kirche zu verändern.

Mit großer Mehrheit hat sich der Synodale Weg der Katholiken am Samstag, 5.2.22  für eine Modernisierung der kirchlichen Sexualmoral ausgesprochen. Es geht um Änderungen der Aussagen zur Empfängnisverhütung sowie zur Homosexualität im Katechismus. Einer der beiden sogenannten Handlungstexte empfiehlt dem Papst, eine „lehramtliche Präzisierung und Neubewertung der Homosexualität“ vorzunehmen. Ausgelebte gleichgeschlechtliche Sexualität sei keine Sünde und „ist nicht als in sich schlecht zu beurteilen“, so das Papier. 

Der zweite Handlungstext empfiehlt dem Papst eine Weiterentwicklung des Verständnisses von „ehelicher Liebe“ im Katechismus, unter anderem mit Blick auf Empfängnisverhütung, die nach offizieller katholischer Lehre nur sehr eingeschränkt erlaubt ist. «Dass die Zeugung eines Kindes niemals als Unglück bewertet werden muss und darf, bleibt der hohe Wert, den die Kirche aus ihrem Menschenbild heraus vertritt, auch wenn sie keine Festlegung auf bestimmte Methoden der Empfängnisverhütung verlangt», heißt es in dem Reformtext. In einer lebhaften, aber sachlichen Debatte wurde mehrfach die Meinung geäußert, dass die geltende katholische Sexualmoral kaum mehr etwas mit der Lebensrealität vieler Katholiken zu tun habe. Mehrere Bischöfe warnten vor einem Bruch mit der kirchlichen Lehre.

Der Synodale Weg fordert, Segensfeiern für alle Liebespaare zu ermöglichen. Auch Homosexuelle und zivil wiederverheiratete Geschiedene sollen ihre Beziehung von der katholischen Kirche segnen lassen können. Die Synodalversammlung ruft darin die Bischöfe auf, in ihren Bistümern Segensfeiern offiziell zu ermöglichen für Paare, „die sich lieben und binden wollen, denen aber die sakramentale Ehe nicht zugänglich ist oder die sie nicht eingehen wollen“. 

Als Beobachter appelliert Papst-Botschafter Nicola Eterovic am Samstag in Frankfurt, die Einheit mit der gesamten Kirche zu wahren. Papst Franziskus spreche zwar oft von Synodalität, warne aber vor „Parlamentarismus“, so Eterovic. Beim Synodalen Weg sei deshalb „Unterscheidungsvermögen“ notwendig, es gehe nicht darum „Meinungsforschung zu betreiben“, zentral sei das Wort Gottes als „Leuchtfeuer“.

Die dritte Synodalversammlung sei ein großer Erfolg und zugleich ein Zwischenschritt gewesen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am Samstag in Frankfurt. Drei Vorlagen seien bei dem dreitägigen Treffen endgültig beschlossen worden, elf weitere in Erster Lesung. Bei der nächsten Synodalversammlung im September würden weitere wichtige Anliegen beraten. Gefordert wurden bei der dreitägigen Veranstaltung in Frankfurt unter anderem eine moderne Sexualmoral einschließlich einer Neubewertung der Homosexualität, die Öffnung des Priesteramtes für Frauen, eine Lockerung der Verpflichtung zur Ehelosigkeit für Priester und ein anderer Umgang mit Macht.

Die gewünschten Reformen sind aber nicht so einfach umzusetzen, wie es sich viele innerhalb und außerhalb der Kirche wünschen, sagt DOMRADIO.DE-Redakteur Renardo Schlegelmilch. Zur aktuellen Idee der Bischofswahl gesteht Bätzing: „Ich kann das nur für mein eigenes Bistum umsetzen“. Das Problem sitzt aber auch im Vatikan. Die theologisch bedeutende und finanziell mächtige deutsche Teilkirche hat zwar großen Einfluss in Rom, aber auch sowieso schon Sonderrechte, die nicht allen gefallen. Ob die Reformen, die der Synodale Weg beschlossen hat und beschließen will, also umgesetzt werden, hängt von mehr ab als dem Votum der Delegierten ab, so überwältigend die Mehrheit dort auch sein mag.

4.2.22 Der „Orientierungstext“ des Synodalen Weges wurde als erster Beschluss angenommen: mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit sowohl des Plenums als auch der Bischöfe. Nach dem Reformpapier „Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung“ sind die wichtigsten Quellen für Christen die Bibel, die Tradition, das Lehramt, die Theologie sowie – das ist entscheidend und neu – die „Zeichen der Zeit und der Glaubenssinn des Volkes Gottes“.

