19.9.24
Die Arbeitslosigkeit in Afghanistan hat sich seit der Machtübernahme der Taliban laut der Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als verdoppelt. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht mit Blick auf das vergangene Jahr wies die WHO zudem auf die anhaltende humanitäre Not hin. Nahezu ein Drittel der Bevölkerung sei demnach von einer Ernährungskrise betroffen. Dies sind etwa 13 Millionen Menschen. Den Daten zufolge waren die ökonomischen Auswirkungen 2021 direkt nach der Machtübernahme mit einem Rückgang von gut 20 Prozent am deutlichsten. Im Folgejahr schrumpfte die Wirtschaft nur noch um etwa sechs Prozent. Armut betrifft laut der WHO jedoch immer noch die Hälfte der Bevölkerung. 80 Prozent der Haushalte leben von weniger als einem Dollar pro Haushaltsmitglied. Das Land ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert. Die in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban haben sich nach Einschätzung der UN mit einem neuen sogenannten Tugend-Gesetz weiter diplomatisch isoliert. Die Taliban hatten im August auf Anweisung ihres Führers Haibatullah Achundsada ein neues Gesetz erlassen, dass unter anderem die Freiheiten von Frauen in der Öffentlichkeit weiter einschränkt. Es sieht etwa vor, dass Frauen ihren gesamten Körper, einschliesslich des Gesichts, bedecken müssen. Das Gesetz verbietet ihnen ebenfalls das Reisen ohne Begleitung oder das Spielen von Musik. Die Massnahmen sind Teil eines umfassenderen Vorstosses zur Durchsetzung der Taliban-Interpretation des Scharia-Rechts. Taliban bedeutet Schüler. Sie verstehen sich als die rechtschaffenen Schüler Mohammeds.
16.8.24
Drei Jahre nach der Machtübernahme der Taliban leidet die afghanische Bevölkerung unter Hunger und Armut. Fast 24 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, sechs Millionen stehen am Rande einer Hungersnot. Es mangelt an Jobs in Afghanistan, die Wirtschaft lahmt. Das World Food Programme hilft zwar, doch ihm fehlen finanzielle Ressourcen. Die Taliban erwarten sich Hilfe aus dem Ausland.
Außenministerin Baerbock hat die Taliban in Afghanistan scharf kritisiert. „Seit drei Jahren zerstört das menschenverachtende Taliban-Regime jeden Tag die Hoffnung von Millionen afghanischer Frauen und Mädchen auf ein besseres und freieres Leben“, sagte sie anlässlich des dritten Jahrestages der Machtübernahme. In Afghanistan würden Frauen und Mädchen die massivsten systematischen Menschenrechtsverletzungen weltweit erleben.
Die Islamisten haben Frauenrechte drastisch eingeschränkt. Die UN-Kulturorganisation UNESCO kritisierte, die Taliban hätten inzwischen mindestens 1,4 Millionen Mädchen vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen.
3.6.24
Russland und China bewegen sich Schritt für Schritt in Richtung einer vollen diplomatischen Anerkennung des afghanischen Taliban-Regimes.
Am Dienstag 28.5.24 verbreitete Russlands offizielle Nachrichtenagentur Tass ein Video, in dem Präsident Wladimir Putin lässig mit der Hand der Hosentasche erklärt: „Afghanistan hat Probleme, fraglos, das ist allen bekannt.“ Aber die Taliban seien „die Leute, die die Macht haben im heutigen Afghanistan.“ Beziehungen mit ihnen seien „notwendig“.
Bereits am Montag teilten Russlands Außen- und das Justizministerium Putin mit, er könne die Taliban von der Liste der terroristischen Organisationen streichen. Außenminister Sergej Lawrow wies darauf hin, dass Kasachstan dies bereits getan habe. Man warte nun auf eine Entscheidung, so Russlands Afghanistan-Sonderbotschafter Samir Kabulow. Er hatte den Vorschlag am Montag im Fernsehen begründet: Moskau sei an einer Kooperation interessiert, „nicht nur in verschiedenen Wirtschaftssektoren, sondern auch zwischen unseren Strafverfolgungsbehörden“, angesichts „des effektiven Potenzials“ der Taliban, „den ‚Islamischen Staat‘ zu unterdrücken und zu eliminieren“. Bereits zwei Wochen zuvor hatte er erklärt: „Ich will nicht sagen, dass die Taliban unsere Freunde Nummer eins sind, aber sie sind offensichtlich keine Feinde.“
Wie westliche Länder sind sie daran interessiert, dass die national-islamistischen Taliban am Hindukusch weiter die weltweit agierende Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) bekämpfen.
Bisher erkennt kein Land das Taliban-Regime vollumfänglich diplomatisch an. Russland, China und weitere Staaten haben jedoch Botschafter in Kabul. Das ist Teil der russischen und chinesischen Außenpolitik, eine antiwestliche Staatenallianz zu schmieden, wie dies auch bereits in Afrika und Teilen des Balkans sichtbar ist.
Die meisten Staaten Zentralasiens, einige am Golf und auch etwa die Türkei, akkreditierten bereits niederrangigere Taliban-Diplomaten. Auch westliche Länder haben Botschafter für Afghanistan, die aber in Nachbarländern residieren. Die der Schweiz, Japans, Norwegens und Großbritanniens etwa reisen regelmäßig nach Afghanistan. mehr Informationen
13.9.23 Taliban verlangen Reparaturzahlungen von Deutschland für Bundeswehr-Einsatz.
Frauen und Mädchen wurden von Bildung jenseits der sechsten Klasse ausgeschlossen, von den meisten Formen der Beschäftigung und von vielen öffentlichen Orten verbannt. Zudem wurden sie an Kontrollpunkten geschlagen oder belästigt, weil sie keinen Hidschab trugen, wie aus einem Bericht hervorging, den Türk dem Menschenrechtsrat präsentierte. Frauen, die ohne männliche Begleitung Märkte besuchten, sollen zur Umkehr gezwungen worden sein. Angesichts dessen, dass Anwältinnen und Richterinnen nicht mehr praktizieren dürfen, sind Frauen und Mädchen zudem weniger in der Lage, auf juristischem Wege Gerechtigkeit zu erfahren, wie aus dem Bericht hervorgeht.
31.7.23 In Afghanistan hat die Moralpolizei der Taliban Musikinstrumente beschlagnahmt und verbrennen lassen. Ein Foto zeigt wie auf einem brennenden Haufen Dutzende Musikinstrumente, darunter Gitarren, sowie Lautsprecher liegen. Nach ihrer Rückkehr an die Macht im Sommer 2021 haben die Taliban Musik verboten. Diese würde die Jugend in die Irre führen und die Gesellschaft zerstören. Erst vor wenigen Tagen wurden flächendeckend Schönheitssalons im Land geschlossen. Einige Anwendungen seien „unislamisch“, behaupten die Taliban. Das Verbot nimmt vielen Afghaninnen eine der wenigen Einkommensquellen im Land und einen ihrer letzten Freiräume.
20.7.23 Dutzende Frauen haben in der afghanischen Hauptstadt Kabul gegen die Schließung von Schönheitssalons protestiert. Diese war von den Taliban bis Ende Juli angeordnet worden. Kosmetikerinnen und ihre Kundinnen protestierten mit Schildern gegen den geplannten Bann. In einem Video, das im Internet kursierte waren Schüsse zu hören. Mit der Schließung der Schönheitssalons fällt eine der letzten Möglichkeiten für Frauen weg, ihr eigenes Geld zu verdienen. Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 sind Frauen in dem Land fast alle Rechte genommen worden. Sie dürfen weder höhere Schulen noch Universitäten besuchen, mussten ihre Posten in staatlichen Stellen räumen, dürfen sich nicht in Parks und Turnhallen aufhalten und müssen sich in der Öffentlichkeit komplett verschleiern und müssen von männlichen Vertretern begleitet werden. Das Verbot der Schönheitssalons begründeten die Taliban damit, dass der Islam diese verbiete. mehr Informationen
28.5.23 Afghanistan greift den Iran an
An der iranisch-afghanischen Grenze nahe der Stadt Zabol haben sich Taliban-Kämpfer und iranische Grenztruppen am Samstag und Sonntag schwere Gefechte geliefert.
Um die Dürre im Osten Irans abzumildern, versucht das iranische Regime, mehr Wasser aus dem Hilmend-Fluss für sich zu reklamieren: Teheran beruft sich auf ein Abkommen beider Länder von 1973, obwohl die Regierungen im Iran und in Afghanistan seitdem von verfeindeten Islamisten übernommen wurden. Der Streit um das Wasser aus dem Hilmend führte in den letzten Wochen zu gegenseitigen Beschuldigungen der Islamisten-Regime in Teheran und Kabul.
Irans Präsident Ebrahim Raisi drohte der Taliban-Regierung und forderte Kabul auf, einen jahrzehntealten Pakt über die Nutzung des Wassers einzuhalten, der Iran eine jährliche Mindestmenge an Wasser zusichert. Zur Stromgewinnung und Bewässerung der Landwirtschaft wird der mehr als 1000 Kilometer lange Fluss auf afghanischer Seite in der gleichnamigen Provinz Helmand gestaut. Die Taliban erklärten, Dürre und Klimawandel machten es den Behörden unmöglich, ausreichend Wasser ins Nachbarland fließen zu lassen. Nur wenige Tage später veröffentliche Irans Nachrichtenagentur IRNA Satellitenfotos und widersprach der Gruppe.
Für das iranische Mullah-Regime ist nicht nur die Wasserversorgung in der Region eine Bedrohung seiner Herrschaft: Ein Großteil der Bevölkerung in der Grenzregion sind sunnitische Belutschen, die vom herrschenden schiitischen Mullah-Regime seit Jahrzehnten brutal unterdrückt werden.
Der Iran hat nun damit begonnen, Rüstungsgüter an die Grenze zu Afghanistan zu transportieren.
20.2.23 Ursprünglich sollten sie geköpft werden. Allen weiblichen Schaufensterpuppen im Land müssten die Köpfe entfernt werden – oder man müsse sie ganz aus den Fenstern nehmen, so ordnete es lokalen Medienberichten zufolge der »Tugendminister« des Taliban-Regimes kurz nach der Machtübernahme an. Der Befehl berief sich auf eine strenge Interpretation des islamischen Gesetzes: Statuen mit menschlichen Zügen seien verboten, da man sie als Götzen verehren könne. Besitzer von Bekleidungsgeschäften protestierten gegen den absurden Befehl: Wie sollten sie ihre Kleider ohne Mannequins präsentieren? Wieso sollten sie ihre teuren Puppen zerstören? Die Taliban schwächten ihre Anordnung schließlich ab: Statt abgeschlagen mussten die Köpfe nun nur noch verhüllt werden. Seither ist Kabuls Einkaufsstraße Lycee Maryam Road zu einer Art Schreckensgalerie der weiblichen Unterdrückung geworden: In den Schaufenstern stehen Puppen mit schwarzen Müllsäcken oder Plastiktüten über dem Kopf, Bilder, die an Folterszenen erinnern. Andere Mannequins tragen bunte, glitzernde Abendkleider – und mit Alufolie verdeckte Gesichter, was ihnen einen alienartigen Anschein verleiht. Eine afghanische Frau sagt zu spiegel: »Ich sehe mich selbst in diesen Fenstern, eine afghanische Frau, der man all ihre Rechte genommen hat.«
Seit der Machtübernahme durch die Taliban ist die afghanische Wirtschaft eingebrochen, fast die gesamte Bevölkerung lebt in Armut.
Die Taliban schränkten den Radius von Frauen und Mädchen rapide ein: Sie verbannten Mädchen ab der sechsten Klasse aus den Schulen, Frauen verboten sie das Studieren. Die meisten Berufe sind für Frauen nun nicht mehr erlaubt – was viele in bittere Armut stürzt. Auch einige NGOs und internationale Organisationen dürfen in Afghanistan keine Frauen mehr beschäftigen. Männliche Ärzte dürfen keine Frauen mehr behandeln, also ist ihre medizinische Versorgung kaum mehr gewährleistet. Frauen müssen sich verhüllen, dürfen in der Regel nur mit einem männlichen Vormund reisen – und in einigen Regionen nur noch an der Seite eines Mannes und nur an bestimmten Tagen überhaupt das Haus verlassen. mehr Informationen
Am Samstag, 24.12.22, hatte das afghanische Wirtschaftsministerium in einem Schreiben gefordert, Mitarbeiterinnen aller nationalen und internationalen NGOs bis auf Weiteres von ihrer Arbeit zu suspendieren. Grund dafür sei, dass die Frauen die Vorschriften der Taliban-Führung in Bezug auf das Tragen eines Hidschabs, also eines Kopftuchs, nicht einhielten. Komme eine Organisation dieser Anordnung nicht nach, werde ihre Lizenz entzogen, hiess es in dem Schreiben.
Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Islamisten Frauenrechte in Afghanistan massiv eingeschränkt. Viele Frauen durften nicht mehr zu ihren Arbeitsplätzen zurückkehren. Mädchen und Frauen sind mittlerweile vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen. Am Dienstag haben die Taliban Frauen von allen Hochschulen verbannt.
Update 21.12.22 Frauen in Afghanistan dürfen nicht mehr studieren. Bewaffnete Sicherheitskräfte überwachen in Kabul nun die Universitäten. «Wir sind am Ende, jetzt haben wir alles verloren», sagte eine junge Frau, die ihren Namen nicht nennen wollte, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP in der afghanischen Hauptstadt. Das Verbot der radikalislamischen Taliban löste weltweit Empörung aus. Der afghanische Hochschulminister hatte am Dienstag, 20.12.22, alle staatlichen und privaten Universitäten angewiesen, «den genannten Erlass für die Suspendierung von Bildung für Frauen bis auf weiteres umzusetzen». Vor weniger als drei Monaten hatten tausende Mädchen und Frauen im ganzen Land Aufnahmeprüfungen für Universitäten absolviert. Viele von ihnen wollten Lehramt oder Medizin studieren.
Update 6.8.22 Die Ermordung des meistgesuchten Terroristen im Herzen der afghanischen Hauptstadt hat eine düstere Wahrheit ans Licht gebracht, die Biden nicht länger schönreden kann: Unter den Taliban breiten sich in Afghanistan wieder globale Terrorgruppen wie die Kaida und der IS aus. Es geschieht also genau das, was die USA mit ihrem fragwürdigen Abkommen mit den Taliban verhindern wollten.
Vordergründig ist die Tötung von Aiman al-Zawahri für den amerikanischen Präsidenten ein grosser Erfolg. Der Chef der Kaida ist mit einem Drohnenangriff wie aus dem Lehrbuch ausgeschaltet worden. Hellfire-Raketen trafen ihn auf dem Balkon einer Villa in Kabul, in der er sich mit seiner Familie versteckt hatte – eine präzise amerikanische Operation, die keine weiteren Opfer forderte. Joe Biden verkauft diese denn auch als Beweis dafür, dass er recht hatte, als er behauptete, Washington könne seine Feinde am Hindukusch bekämpfen, ohne dort Truppen stationiert zu haben.
Die einzige konkrete Zusage der Taliban in dem Abkommen mit der Regierung von Donald Trump 2020 war, dass sie die Kaida und den IS bekämpfen würden. Auch Trumps Nachfolger Biden, der den im Gegenzug versprochenen Truppenabzug umsetzte, schien dieses Versprechen ernst zu nehmen. Dabei war klar, dass die Taliban die engen personellen und ideologischen Verbindungen zur Kaida nicht kappen würden.
Spätestens jetzt sollte nun auch den letzten Zweckoptimisten klar geworden sein, dass die Taliban den Deal mit Washington nie ernst genommen haben.
23.6.22 Taliban-Sprecher aktualisiert: Etwa 1.500 Tote und etwa 2.000 Verletzte bei dem Erdbeben in Afghanistan.
22.6.22 Die afghanisch-pakistanische Grenzregion ist von einem heftigen Erdbeben erschüttert worden. Mindestens 920 Menschen sind nach offiziellen Angaben ums Leben gekommen. Pakistanische Behörden gaben das Beben am späten Dienstagabend (Ortszeit) mit einer Stärke von 6,1 an. Die US-Erdbebenwarte (USGS) vermeldete die Stärke 5,9 sowie ein etwas schwächeres Nachbeben. Demnach befand sich das Zentrum des Bebens rund 50 Kilometer südwestlich der Stadt Chost nahe der Grenze zu Pakistan in rund zehn Kilometern Tiefe. Gespürt haben soll man das Erdbeben laut dem European-Mediterranean Seismological Centre über 500 Kilometer in Afghanistan, Pakistan und Indien, berichtet die «BBC».
22.5.22 Am Donnerstag 19.5.22 hatte der Nachrichtensender berichtet, dass Journalistinnen in Afghanistan einer Anordnung der Taliban zufolge ihre Gesichter künftig vollständig bedecken müssen. Nur die Augen der Journalistinnen dürften zu sehen sein, bestätigte ein afghanischer Medienvertreter. Das sogenannte Ministerium für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters hatte auf einen Erlass von Taliban-Anführer Hibatullah Achundsada alle TV-Journalistinnen angewiesen, ab Samstag 21.5.22 nur noch mit bedeckten Gesichtern aufzutreten. Die Journalistinnen von TOLOnews nahmen das nicht hin und zeigten sich am Samstag mit unbedecktem Gesicht. „Wir haben uns gewehrt, wir wollten keine Masken tragen“, sagte die Moderatorin Sonja Niasi der Nachrichtenagentur AFP. „Aber TOLOnews wurde unter Druck gesetzt.“ Niasi zufolge sollte der Sender Journalistinnen, die sich widersetzten, entweder versetzen oder entlassen. Afghanische Fernsehsender haben wegen einer Anordnung bereits Filme und Serien aus dem Programm gestrichen, in denen Frauen eine Rolle spielten.
7.5.22 Taliban-Chef Hibatullah Achundsada hat den Frauen in Afghanistan das Tragen einer Burka in der Öffentlichkeit vorgeschrieben. Sie sollten die Ganzkörperbedeckung tragen, «da dies traditionell und respektvoll ist», erklärte Achundsada in einem Erlass am Samstag, 7. Mai 2022. Eine Burka bedeckt auch die Augen der Trägerin mit einer Art Gitter aus Stoff. Es ist die bislang strikteste Einschränkung für das Leben afghanischer Frauen seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im vergangenen August.
24.4.22 Die Taliban sagen, sie hätten den IS besiegt, aber die Gruppe bleibt eine ernsthafte Sicherheitsherausforderung für Afghanistans neue Machthaber. Ein weiterer tödlicher Selbstmordanschlag in einer Moschee vor dem dritten Freitag im Ramadan hinterließ Dutzende von Toten. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) räumte den Anschlag ein.
21.4.22 Afghanistan: Laut einer Regierungsquelle in Kabul wurden bei einem Terroranschlag in der Stadt Mazar-i-Sharif mindestens 22 Menschen getötet und 32 verletzt. Der IS übernahm die Verantwortung für den Angriff.
18.2.22 Weil ein Paar in Afghanistan Sex vor der Ehe hatte, wurde es gesteinigt. Wegen einer ausserehelichen Liebesbeziehung sind in der Provinz Badachschan im Nordosten Afghanistans eine Frau und ein Mann zu Tode gesteinigt worden. Das bestätigten zwei Behördenvertreter der militant-islamistischen Taliban aus der Provinz der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Die beiden Personen hätten gestanden, «zwei oder drei Mal» miteinander geschlafen zu haben, sagte einer der beiden Offiziellen. Es habe keine Zweifel daran gegeben, dass sie eine «illegale Beziehung» geführt hätten. Daher hätten sie gesteinigt werden müssen und seien nun tot. Die Zeitung «Hasht-e Sobh» berichtete, die Steinigung habe am Montag öffentlich auf Anordnung eines Taliban-Kommandeurs stattgefunden.
4.2.22 Die Taliban versuchen das Opium im Land unter Kontrolle zu bekommen. Taliban-Kämpfer sammeln Drogensüchtige auf der Straße ein und sperren sie für drei Monate in alte Spitäler ein. Dort gibt es kaum zu Essen und dreimal so viele Menschen wie Betten. Tausende werden unter schlimmsten Bedingungen so gleichzeitig zum kalten Entzug gezwungen. In Afghanistan werden rund 80 Prozent des weltweit konsumierten Opiums und Heroins produziert. Die Taliban profitieren dabei zwar kräftig mit, haben aber bei ihrer Machtübernahme gleichzeitig angekündigt, dem Drogenproblem unter den eigenen Leuten Herr zu werden. Ein Journalist von «Denmark Radio» besuchte jüngst ein solches «Rehabilitationszentrum». Der Bericht ist schockierend. Das Elend und der Hunger seien so groß, dass die Drogensüchtigen Gras oder Tiere wie Ratten oder Katzen essen, um etwas im Magen zu haben.
2.2.22 Die Versorgungslage ist dramatisch. 75 Prozent des afghanischen Staatshaushaltes bestanden aus Hilfen, und diese Milliarden stehen jetzt nicht mehr zur Verfügung. Hinzu kommt die durch den jahrelangen Bürgerkrieg marode Infrastruktur und die Dürre letztes Jahr. Erschwerend kommt hinzu, dass die Spendenbereitschaft für Afghanistan nur noch sehr gering ist. Es gibt aber auch Dinge, die sich verbessert haben. So muss man etwa weniger Angst haben, dass immer und überall eine Bombe hochgehen kann. Es gibt auch Regionen, in denen kaum Veränderungen spürbar sind, weil die Taliban dort schon immer waren.