Es gab noch mal eine sehr engagierte Debatte um die Frage: Möchte sich die Kirche dem öffnen, was in der Gesellschaft passiert, was Wissenschaft erkennt, die berühmten „Zeichen der Zeit“ wirklich auch als Ort der Erkenntnis für kirchliches Handeln nehmen oder eben nicht? Die offene Frage ist, was bei wiedersprechenden Aussagen mehr gewichtet wird.

Mit großer Mehrheit hat der Synodale Weg zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland eine Initiative zur Lockerung der Zölibatsvorschrift für Priester beschlossen. Der Papst soll katholischen Priestern die Heirat gestatten. Eine Zweite Lesung des Textes mit verbindlicher Abstimmung wird auf der vierten Synodalversammlung im Herbst erwartet. Der mit den Worten „Zölibat der Priester – Stärkung und Öffnung“ überschriebene Text betont den Wert der Ehelosigkeit als Lebensform der Priester. Er fordert aber zugleich die Zulassung verheirateter Priester in der römisch-katholischen Kirche durch den Papst oder durch ein Konzil. Außerdem wird gefordert, der Papst solle es katholischen Priestern gestatten, zu heiraten und im Amt zu bleiben.

Wenn es eine Rechenschaftspflicht des Pfarrers gegenüber dem Bischof und des Bischofs gegenüber dem Papst gebe, dann sei es konsequent, dass es eine solche Bestimmung auch für das Verhältnis zwischen Pfarrer und Gemeinde vor Ort gebe. Stimmen die jeweiligen Räte mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gegen Pfarrer oder Bischof, dann sollten diese den Rücktritt anbieten. Das Papier wurde in Erster Lesung mit rund fünf Sechstel Zustimmung verabschiedet.

3.2.22 Nun geht es für die Kirche in Deutschland „um alles“. Nur noch ganze zwölf Prozent der Deutschen haben großes Vertrauen in die Katholische Kirche. Dieses Zahl hat das Markt- und Meinungsforschungsinstitut FORSA ermittelt. 

Wenn sich also in den nächsten Tagen in Frankfurt 230 Laien und Bischöfe auf den Synodalen Weg machen, gibt das entscheidende Signale. Werden die Gläubigen wirklich beteiligt? Wird die Macht wirklich kontrolliert?

In ihrem Reformdialog auf dem Synodalen Weg wollen die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland beraten. Ausgangspunkt ist eine jahrelangen Kirchenkrise, die der Missbrauchs-Skandal verschärft hat. Am Donnerstag, 3.2.22,  startete die dritte Vollversammlung des Synodalen Wegs.

Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke hält den Synodalen Weg zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland für eine Alibi-Veranstaltung. Lüdecke bezeichnete die Initiative als „große Täuschungsaktion der Bischöfe“. Dort würden Dokumente als Entscheidungen verkauft, „die ja bloß ein unverbindliches Äußern von Meinungen und Bitten sind“. 

Laut Satzung erfordern Beschlüsse eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder und eine eigene Zweidrittelmehrheit der anwesenden Bischöfe. Die einzelnen Bischöfe wiederum haben dann darüber zu entscheiden, ob sie die von der Synodalversammlung gefassten Beschlüsse in ihrem Gebiet umsetzen. Über einige der diskutierten Themen wie einen Zugang von Frauen zu Weiheämtern kann jedoch nur der Papst oder ein weltweites Konzil entscheiden.

Er halte die Chancen auf hoffnungsvolle Zeichen vom Synodalen Weg momentan für „sehr gering“, sagte Lüdecke. „Weil nichts von dem, was auf der Synodalversammlung besprochen wird, von deutschen Bischöfen am Ende geändert werden könnte – sieht man einmal vom kirchlichen Arbeitsrecht hierzulande ab.“

Gregor Podschun (Bundesvorsitzender des Jugenddachverbandes BDKJ) glaubt, dass der Synodale Weg tatsächlich Vorbereitung zur Reform sein kann, unter der Voraussetzung, dass die Synodalen erkennen, dass sie gegen die Machtsysteme der katholischen Kirche opponieren müssen. Dann habe der Synodale Weg tatsächlich Chancen, auch was zu verändern, insbesondere für die katholische Deutschland hier in Deutschland und möglicherweise als Vorbild für die Weltkirche. Die Idee ist natürlich, die Macht und auch die Gewalt von Klerikern, insbesondere von Bischöfen, zu begrenzen und zu teilen, so wie wir das ja aus staatlichen und gesellschaftlichen Systemen kennen. Dazu gehört unter anderem auch, dass auch bei der Bestellung von Priestern in Gemeinden, aber auch von Bischöfen, Laiinnen und Laien zumindest ein Mitspracherecht eingeräumt wird. 

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