22.1.22
Mindestens sieben Menschen sind bei einer Explosion in der westafghanischen Provinz Herat ums Leben gekommen. Weitere neun Menschen seien bei dem Vorfall in der gleichnamigen Stadt verletzt worden, sagte der Leiter eines regionalen Krankenhauses am Samstag (22. 1.) der Deutschen Presse-Agentur. Bei den meisten Verletzten handele es sich um Frauen. Ein Sprecher der Provinzpolizei teilte mit, die Explosion sei durch eine an einem Kleinbus angebrachte Bombe ausgelöst worden. Ein Team sei für weitere Untersuchungen vor Ort. Bislang hat sich keine Gruppierung zu dem Vorfall bekannt.
Die Religionspolizei der Taliban hat damit gedroht, Mitarbeiterinnen von Nichtregierungsorganisationen in einer ländlichen Provinz Afghanistans zu erschießen, wenn diese keine Burka tragen. Die Taliban kündigten demnach unangemeldete Kontrollbesuche in den Büros an und verlangte zudem, dass die Frauen von einem männlichen Vormund zur Arbeit begleitet werden. In einer schriftlichen Mitteilung an die NGOs wurden die Frauen ebenfalls aufgefordert, vollverschleiert zur Arbeit zu kommen; mit dem Tod wurde ihnen aber darin nicht gedroht.
In ihrem verzweifelten Bestreben nach internationaler Anerkennung, um eingefrorene Vermögenswerte freizusetzen, haben die Taliban weitgehend darauf verzichtet, ihre Innenpolitik zu veröffentlichen, die im Ausland Empörung hervorrufen würde.
Am Freitag organisierten die Taliban in der Hauptstadt eine Demonstration mit rund 300 Männern, die „Wir wollen die Scharia“ skandierten.
Anfang dieses Monats wurden in Cafés und Geschäften in Kabul Plakate angebracht, auf denen afghanische Frauen aufgefordert wurden, sich zu bedecken, mit einem Bild der Burka.
Mehrere Aktivisten sagten der AFP, sie seien diese Woche in der Hauptstadt untergetaucht, nachdem eine Reihe von Razzien zur Festnahme von drei Frauen geführt hatte.
5.1.22 Enthauptung von Schaufensterpuppen
Das Taliban-Regime hat die Enthauptung von bekleideten Schaufensterpuppen in Geschäften unter dem Vorwand angeordnet, dass es sich bei diesen Köpfen um „Statuen“ handelt. Ein Vertreter des Ministeriums zur Erhaltung der Tugend bezeichnet die Puppen als Götzenbilder, die verschwinden müssten.
Zuletzt etwa wurden Autofahrer angewiesen, im Fahrzeug keine Musik abzuspielen. Zudem sollen Frauen ohne männliche Begleitperson nicht weiter als 45 Meilen (etwa 72 Kilometer) reisen dürfen. Immer noch sind die meisten weiterführenden Schulen für Mädchen geschlossen. Frauen können in vielen Fällen nicht mehr zurück an ihre Arbeitsplätze.
Die chinesischen Minenunternehmen loten die Möglichkeiten in Afghanistan aus, um von den reichen Lithium- und Kupfervorkommen zu profitieren, wie die „Financial Times“ schreibt. Laut Bloomberg werden die Vorkommen an Bodenschätzen auf einen Wert von einer Billion Dollar oder noch mehr geschätzt. Darunter befindet sich auch ein Lithiumvorkommen das von einigen Experten als das größte Vorkommen weltweit eingeschätzt wird.
Chinas Bemühungen, sich die Abbaurechte zu sichern, kommen den Taliban in ihrer desaströsen finanziellen Situation gerade recht. Auch versprechen sich die Taliban von China durch eine etwaige Zusammenarbeit zumindest mittelfristig die Anerkennung als legitime Regierung. Bisher hat kein Land der Welt die Taliban-Regierung offiziell anerkannt.
Die Situation ist laut Fachleuten des japanischen Beratungs- und Wirtschaftsforschungsunternehmen Nomura äußerst heikel. Das Institut hält es für „unwahrscheinlich“, dass die großen Lithiumkonzerne in Afghanistan investieren werden. In den Konzernen gäbe es große Bedenken in Bezug auf Umwelt- , Sozial- und Verwaltungs- bzw. Regierungsprobleme, werden Nomura-Fachleute von der „FT“ zitiert. Bei einem Engagement in der derzeitigen unsicheren Lage in Afghanistan müssten sie um ihren Ruf fürchten, so der Tenor.
Leicht könnten die Unternehmen dann auch zwischen die Fronten bei Auseinandersetzungen kommen bzw. auch Mitarbeiter als Geiseln genommen werden. Peking will laut Bloomberg seinen Einfluss in der Region ausbauen und verhindern, dass sich militante Islamisten und Flüchtlinge über die Grenzen Afghanistans hinaus ausbreiten.
Experten sind jedoch skeptisch, dass Afghanistan in nächster Zeit tatsächlich Minenprojekte mit China abschließen wird. Afghanistan sei keine Schatzkiste, die es nur zu heben gelte, so eine Analyse des US-Politmagazin „Foreign Policy“. Chinesische Firmen könnten die Metalle auch teils viel einfacher aus anderen Quellen bekommen. Damit würden sich diese Unternehmen auch die bekannten Risiken und das „dazugehörige Kopfweh, das bei Geschäften mit Afghanistan immer dabei ist“, ersparen, so „FP“.
Der Reichtum an Bodenschätzen in dem Land sei nur ein „theoretischer“. Zwar sei es durch die Nähe zu Afghanistan für chinesische Firmen interessant zu investieren, die Rohstoffvorkommen seien allerdings oft in unzugänglichen Gebieten mit so gut wie keiner bwz. einer hoffnungslos veralteten Infrastruktur, so „FP“. mehr Informationen
13.12.21 „Die Taliban-Herrschaft der 90ern IST dieselbe wie heute“, sagt ein Afghane, der seinen Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen möchte. 80 Prozent der Fächer wurden mit islamischen Inhalten gefüllt. Die Taliban warten darauf, dass sie von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt werden. Wenn sie diese nicht bekommen, dann wird es hier noch schlimmer werden. Große Protest-oder Widerstandbewegung gegen die Taliban gibt es nicht. Wer in die Opposition zu den Taliban gehen möchte, schließt sich dem Daesh-K an. Und der wächst in Afghanistan, von Tag zu Tag. Die Sicherheit in Afghanistan wird jetzt nicht mehr bedroht durch die Taliban, sondern durch den afghanischen Ableger des IS- Daesh-K. (Natalie Amiri)
Berühmt ist der Ausspruch von Alexander dem Großen, dass es leicht sei, in Afghanistan einzumarschieren, aber schwer, wieder hinauszugelangen.
Viele Afghaninnen haben die Behauptung, Frauen könnten nicht lehren, lernen, forschen, erfinden, heilen und erschaffen, widerlegt. Nun werden sie wieder ins Dunkle gezwungen, vor Blicken versteckt, ihre Talente ihrem Land und ihren Gemeinschaften vorenthalten; aber das, was sie bereits wissen, lässt sich nicht mehr auslöschen. Aber die afghanischen Frauen selbst haben gesagt: „Wir sind noch da!“ Das allein ist eine Aussage von Gewicht. Margaret Atwood
6.12.21
Die Taliban haben Frauenhäuser und andere Schutzeinrichtungen für Opfer häuslicher Gewalt geschlossen. Opfer häuslicher Gewalt könnten sich an die Gerichte wenden, so die Islamisten. Dies heisst es in einem von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Montag veröffentlichten Bericht. Demnach schlossen die Taliban einerseits Frauenhäuser und entliessen gleichzeitig Häftlinge aus den Gefängnissen. Viele davon waren wegen geschlechtsspezifischer Gewaltdelikte verurteilt worden. Ehemalige Bewohnerinnen von Frauenhäusern sowie Mitarbeiter von Schutzeinrichtungen sowie an den Schutzdiensten beteiligte Anwälte, Richter oder Regierungsbeamte, seien nun in Gefahr. In Afghanistan erleben UN-Angaben zufolge neun von zehn Frauen in ihrem Leben mindestens eine Form von Gewalt in der Partnerschaft. Taliban-Sprecher Suhail Schahin sagte AI, dass es im Islam keinen Platz für Gewalt gegen Mädchen und Frauen gebe.
3.12.21 Taliban veröffentlichen Erlass zu Frauenrechten
In einem am Freitag, 3.12.21, veröffentlichten Erlass wiesen die Taliban Organisationen, religiöse Gelehrte und Älteste an, ernsthafte Maßnahmen zur Durchsetzung von Frauenrechten zu ergreifen. Wörtlich heißt es darin: «Eine Frau ist kein Eigentum, sondern ein edler und freier Mensch.» In dem Erlass wird als eines der Rechte angeführt, dass niemand eine unverheiratete Frau oder eine Witwe zur Heirat zwingen dürfe. Auch dürfe niemand Frauen im Austausch für Frieden oder zur Beendigung einer Feindseligkeit irgendjemandem zur Verfügung stellen. Witwen hätten zudem einen Anspruch auf ein Erbe sowie auf eine Brautgabe, sollten sie wieder heiraten. In dem neuen Dekret gibt es keine Angaben zu Rechten von Frauen bezüglich Bildung oder Arbeit. Die meisten weiterführenden Schulen für Mädchen sind geschlossen.
30.11.21 Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sind seit der Machtübernahme der militant- islamistischen Taliban in Afghanistan zahlreiche ehemalige Sicherheitskräfte der Regierung verschwunden oder exekutiert worden. Taliban-Kräfte hätten in vier der 34 Provinzen des Landes mehr als 100 ehemalige Soldaten, Polizisten oder Geheimdienstler hingerichtet oder verschwinden lassen, heißt es in dem am Dienstag, 30.11.21, veröffentlichten Bericht. «Die von den Taliban versprochene Amnestie hat lokale Kommandeure nicht davon abgehalten, ehemalige Sicherheitskräfte zu exekutieren», sagte Patricia Gossmann, Leiterin der Asien-Abteilung bei HRW. In einer Antwort auf die Ergebnisse des HRW-Berichts hätten die Taliban erklärt, dass sie 755 für Übergriffe verantwortliche Mitglieder entlassen und Militärtribunale für Mord, Folter und rechtswidrige Festnahmen eingerichtet hätten. Informationen zur Untermauerung ihrer Behauptung seien jedoch nicht vorgelegt worden.
In Afghanistan wird die humanitäre Lage immer prekärer. Die radikal-islamischen Taliban scheinen der Lage nur bedingt gerecht zu werden. Jetzt haben sie sogar beim Betreiben der Flughäfen um Hilfe gebeten. Die Taliban haben nach EU-Angaben von der Europäischen Union Hilfe erbeten, um den Betrieb afghanischer Flughäfen aufrechtzuerhalten. Zugleich habe die afghanische Delegation bei dem Treffen in Doha bekräftigt, ausreisewilligen Afghaninnen und Afghanen sowie Ausländern die Ausreise zu garantieren, teilte die EU mit. Die afghanische Delegation bekannte sich laut EU zu den Menschenrechten, darunter Minderheitenrechten und Pressefreiheit „in Übereinstimmung mit islamischen Prinzipien“. In der EU-Erklärung hieß es weiter, dass die Taliban ihr Versprechen einer „Amnestie“ für Afghanen einhalten wollen, die vor der Machtübernahme der Islamisten im August gegen die Taliban gearbeitet hatten. Dazu gehören beispielsweise Sicherheitskräfte und Mitarbeiter der internationalen Streitkräfte in Afghanistan. Die EU führt aber ihre humanitäre Hilfe im Land fort.
22.11.21 Die Taliban haben weitreichende Einschränkungen für Fernsehinhalte verhängt. TV-Sender dürften keine Filme oder Serien mehr zeigen, in denen Frauen eine Rolle spielten oder die der islamischen Scharia oder afghanischen Werten widersprächen, heißt es in einer Anweisung des Ministeriums für die Förderung der Tugend und Verhütung des Lasters, die an die Fernsehsender ausgegeben wurde. Der Sprecher des Ministeriums, Mohammed Sadik Asif, bestätigte am Montag (22. 11.) die Direktive. Weiter erlaubt ist der Auftritt von Moderatorinnen oder Reporterinnen, allerdings müssten diese den islamischen Hijab tragen. In Afghanistan sind vor allem türkische, indische und iranische Seifenopern beliebt.
14.11.21 Bei einer Explosion in einer Moschee in der Provinz Nangarhar in Afghanistan sind mindestens drei Menschen getötet worden. Die Detonation am Freitag 12.11.21 habe mindestens 15 weitere Menschen verletzt, sagte ein Arzt eines örtlichen Krankenhauses der Nachrichtenagentur AFP. „Ich kann eine Explosion während des Freitagsgebets in einer Moschee im Bezirk Spin Ghar bestätigen“, sagte ein Vertreter der in Afghanistan regierenden islamistischen Taliban.
Nach Angaben eines der Ortsältesten, Walli Mohammed, war wohl in einem Lautsprecher der Moschee eine Bombe versteckt. Als der Lautsprecher für das Gebet eingeschaltet wurde, sei der Sprengsatz explodiert, sagte er zu AFP. Zu diesem und weiteren Anschlägen bekannte sich der mit den Taliban verfeindete afghanische Ableger der Dschihadisten-Miliz „Islamischer Staat“ (IS-K). Der IS-K war 2015 erstmals in Erscheinung getreten, damals in der Region Nangarhar im Osten des Landes in der Nähe zu Pakistan.
Es wurde bekannt, dass in Afghanistan ein Todesschwadron (Taliban-Attentat) operiert, das systematisch Afghanen vernichtet, die im Auftrag der vorherigen Regierung handelten. Eine amerikanische Organisation, die bei der Rettung von Zivilisten aus Afghanistan hilft, berichtet von entsetzlichen Morden an Regierungsbeamten, Frauen und Männern.
3.11.21 Der IS bekannte sich zu einem kombinierten Angriff vom 2. November 2021 auf das Militärkrankenhaus Sardar Muhammad Daoud Khan in Kabul. Laut einer ISIS-Erklärung verübten fünf Terroristen der Organisation einen kombinierten und geplanten Angriff auf dieses Krankenhaus, das von den Taliban betrieben wird. Anfangs sprengte ein ISIS-Selbstmordattentäter den Sprengstoffgürtel, den er an seinem Körper trug, inmitten einer Konzentration von Taliban-Aktivisten vor dem Tor des Krankenhauses, und viele von ihnen wurden getötet oder verletzt. Dann erreichte ein zweiter IS-Terrorist das innere Eingangstor, erschoss den Wachmann mit einer Waffe und schnappte sich das Gewehr des Wachmanns. Zu diesem Zeitpunkt drangen drei weitere IS-Terroristen vom selben Eingangstor in das Krankenhaus ein und begannen sofort auf Taliban-Aktivisten zu schießen, wobei viele von ihnen getötet wurden. Parallel zum Schusswechsel zündete der IS eine Autobombe, die gegen Taliban-Patrouillen geparkt war, und viele von ihnen wurden getötet oder verwundet.
Die Zahl der Familien, die ihre Kinder verkaufen, steige täglich, erklärt der Menschenrechtsaktivist Mohammad Naiem Nazem. «Die Familien fühlen sich dazu gezwungen, da sie zu wenig Nahrung und Arbeit haben.» In Afghanistan ist es illegal, Kinder unter 15 Jahren zu verheiraten. Trotzdem geschieht es vor allem auf dem Lande immer wieder – und das seit Jahren. Rund 3,5 Millionen Menschen sind im Land durch Gewalt und Konflikte vertrieben worden.
2.11.21 In der Nähe des Militärkrankenhauses Sardar Muhammad Daoud Khan in Kabul, dem größten seiner Art im Land, wurde ein kombinierter Selbstmordanschlag verübt. Am ersten Kontrollpunkt am Krankenhauseingang explodierte zunächst ein Selbstmordattentäter, dann sprengte sich ein zweiter Selbstmordattentäter in der Nähe des Krankenhauses in die Luft. Weitere Terroristen tauschten Feuer mit Taliban aus, die den Ort sicherten. Die Taliban gaben an, dass es bisher mindestens 19 Tote und vierzig Verletzte gab. Offenbar wurde dieser kombinierte Angriff von ISIS durchgeführt.
Jetzt schalten die Taliban im eroberten Afghanistan die Musik aus. Auf einer Hochzeit haben sie 13 Personen getötet, die Musik gehört hatten. Das berichtet der abgesetzte Vizepräsident Amrullah Saleh (49) auf Twitter. Saleh schrieb: «Taliban-Milizionäre haben 13 Personen massakriert, um die Musik auf einer Hochzeitsfeier in Nangarhar zum Schweigen zu bringen.»
Ende August verboten die Taliban in der afghanischen Stadt Kandahar Musik und weibliche Stimmen in Fernsehen und Radio. Am 4. September schlossen bewaffnete Taliban laut indiatoday.in das Afghanistan National Institute of Music. Laut Berichten wurde auch der afghanische Volkssänger und Laute-Spieler Fawad Andarabi in der letzten Augustwoche von einem Taliban-Kämpfer im Andarabi-Tal erschossen. In der ersten Septemberwoche haben die Taliban zwei Flügel und andere Musikinstrumente in den staatlichen Aufnahmestudios von Kabul zerstört.
In einem Interview mit der «New York Times» sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid (43) im August: «Musik ist im Islam verboten. Aber wir hoffen, dass wir die Menschen davon überzeugen können, solche Dinge nicht zu tun, anstatt sie unter Druck zu setzen.»
16.10.21 Wie erwartet übernimmt die sunnitische Dschihadistenmiliz Islamischer Staat Provinz Chorasan (IS-K) die Verantwortung für den Selbstmordanschlag auf die schiitische Moschee in Kandahar, bei dem über 60 Menschen getötet wurden. Es handelte sich nach Angaben der britischen Expertengruppe für Konflikte bereits um die vierte große Attacke des mit den radikalislamischen Taliban verfeindeten IS-Ablegers seit deren Machtübernahme im August. Selbstmordattentäter Anas Khorasani and Abu Ali Baluchi sprengten sich in verschiedenen Bereichen der Moschee in die Luft.
15.10.21 Bei einem Selbstmordanschlag in einer schiitischen Moschee in Kandahar im Süden Afghanistans sind Dutzende Menschen getötet und verletzt worden. Nach Angaben der Taliban starben mindestens 47 Menschen. Mehr als 70 weitere seien verletzt worden. Örtlichen Medienberichten zufolge ereignete sich die Explosion während des Freitagsgebets. Erst am vergangenen Freitag waren bei einem Anschlag auf eine Moschee der schiitischen Minderheit in der nördlichen Stadt Kundus im Norden Afghanistans mehr als 40 Menschen getötet und mehr als 140 verletzt worden.
8.10.21 Muhammad der Uigure war der Selbstmordattentäter des IS, der am 8. Oktober 2021 den Anschlag auf die schiitische Hazara-Moschee in Kunduz verübte. Die Hazara sind Mitglieder der schiitischen Minderheit in der Land (20%). Über 46 Männer, Frauen und Kinder wurden bei diesem Selbstmordattentat getötet und 140 verletzt. Uiguren sind eine muslimische Minderheit in China. Es gibt rund 12,8 Millionen.
8.10.21
In der Provinz Kundus im Norden Afghanistans sind bei einer Explosion in einer schiitischen Moschee um die 50 Menschen ums Leben gekommen und weitere verletzt worden. Der afghanische Journalist Saki Darjabi schrieb auf Twitter, unbestätigten Berichten zufolge handle es sich um einen Angriff durch einen Selbstmordattentäter. Die IS bekannte sich zum Anschlag. Afghanistan ist frei vom Westen, jetzt beginnen die innermuslimischen Konflikte.
28.9.21 Gegenüber einer skeptischen westlichen Welt behaupteten die Taliban, dass die neue Regierung inklusiv sein würde, dass man die Rechte der Frauen auch unter dem Scharia-Gesetz schütze, und dass Journalisten und Journalistinnen in Afghanistan weiter innerhalb des „kulturellen Rahmens“ der islamistischen Terrorgruppe arbeiten könnten. Alle drei Versprechen interpretieren sie völlig anders als der Westen. Die Frau ist geschützt, indem sie Zuhause bleibt und die Schule mit dem 12 Lebensjahr aufhört. Journalisten dürfen keine Frauen mehr fotografieren und müssen mit Strafen rechnen, wenn sie etwas gegen ihren kulturellen Rahmen berichten. Inklusive bedeutet, alle folgen dem Islam ihrer Interpretation.
Die Taliban verschärfen nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan ihren Kurs deutlich. Die Taliban haben Barbieren in der Provinz Helmand im Süden Afghanistans das Stutzen und Rasieren von Bärten verboten. Dies entspreche der Scharia, dem islamischen Gesetz. „Jeder, der die Vorschriften verletzt, wird bestraft und niemand hat das Recht sich zu beschweren“, heißt es in der Anordnung an die Barbiere.
Neue Regeln gelten offenbar auch an der Universität von Kabul: Der neu Taliban -Rektor schließt bis auf weiteres sowohl Studentinnen als auch weibliche Lehrkräfte von der angesehensten Bildungseinrichtung Afghanistans aus, wie die „New York Times“ berichtete.
Die Taliban kündigten derweil an, in Afghanistan vorübergehend die Verfassung aus der Zeit des 1973 abgesetzten Königs Sahir Schah anzuwenden. Demnach war der König weder dem Volk noch dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Ausgenommen von der alten Verfassung seien Artikel, die dem Islam widersprächen, sagte Taliban-Justizminister Abdul Hakim Scharai einer Erklärung seines Ministeriums zufolge. Die Verfassung von 1964 soll demnach für die Zeit der Übergangsregierung gelten. Wahlen haben die Taliban seit ihrer Machtübernahme Mitte August nicht in Aussicht gestellt. Ihre derzeit fast 50 Mitglieder umfassende Übergangsregierung besteht nur aus Männern aus dem Umfeld der Taliban.
Die Deutsche Welle sendet jetzt auf Kurzwelle tägliche Radioprogramme für Afghanistan. Falls das Internet abgeschaltet werde, könne man die Menschen so immer noch erreichen, sagte DW-Redakteurin Waslat Hasrat-Nazimi im Dlf. Die Lage vor Ort bleibe gefährlich – warnt auch „Reporter ohne Grenzen“. Die meisten Journalistinnen und Journalisten hielten sich in Verstecken auf, so die deutsch-afghanische Journalistin, die bei der DW verantwortlich für die Afghanistan-Berichterstattung ist, „falls sie nicht das Land schon verlassen haben“. Journalistinnen und Journalisten vor Ort müssten unter den Taliban um ihr Leben fürchten und sollten so schnell und unbürokratisch wie möglich Afghanistan oder unsichere Drittländer verlassen können, forderte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Um international anerkannt zu werden, geben sie vor, die Meinungs- und Pressefreiheit zu achten“, sagte Wahid Payman, der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung „Hasht e Subh“ . Man habe aber „Hunderte an Beweisen, dass es nicht so läuft“. Besonders dramatisch sei die Lage in den Provinzen, wo Medienschaffende noch massiver als in Kabul bedroht, geschlagen und auch gefoltert würden. Fast alle hätten mittlerweile die Arbeit eingestellt. mehr Informationen
Am Sonntag, 26.9.21, kündigte Qari Mohammad Yusuf Ahmadi, der Interimsdirektor des Medieninformationszentrums des Taliban-Regimes, neue Grundsätze für die journalistische Berichterstattung an. Wer als Reporterin oder Journalist arbeiten will, muss sich nun an elf Regeln halten. Die ersten drei Medienregeln schreiben eine islamkonforme Berichterstattung vor, die „keine führenden Persönlichkeiten des Landes beleidigt“ oder die „Privatsphäre verletzt“. Die Regeln sieben und acht ermöglichen eine Nachrichtenkontrolle, da „Inhalte, die sich negativ auf die Öffentlichkeit auswirken oder die Moral beeinträchtigen könnten, bei der Ausstrahlung oder Veröffentlichung sorgfältig zu behandeln“ sind. Des Weiteren soll es ein „gesondertes Formular“ geben, nach dem journalistische Artikel in enger Absprache in Form von „ausführlichen Berichte“ mit dem Medieninformationszentrum der Taliban erstellt werden sollen. Die Formulierungen lassen ein breites Spektrum von Interpretationen zu. „Für die Zukunft der journalistischen Unabhängigkeit und der Medienvielfalt in Afghanistan verheißen die Taliban-Medienregeln nichts Gutes. mehr Informationen
27.9.21 «Jeder dritte Afghane weiss nicht, woher seine nächste Mahlzeit kommen wird», sagt UN-Generalsekretär António Guterres. «Mehr als die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren wird im nächsten Jahr voraussichtlich akut unterernährt sein.» Gerade in den Flüchtlingslagern in Afghanistan sei die Versorgungslage dramatisch, sagt die für Afghanistan zuständige Regionaldirektorin des UN-Welternährungsprogramms (WFP) Anthea Webb. In den Flüchtlingslagern gibt es weder fliessendes Wasser noch Elektrizität. Den Flüchtlingen fehlt es an fast allem.
Die Landwirtschaft Afghanistans florierte einst durch ein ausgeklügeltes unterirdisches Bewässerungssystem, das Wasser aus den Bergen transportierte und so die Felder der Landwirte versorgte. Dadurch wurde vermieden, dass Wasser in der Hitze verdunstete. Doch nur noch wenige dieser Systeme, Karez genannt, sind noch funktionsfähig. Die meisten wurden zerstört oder sind wegen des Jahrzehnte dauernden Konflikts zerfallen. Die Einwohnerzahl Afghanistans ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Die Nahrungsmittelproduktion konnte mit diesem Wachstum nicht mithalten. Einfuhren schlossen diese Lücke bis anhin.
Asuntha Charles, die Landesdirektorin von World Vision, sagt: «Wir sind erleichtert, dass wir nach Wochen der Ungewissheit, der Not und des Konflikts wieder an die Arbeit gehen können. Wir konzentrieren uns jetzt auf den Wiederaufbau unserer Aktivitäten.» World Vision will insbesondere sicherstellen, dass unterernährte Kinder sofort in Ernährungsprogramme aufgenommen werden.
21.9.21
Die in Afghanistan regierenden Taliban haben Mädchen und Frauen von weiterführenden Schulen ausgeschlossen. In einer Erklärung zum anstehenden Schulstart werden betont nur männliche Lehrer und Schüler aufgefordert, wieder am Unterricht der Sekundarschulen (13-18 Jahre) teilzunehmen, berichtet der britische Sender BBC. Sollten die Mädchen weiter ausgeschlossen werden, bedeute dies für die weibliche Bevölkerung „eine bedeutende Verletzung des Grundrechts auf Bildung“, sagte Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay. Am Freitag 17.9.21 hatten die Taliban Berichten zufolge das Frauenministerium geschlossen. Es ist durch eine Behörde ersetzt worden, die die Einhaltung der religiösen Sitten stärker überwachen solle. Ein derartiges Tugendministerium war während der ersten Taliban-Herrschaft zwischen 1996 und 2001 unter anderem für Auspeitschungen von Frauen verantwortlich.
20.9.21
Taliban-Kämpfer auf Pedalos in Band-e-Amir-Nationalpark in Afghanistan
In der afghanischen Stadt Dschalalabad sind bei einem Bombenanschlag auf ein Fahrzeug mit Taliban-Kämpfern mehrere Menschen verletzt worden. Verletzte Taliban-Kämpfer seien in Krankenhäuser gebracht worden, berichteten örtliche Medien am Sonntag. Nach Angaben eines Reporters ereignete sich der Anschlag in der Nähe eines Verkehrsknotenpunkts in der östlichen Stadt nahe der Grenze zu Pakistan. Erst am Vortag waren in Dschalalabad bei den ersten tödlichen Anschlägen seit dem Abzug der US-Truppen Ende August in Dschalalabad mindestens zwei Menschen getötet worden. Die Taliban und der IS bekämpfen sich, obwohl es sich bei beiden Gruppen um radikale sunnitische Milizen handelt.
Öffentliche Hinrichtungen sind seit der Rückeroberung Afghanistans durch die Radikalislamisten noch keine dokumentiert. Doch in diesen Tagen sind gleich mehrere Menschen auf offener Strasse von Taliban-Schergen ausgepeitscht worden. Darunter zwei Frauen und ein Mann. Der afghanische Journalist Akram Gizabi postet auf Twitter ein Video, wie eine Demonstrantin in Kabul von einem Taliban gepeitscht wird. Ahmad Shah Mohibi, ein früherer Berater der US-Besatzer, zeigt auf Twitter Szenen, wie eine Frau vor umstehenden Taliban ausgepeitscht wird. Dazu seine Worte: «Afghanische Frau schreit vor Taliban, die sie in der Öffentlichkeit auspeitschen.» Mohibi teilt auf Twitter eine weitere Strassenszene in Kabul. Der für die «New York Times», BBC und andere westliche Medien berichtende Journalist Sulaiman Hakemy hat sie gefilmt. Ein Mann ist mit einer Eisenstange an ein Verkehrsschild gekettet. Der Mann schreit und windet sich unter den Schlägen seiner Peiniger. Bei dem öffentlich Gefolterten soll es sich um einen Dieb handeln. Er habe ein Handy gestohlen. Die ganze Welt könne das wahre Gesicht der Taliban und ihre Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen sehen. Das öffentliche Vollziehen der Strafen soll das Opfer nicht nur strafen und demütigen. Solche Szenen gelten im streng-islamischen Raum auch als Unterhaltung – und dienen der Abschreckung.
15.9.21
Seit der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan bilden sich vor den Banken regelmäßig lange Schlangen. Die Menschen versuchen, an ihr Erspartes zu kommen, doch Insider warnen: Bargeld und Dollar sind inzwischen knapp. Weil US-Zahlungen ausbleiben, könnte es zum Kollaps kommen. Angesichts des Ansturms auf die Ersparnisse haben die Finanzhäuser bereits ihre Angebote eingeschränkt und wöchentliche Auszahlungslimits von 200 Dollar verhängt. Ausländische Beobachter zeichnen ein düsteres Bild. „Die Liquiditätskrise hat die Versorgungsketten unterbrochen und den Geld- und Warenfluss zum Stillstand gebracht“, heißt es in einem Bericht, der davor warnt, dass die Wirtschaft um ein Drittel schrumpfen könnte, wenn die Bankenkrise falsch gehandhabt werde. „Viele Unternehmen sind nicht in der Lage, ihre Lieferanten zu bezahlen.“ mehr Informationen
14.9.21
An Afghanistans Universitäten wird es nach einer Ankündigung der neuen Taliban-Machthaber künftig nur noch getrennten Unterricht für Frauen und Männer geben. Frauen sollten wo immer möglich auch von Frauen unterrichtet werden.
Die Taliban halten sich offenbar nicht an die versprochene Amnestie für ehemalige Soldaten und Regierungsbeamte. «Beamte, die für frühere Verwaltungen gearbeitet haben, und ihre Familienangehörigen werden willkürlich festgenommen», sagte Michelle Bachelet, die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen . «In einigen Fällen wurden die Beamten freigelassen, in anderen wurden sie tot aufgefunden.»
Die humanitäre Lage in Afghanistan hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Aufgrund einer langanhaltenden Dürre hat mehr als ein Drittel der Bevölkerung nicht genug zu essen. Laut der internationalen Hilfsorganisation World Vision sind mehr als 2 Millionen Kinder akut von Unterernährung bedroht.
Der Journalist Franz J. Marty in Kabul ordnet im «Tagesgespräch» die Verhandlungsbereitschaft der Taliban ein und beschreibt das Leben unter den Taliban. Nach seinen Wahrnehmungen verhalten sich die Taliban genauso, wie sie es immer gesagt haben. Sie verstehen sich als Sieger und haben noch nie Konzessionen gemacht. Aus ihrer Sicht hat Allah den Sieg gebracht und er wird ihnen auch helfen. Für sie bedeutet das auch, auf dieser Erde zu leiden, damit sie im Paradies entlöhnt werden. Ihre Denkmuster sind anders. Der Westen macht sich falsche Vorstellungen. Die überraschenden Demonstrationen sind sehr klein und nicht repräsentativ. Es gab auch Demonstrationen, welche die Taliban willkommen hießen.
10.9.21
Nach 20 Jahren Kampf haben die Taliban versucht, der Welt ein versöhnliches Gesicht zu präsentieren. Die neuen Machthaber haben ein Problem in ihrer Heimat. Sie müssen die Herzen und Köpfe ihres eigenen Volkes gewinnen. „Die Leute in Kabul hassen sie„, sagte Ahmad, ein Lehrer aus Kabul, mit der Abneigung eines Stadtbewohners gegen raue Kämpfer, die vom Land abstammen. „Sie sollten sie sehen, es sind wild aussehende Menschen, schmutzig, ungebildet mit langen Haaren und schmutziger Kleidung. Sie haben überhaupt keine Manieren.“ „Sie waren noch nie in einer Stadt und viele von ihnen sprechen kein Dari – ebenso wie Paschtu, man hört Arabisch oder Urdu und andere Sprachen“, sagte er. „Sie schlagen Leute auf der Straße mit ihren Waffen. Die Leute haben große Angst vor ihnen.“ Für einige Afghanen hat der Ruf einer schnellen und harten Justiz in einer Stadt, in der neben den regelmäßigen Selbstmordanschlägen der Taliban in den letzten Jahren auch Entführungen, Morde und gewalttätige Raubüberfälle zugenommen haben, Sicherheit gegeben. „Ich kann sehen, dass sich die Sicherheitsbedingungen seit dem Amtsantritt der islamischen Emirat-Regierung geändert haben“, sagte Fahrer Abdul Sattar, der Passagiere rund um den Darul-Aman-Platz fährt. mehr Informationen
Erstmals seit dem endgültigen Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan hat ein ziviler Evakuierungsflug in Kabul abgehoben. Rund 200 Ausländer, darunter auch US-Bürger, werden mit der Maschine nach Doha gebracht, wie die Nachrichtenagentur AFP von einer mit dem Vorgang vertrauten Quelle in der katarischen Hauptstadt erfuhr.
Musikschule in Kabul Afghanistan
Als die Taliban ihre Geige verbrannten, war sie nicht zuhause. Ihrer Mutter hätten sie gesagt: „Wenn wir deine Tochter finden, verbrennen wir auch sie.“ Panisch sei Benaftscha mit zwei Freunden zum Flughafen von Kabul aufgebrochen. Es war der 26. August, der Tag der Selbstmordanschläge, die der IS später für sich reklamierte. Von den drei Freunden überlebte nur Benaftscha. So erzählt sie es.
Auch den afghanischen Musikjournalisten Ahmed Hamid Ehsan, der seit 2017 im Exil in Deutschland lebt, erreichen Hilferufe. Am Telefon berichtet er: „Die Taliban wollen zum Beispiel die Frauen, die gesungen haben, entweder umbringen oder einfach wie eine Sklavin nutzen.
Am Freitag 3.9.21 hat ein Taliban den afghanischen Folksänger Fauad Andarabi erschossen. Das hat sein Sohn der Nachrichtenagentur AP bestätigt. Taliban seien auf ihren Bauernhof im Andarabi -Tal gekommen. Zuvor hatte es in dem Gebiet Aufstände gegen die Machtübernahme gegeben. Zunächst hätten die Taliban das Haus durchsucht und noch mit dem Musiker Tee getrunken. Später habe ein Taliban ihn durch einen Kopfschuss ermordet. mehr Informationen
Die Taliban kündigten im Vorfeld der Regierungsbildung einen gemässigten Kurs an. Man wolle Menschen- und Frauenrechte wahren und achten. Der neuste Entscheid der noch jungen Regierung spricht aber eine andere Sprache. Frauen in Afghanistan dürfen neu keinen Sport mehr treiben. Der Grund für diesen Entscheid? «Im Cricket könnten die Frauen in Situationen kommen, wo ihre Gesichter oder Teile ihrer Körper zu sehen sind. Der Islam erlaubt es nicht, dass Frauen so betrachtet werden können», so Ahmadullah Wasiq der neue Vizechef der Taliban-Kommission für kulturelle Angelegenheiten. Mitte dieser Woche wurde den Frauen in Afghanistan zudem das Recht auf Demonstrationen aberkannt. Auch zur Arbeit dürfen Frauen nicht mehr gehen oder sie erhalten dort kein Gehalt mehr ausbezahlt.
Zwei afghanische Journalisten sagten der Nachrichtenagentur AFP sie seien abgeführt und stundenlang festgehalten und geschlagen worden. Sie hatten zuvor über Proteste berichtet. «Einer der Taliban stellte seinen Fuss auf meinen Kopf und drückte mein Gesicht gegen den Beton. Sie traten mir gegen den Kopf. Ich dachte, sie würden mich umbringen», sagte der Fotograf Nematullah Nakdi der Nachrichtenagentur AFP. Auf die Frage, warum er geschlagen werde, sei ihm gesagt worden: «Du hast Glück, dass du nicht geköpft wurdest.»
Der Abzug aus Afghanistan ist nicht nur das Ende eines 20 Jahre währenden Krieges, sondern der Anfang einer neuen Politik im Nahen und Mittleren Osten. Eine klare Strategie aber gibt es nicht. Mittelfristig hätte man entweder mehr Soldaten schicken müssen – oder rausgehen. Diese kleine Präsenz war nicht nachhaltig. Die USA haben keine Lust mehr, Weltpolizei zu spielen. Auch in Europa herrscht Interventionsmüdigkeit. Das liegt auch daran, dass die Interventionen der vergangenen Jahre nicht von Erfolg gekrönt waren. Trotzdem können wir Europäer es uns nicht leisten, nichts zu tun. Das Debakel in Afghanistan und auch das Ausbleiben von Erfolgen wie in Mali sollte uns mahnen.
Von den Regierungswebsites angefangen über die E-Mail-Server von Verwaltung und Behörden bis hin zum Domain Name System steht die gesamte Internet-Kommunikation in Afghanistan weitgehend unter westlicher Kontrolle. Wie eine aktuelle Untersuchung der britischen Internet-Servicefirma Netcraft zeigt, stehen mehr als die Hälfte der Regierungswebsites (gov.af) nicht auf Servern in Afghanistan, sondern sind vor allem in den USA und Deutschland. Weite Teile „der afghanischen Regierungskommunikation sind für ausländische Geheimdienste so einfach zugänglich“. Bei DNS-Änderungen muss die Zustimmung der bisherigen Service-Dienstleister zwingend eingeholt werden.
Nachdem ein erster Konvoi mit über 100 Christen bereits in Pakistan angekommen ist, hat sich nun eine zweite Gruppe auf den Weg gemacht. Andere fliehen in den Iran, während das Leben für die Christen vor Ort immer schwieriger wird. Die Christen in Pakistan haben zudem die eigene Sicherheit verschärft aus Angst vor neuen Terrorangriffen. Es gibt mehr bewaffnete Wächter vor den Kirchen und Besucher müssen sich ausweisen sowie einen Metall-Detektor durchlaufen.
Auch die Muslime in Afghanistan sehen jetzt den Unterschied zwischen den fanatischen Muslimen und Christen, berichtet ein christlicher Mitarbeiter. «Das Gute ist, dass man jetzt ganz, ganz, ganz klar, klarer denn je den Unterschied zwischen Dunkelheit und Licht sieht. Die Menschen erkennen, wie schlimm es wirklich ist. Sogar meine Nachbarn, die alle Pashto Muslime sind, sagen mir: ‚Es gibt uns Hoffnung, wenn wir dich sehen!‘ Es gibt also Hoffnung. Ja, das Schlimme ist immer noch in den Nachrichten, aber es wachsen auch gute Dinge. Und das wird immer stärker sichtbar.»
8.9.21
Die Taliban kontrollieren nun laut eigenen Angaben ganz Afghanistan. Doch das ganze Volk haben sie nicht hinter sich. Am Dienstag ist es in Kabul und weiteren Städten zu Protesten gegen die radikal-islamische Gruppierung gekommen. Die Taliban beendeten diese mit Gewalt. Die demonstrierenden Frauen und Männer forderten Freiheit und riefen «lang lebe der Widerstand». Zudem kritisierten sie das Nachbarland Pakistan. Diesem wird vorgeworfen, den Taliban bei der Übernahme Afghanistans und den Kämpfen im Pandschir-Tal geholfen zu haben. Die Islamisten sollen es vor allem auf Frauen abgesehen haben. Sie trieben einige in ein Parkhaus und ließen sie stundenlang nicht mehr raus. Auf Videos in den sozialen Medien ist zu sehen, wie Demonstrantinnen mit Kabeln und Stöcken geschlagen werden. Auch ausländische und afghanische Journalisten sowie Fotografen wurden festgenommen, wie «Tolonews» berichtet. Sie wurden nach einigen Stunden wieder freigelassen.
Die militant-islamistischen Taliban haben mindestens zwei Journalisten in der afghanischen Hauptstadt schwer misshandelt. Im Gesicht und am Kopf von zwei Mitarbeitern der Tageszeitung «Etilatrus» seien Dutzende Abdrücke von Kabeln und Peitschen zu sehen, schrieb Herausgeber Saki Darjabai am Mittwoch auf Twitter. Man habe die Kollegen schwach und in einem Zustand der Lethargie ins Büro gebracht. Er teilte zudem ein Bild, auf dem ein Rücken mit schweren Verletzungen zu sehen ist und kommentierte es mit den Worten: «Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was Taliban Journalisten von Etilatrus antaten.» Auf einem Video ist zu sehen, dass ein Journalist nicht mehr selbst laufen kann, auf einem anderen ein weiterer, der zwar alleine steht, aber kaum sprechen kann. Rund zwei Stunden davor hatte Darjabi auf Twitter mitgeteilt, dass fünf seiner Mitarbeiter, darunter der Chefredakteur, von den Taliban festgenommen worden seien, als sie in den nebeneinander liegenden Stadtteilen Pul-e Sorch und Kart-e Tschar über einen Frauenprotest berichten wollten.
2.9.21
Nach dem Abzug der westlichen Staaten aus Afghanistan setzen die Taliban künftig vor allem auf Gelder aus China. Das unterstrich Sabiullah Mudschahid, der Sprecher der Islamisten, in einem Interview der italienischen Tageszeitung «La Repubblica». Die Taliban hielten sehr viel von dem Projekt der «Neuen Seidenstrasse», ergänzte Mudschahid. Dabei handelt es sich um eine Infrastruktur-Initiative, mit der China über die Erschliessung von Handelswegen seinen globalen Einfluss vergrössern will. In dem Land gebe es «reiche Kupferminen, die dank der Chinesen wieder in Betrieb genommen und modernisiert werden können. Ausserdem ist China unser Passierschein hin zu den Märkten auf der ganzen Welt.» Er stellte den Frauen des Landes Arbeitsmöglichkeiten etwa als Krankenschwestern, bei der Polizei oder als Assistentinnen in Ministerien oder der Verwaltung in Aussicht.
Ahmad Mansour warnt in focus de vor jeglicher Kooperation mit den Taliban: Die Bilder, die aus Afghanistan um die Welt gingen, werden nicht nur in den Geschichtsbüchern ihren Platz finden, sie werden sich in den Köpfen aller islamistischen Organisationen für die Ewigkeit einprägen. Die Botschaft: Alles, was man braucht, um große Mächte zu besiegen, ist eine Ideologie, Anhänger und Ausdauer, egal wie überlegen der Gegner sein mag. Egal, wie brutal die Angriffe sind mit Drohnen, Kampfflugzeugen, Panzern, Hightech-Waffen oder U-Booten: Terror zwingt die Weltmacht in die Knie.
Genau diese Bilder werden in diesem Augenblick bei Al-Qaida, dem IS, der Hamas in Gaza, Hizbullah im Libanon, Al Shabab oder Bokoharam in Afrika genutzt, um ihre Anhänger darin zu stärken, dran zu bleiben.
Die Taliban haben sich nicht gemäßigt. Sie haben dazu gelernt, wie man auftritt, wie und welche Botschaften sie dem Westen senden können, um sie zu gewinnen oder mindestens dafür zu sorgen, dass sie Ruhe geben, bis sie ihre Macht in Afghanistan etablieren können.
Es wäre hilfreich der afghanischen Bevölkerung zuzuhören, statt auf ahnungslose Berater, oder die englischsprachigen Tweets der Taliban ernst zu nehmen. Denn die Menschen vor Ort fliehen, nehmen den Tod in Kauf, um sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. Würden sie so was tun, wenn sie einen Hauch Hoffnung hätten, dass diese Taliban anders geworden sind? Oder dass sie vor Ort überhaupt eine Überlebenschance hätten?
Da sich die Taliban ideologisch kaum von Al-Qaida und IS unterscheiden, wird vor Ort in Afghanistan ein Wettbewerb der Organisationen um Anhänger, Sympathien und Einfluss stattfinden. Die beste Voraussetzung für Instabilität, die wiederrum die besten Freiräume schafft für den Aufbau von Terrorstrukturen mit denen weitere Terroristen ausgebildet und Terror, genau wie vor 20 Jahren, weltweit exportiert werden kann. Genau das fehlte sowohl dem IS als auch Al-Qaida in den letzten Jahren, und nun erhalten sie in Afghanistan genau das, um ihre „Arbeit“ im großen Stil wieder aufzunehmen. Die Organisationen vor Ort werden um die europäischen Islamisten werben, sie dorthin holen, ausbilden und mit klaren Plänen zurückschicken. Denn die Motivation ist ungebrochen, den Feind, den Westen, bei sich zu Hause zu schlagen.
Dieser Motivationsschub wird auch die ideologisch indoktrinierten Islamisten im Westen stärken. Schon jetzt merken wir auch hier in Deutschland, dass manche Flüchtlinge oder Islamisten ihre Sympathien gegenüber der Taliban selbstbewusst und selbstsicher äußern. Das Davonlaufen der westlichen Soldaten bestätigt sie in ihrem Weltbild, das lautet, den Westen kann man nur mit Gewalt zum Handeln bewegen.
Es gibt sicher einige, die in ihren Armageddon-Phantasien von der Eroberung der Welt durch den Islam die Ereignisse nun so deuten, dass wenn man in der Lage war die USA zu besiegen, wird man den Rest auch schaffen können.
Es muss allen klar werden, jeder Euro, den wir der Taliban geben, um Menschen freizukaufen, bedeutet einen Euro Subvention für Menschenrechtsverletzungen vor Ort und den Aufbau von Terrorstrukturen. Über kurz oder lang, direkt oder indirekt wird dieser Terror auch uns, hier in Europa, treffen. (mehr Informationen)
«Wir haben diese Systeme entmilitarisiert, damit sie nie wieder eingesetzt werden können», sagte General Kenneth F. McKenzie, der Leiter des US Central Command, zu US-Medien. Zu dem «demilitarisierten» Equipment gehören 70 minenresistente Fahrzeuge (MRAP), 27 Humvees (High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicles) und 73 Flugzeuge. Sie würden «nie wieder von irgendjemandem benutzt» oder bedient werden können, so der General. Dennoch: Den Taliban sind zahlreiche andere, funktionierende Systeme in ihre Hände gefallen. Die meisten Taliban scheinen jetzt amerikanische M4-Karabiner und M16-Gewehre zu zu besitzen, die mit allerlei Spielereien ausgestattet sind, von teuren Optiken bis hin zu Laserzielgeräten und Taschenlampen. Die Rückführung von Militärmaterial sei für die USA weder leicht noch wirtschaftlich, schreibt «The Diplomat». Es sei billiger, grosse Mengen an Kriegsmaterial an Ort und Stelle in die Luft zu jagen, als es aus dem Binnenland Afghanistan auszufliegen. Das zurückgelassene Material und die in Umlauf gebrachten Waffen dürften zumindest in Afghanistan potenziell Schaden anrichten.
31.8.21
Taliban-Kämpfer hätten am Montagabend (Ortszeit) am Eingang zum Pandschir-Tal angegriffen. Die Islamisten hätten sieben oder acht Kämpfer verloren, die gleiche Zahl sei verletzt worden, sagte Daschti weiter. Auch mehrere Widerstandskämpfer seien verwundet worden. Zuletzt hatte es von beiden Seiten geheissen, man wolle die offene Machtfrage durch Verhandlungen lösen. Gleichzeitig bauen prominente Afghanen aus dem Tal einen Widerstand gegen die Islamisten auf. Pandschir konnte von den Taliban auch während ihrer ersten Herrschaft zwischen 1996 und 2001 nicht erobert werden. Das lag neben dem erbitterten Widerstand der Nordallianz auch an der geografischen Lage – der Eingang zum Tal ist eng und gut zu verteidigen.
Amerika hat Afghanistan am 30. August verlassen. General McKenzie bestätigte, dass mindestens 250 Amerikaner in Kabul Afghanistan zurückgelassen wurden, da sie den Flughafen nicht erreichen konnten. Experten sprechen von mehr als tausend. Zurückgelassen wurden modernste Waffen.
Russland ist besorgt darüber und versucht seinerseits diese zu erwerben. Damit kann Russland bessere Waffen und Abwehrsysteme entwickeln.
Amerika ist schwach, weil sie sich vor einer Horde Bergs-Kriegern vertreiben lässt. So hat der Iran angekündigt Uran bis 90 % anzureichern. Damit steht der Atombombe nichts mehr im Weg. Auch Nordkorea hat angekündigt die Nuklearproduktion hochzufahren.
China erklärt die umstrittenen Gebiete im chinesischen Meer zu seinem Hoheitsgebiet. Was indirekt eine Aufforderung ist, die Amerikaner sollen nach Hause gehen.
Ungefähr 90 Generäle und Admirale im Ruhestand haben einen Brief unterzeichnet, in dem sie den US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und den Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff Mark Millie zum Rücktritt auffordern, weil der Ruf der USA durch den Abzug der Truppen aus Afghanistan unwiderruflich beschädigt wurde.
Das russische Verteidigungsministerium hat angekündigt, dass 500 Soldaten der russischen mechanisierten Infanterie Übungen in der Nähe von Afghanistan durchführen.
30.8.21
ICC zufolge handelt es sich bei den Christen in Afghanistan fast ausschließlich um Konvertiten vom Islam. Die Organisationen schätzt ihre Zahl auf 10.000 bis 12.000, Schätzungen für die Zahl der katholischen Gläubigen belaufen sich auf wenige Hundert. Die muslimische Mehrheitsbevölkerung in Afghanistan liegt bei rund 33 Millionen. Aufgrund der Verfolgung durch extremistische Kräfte leben die Christen meist zurückgezogen und versteckt vor der Öffentlichkeit, so ICC. Unter der Taliban-Herrschaft müssen Nicht-Muslime eine Staatsbürgerschaft zweiter Klasse hinnehmen. Christen, die vom Islam konvertiert sind, gelten als Abtrünnige und müssen mit schweren Konsequenzen nach der Scharia rechnen.
„IS Koharasan“
Der IS-Ableger bildete sich 2014 als eine von zahlreichen regionalen Gruppen, die dem IS-Anführer, damals noch Abu Bakr al Bagdadi, die Treue schworen. Sie entstanden nach Aufkommen des IS im Kerngebiet in Syrien und Irak nicht aus dem Nichts, wie Lars Berger, Professor für Terrorismusforschung an der Hochschule des Bundes, erklärt. IS-Vertreter aus dem Kerngebiet, die ein globales Kalifat anstreben, seien in die Region gereist mit der Absicht, weitere Ableger zu gründen. So schlossen sich ehemalige Kämpfer der pakistanischen Taliban (auch bekannt als Tehrik-e Taleban Pakistan) und des Haqqani-Netzwerks, aber auch IS-Kämpfer aus anderen Teilen der Welt, dem IS Khorasan an. Die Bezeichnung bezieht sich auf die historische Region Khorasan in Zentralasien, die nicht nur Afghanistan, sondern auch Teile Pakistans, Irans, Usbekistans Tadschikistans und Turkmenistans umfasst. Dem IS-Ableger werden rund 1000 Personen zugerechnet. Für den IS sind die Taliban nicht radikal genug und werden deshalb von ihm bekämpft.
Der Arm des IS-Ablegers Khorasan reicht bereits bis nach Deutschland: Eine mutmaßliche IS-Zelle, die in Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht angeklagt ist, wurde nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft sowohl von der IS-Zentrale, aber insbesondere auch vom IS-Ableger in Afghanistan radikalisiert und gesteuert (mehr Informationen).
Hadith: Überliefert von Buchari: Es werden Kämpfer mit schwarzen Flaggen aus Churasan (Afghanistan, Iran, Aserbeidschan) kommen. Der Prophet gab Anweisung dort hinzugehen, selbst wenn man auf Händen und Füßen über Eis kriechen müsste, weil al-Mahdi unter ihnen sein wird.
Die Macht von al-Mahdi wird sich sehr schnell etablieren, in ein bis zwei Tagen. Es gibt verschiedene Aussagen darüber, wie lange Al-Mahdi herrschen wird. In Überlieferungen von Tirmithi ist von 7 oder 9 Jahren die Rede, andere Überlieferungen sprechen von 40 Jahren.“ (S. 7 Al-Iman.net / eslam.de)
Für Gruppen wie den IS und die Taliban repräsentiert Khorasan eine goldene Ära des Islam. „Der Islamische Staat glaubt, dass die schwarzen Banner – genau wie seine Kämpfer – kurz vor dem Ende der Zeiten aus „Khorasan“ steigen werden“, sagt der US-Islamismus-Experte Arif Jamal der DW. „Ihr Glaube basiert auf einer Reihe von Hadithen (Aussagen, die dem Propheten Muhammad zugeschrieben werden)“, fügt er hinzu. „Zum Beispiel sagt ein Hadith in Sunan at-Tirmidhi 2269, dass schwarze Banner von Khorasan aufsteigen und nichts sie zurückweisen wird, bis sie in Jerusalem gepflanzt werden.“ (schwache Hadith)
Ein religiöser Geistlicher sagte, dass das Gebiet, das höchstwahrscheinlich Zeuge eines „ultimativen“ islamischen Aufschwungs werden würde, im heutigen Nordwesten Pakistans und im Süden Afghanistans liege. Er glaubte, dass die Taliban die Gruppe islamischer Kämpfer sein könnten, die in den Hadithen erwähnt wird. Doch der IS wetteifert um die Kontrolle über Afghanistan, nachdem er 2014 seine Khorasan-Niederlassung gegründet hatte.
Die Bedeutung von Khorasan für diese Gruppen ist nicht historisch oder geografisch. Es ist definitiv religiös. Die modernen salafistischen Dschihadisten glauben, dass das Ende der Zeiten schnell näher rückt und das „‚Armageddon“ vor der Tür steht.
Eine Reihe muslimischer Gruppen haben Symbole wie eine schwarze Flagge verwendet, um sich mit Al-Mahdi zu verbinden, einem Messias, von dem Muslime glauben, dass er gegen Ende der Zeit erscheinen wird. Die muslimische Abbasiden-Dynastie benutzte die schwarzen Banner und bezeichnete ihren Kalifen als Al- Mahdi, um ihre Herrschaft zu legitimieren.
Aslam Syed, ein Bonner Islamwissenschaftler und Historiker, sagt, dass die dem Propheten Muhammad zugeschriebenen Aussagen über Khorasan nicht authentisch seien. Der Prophet hat nichts über Khorasan gesagt. Khorasan war eigentlich lange Zeit das kulturelle, intellektuelle und theologische Zentrum der Muslime. Khorasan, als eigenständiges Territorium, ging im 14. Jahrhundert zu Ende. Dschihadistische Gruppen wie der IS wollen laut Syed die nationalen Grenzen zwischen zentralasiatischen Staaten, dem Iran und Afghanistan aufheben und zu einer Einheit wie dem Großraum Khorasan verschmelzen (more Information).
Scheich Imran Hosein, ein bekannter muslimischer Experte für islamische Prophezeiungen, erklärte auf seinem YouTube-Kanal den Abzug der USA aus Afghanistan anhand dieser Prophezeiung. «Afghanistan ist das Herz von Khorasan», sagte Hosein. «Was in Afghanistan geschieht, bestätigt die Prophezeiung des Propheten Muhammad … dass niemand in der Lage sein wird … die muslimischen Armeen, die aus Afghanistan, aus Khorasan kommen sollen, aufzuhalten, bis sie Jerusalem erreichen.»
Buchautor Joel Richardson erklärt gegenüber CBN sagt, dass es dabei um eine der wichtigsten Endzeitprophezeiungen des Islam geht. «Viele Muslime, die sich ihrer eigenen Prophezeiungen bewusst sind, sehen darin die Erfüllung der islamischen Prophezeiung, und in der Prophezeiung liegt Macht. Es ist ein enormes Rekrutierungsinstrument.»
Die Taliban sehen sich selbst als diese Armee aus Khorasan, und der ISIS-Zweig in Afghanistan nennt sich ISIS-K, K steht für Khorasan. Angesichts der Entwicklungen, die sich nach dem Abzug der ausländischen Soldaten abzeichnen, ist es wahrscheinlich, dass Afghanistan nun zu einem Magneten für radikalisierte Muslime auf der ganzen Welt wird, die sich den schwarzen Fahnen von Khorasan anschliessen wollen. mehr Informationen
27.8.21
Die neuen islamistischen Machthaber, die Taliban, und die mit ihnen verfeindete Terrormiliz Islamischer Staat, die sich zu dem Anschlag bekannte, konkurrierten um Macht, Einfluss und die religiöse Deutungshoheit. Man müsse nun Schlimmeres befürchten als nur eine islamistische Herrschaft. Nach Angaben eines Spital- sowie eines Talibanvertreters sind mindestens 72 Zivilisten ums Leben gekommen. Hinzu kommen 13 tote US-Soldaten sowie offenbar mindestens 28 Anhänger der Extremisten. Über 210 Personen wurden verletzt.
US-Präsident Biden kündigte nach den tödlichen Anschlägen am Flughafen Kabul Vergeltung gegen die Drahtzieher an. «Wir werden nicht vergeben. Wir werden nicht vergessen», sagte Biden im Weissen Haus. «Wir werden euch jagen und euch büssen lassen.»
„Amerika ist zurück“, sagte Präsident Joe Biden Anfang des Jahres, und die gesamte demokratische Welt atmete erleichtert auf. Doch was heisst zurück? Es sieht so aus als gehen sie zurück nach Amerika. Der Islam wie ihn Mohamed gelebt hat, hat sie vertrieben. So scheint es. Wie in den muslimischen Anfangszeiten. Niemand will sich mit dieser Meute anlegen. Doch weil nun der gemeinsame Feind weg ist, regt sich in Afghanistan innermuslimischer Widerstand. Muslime haben sich schon immer intern unterdrückt, bekriegt und sich gegenseitig umgebracht. Jede Intervention endete im Fiasko. Kommt nun die internationale Anarchie? Die dann der Nährboden für eine neue ordnende Weltmacht ist? Da das amerikanische Modell sich nicht durchsetzen konnte, wird es eher ein Gegenentwurf sein?
26.8.21
Drei US Soldatien wurden getötet, vier sind verwundet. Der Reporter der «New York Times», Fahim Abed, schreibt auf Twitter, dass die Zahl der Todesopfer auf 40 gestiegen sei. 120 Menschen seien in Spitäler von Kabul gebracht worden, 60 Prozent davon seien schwer verletzt. Hinter den Anschlägen wird die «IS-Khorasan», eine Filiale der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), vermutet. Die Taliban haben die tödlichen Anschläge vor dem Kabuler Flughafen scharf verurteilt. Die Taliban sind mit dem IS verfeindet.
Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums hat es vor dem Flughafen in Kabul eine Explosion gegeben. Laut BBC-Journalist Bilal Sarwary handelt es sich um einen «grossen Selbstmordanschlag» am östlichen Eingang zum Fllughafen von Kabul. Laut Augenzeugen gibt es Todesopfer und Verletzte. Laut der «Jerusalem Post» gibt es mindestens 15 Verletzte, darunter auch US-Soldaten. Nach anderen Quellen sollen 13 getötet worden sein und es gebe mehr als 50 Verletzte. Englische und 3 US-Soldaten sollen verwundet sein.
Laut einem Journalisten in Kabul wurden bei den Anschlägen mindestens 13 Menschen getötet. Zudem gebe es 50 Verletzte, die meisten Opfer seien Frauen und Kinder, wie der Korrespondent von «The Guardian» berichtet.
Eine Maschine der italienischen Armee wurde am Donnerstag beim Abflug in Kabul von islamischen Terroristen beschossen. Laut «Corriere della Sera» sei die C-130 mit 98 afghanischen Zivilisten und einigen italienischen Journalisten gegen 7 Uhr gestartet. In dem Moment seien Schüsse auf den Flieger abgefeuert worden. Der Pilot habe den Start nicht abgebrochen. Er habe «Ausweichmanöver durchgeführt», um den Schüssen auszuweichen, so «Corriere». Schliesslich sei der Flieger in Kuwait sicher gelandet. Laut Geheimdiensten war das Flugzeug jedoch nicht das Ziel des Sperrfeuers: Ein afghanisches Maschinengewehr feuerte in die Luft, um die auf das Flughafengate drängende Menschenmenge zu zerstreuen, es seien keine Schüsse auf das startende Flugzeug gerichtet worden.
Seit dem Start des Evakuierungseinsatzes Mitte August hätten die Vereinigten Staaten und ihre Partner insgesamt mehr als 95’000 Menschen ausgeflogen. Am Flughafen in Kabul sind nach Angaben des russischen Botschafters in den vergangenen Tagen circa 50 Menschen ums Leben gekommen.
25.8.21
Die Taliban haben den Afghanen bekanntlich verboten, das Land zu verlassen. Nun verweigern sie auch Westlern den Zugang zum Flughafen von Kabul. Das berichten mehrere Augenzeugen gegenüber der US-Zeitung «Politico».
Jeder Tag, den man länger dort bleibe, sei ein weiterer Tag, an dem der IS versuche, den Flughafen anzugreifen. Das sagte der US-Präsident. Es gebe die «akute und wachsende Gefahr eines Anschlags». Mit Blick auf die Evakuierungen sagte Biden: «Je früher wir es abschliessen, desto besser.»
«Frauen sollen zu Hause bleiben», sagte ein Sprecher der Islamisten am Dienstagabend. «Es ist im Moment zu ihrem Vorteil.» Damit könnten sie schlechte Behandlung verhindern. Die Kämpfer seien nicht darin ausgebildet, Frauen zu respektieren, mit ihnen zu sprechen, sagte der Sprecher. «Bis wir die Sicherheit garantieren können, bitten wir Frauen, zu Hause zu bleiben.»
An der Pressekonferenz sagte der Sprecher der Taliban auch, dass es Afghanen nicht mehr erlaubt sei, zu fliehen. «Die Strasse zum Flughafen ist für Afghanen gesperrt, für Ausländer aber offen.» Damit wolle man verhindern, dass die «gebildete Elite» das Land verlässt und der Wiederaufbau schwieriger wird.
Der Opiumanbau sichert Schätzungen zufolge einer Viertelmillion Menschen in dem Land ein Einkommen – und die Taliban verdienen kräftig mit. Afghanistan ist den Vereinten Nationen zufolge der weltweit größte Produzent von Opium, dem Grundstoff von Heroin. Der Marktanteil des Landes lag im vergangenen Jahr bei 85 Prozent, wie aus dem UN-Weltdrogenbericht hervorgeht. Im Jahr 2020 nahm der Mohnanbau in Afghanistan – trotz Corona-Pandemie – demnach um 37 Prozent zu. Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) schätzt den Anteil der für die Opiumproduktion genutzten landwirtschaftlichen Flächen auf 224.000 Hektar. Sure 4,43 spricht kritisch über betäubende Wirkstoffe: „Oh ihr, die ihr glaubt, kommt nicht zum Gebet, während ihr betrunken seid, bis ihr wieder wisst, was ihr sagt.“ In Sure 5,90 steht: „Oh ihr, die ihr glaubt. Der Wein, das Glückspiel, die Opfersteine, die Lospfeile sind ein Gräuel und Teufelswerk. Meidet es, auf dass es euch wohl ergehe. Der Satan will ja durch Wein und Glückspiel Feindschaft und Hass zwischen euch erregen und euch vom Gedenken Gottes und vom Gebet abbringen. Werdet ihr wohl damit aufhören.“ Während der Alkoholkonsum unter Muslimen abnahm, traten andere Rauschmittel stärker hervor wie Haschisch und Opium: „Das steht nicht im Koran. Haschisch kommt nicht vor. Das ist eine Pflanze. Pflanzen sind erlaubt, und das dauert im Grund bis in die 1960er Jahre, dass angefangen wird, intensiv von den Rechtsgelehrten auch gegen diese Form von Rauschmittel vorzugehen.“
24.8.21
Die Taliban fordern, dass keine afghanischen Fachkräfte mehr ausgeflogen werden. Nur Ausländer dürften von westlichen Einsatzkräften evakuiert werden. Nur Ausländer dürften von den westlichen Einsatzkräften aus Kabul ausgeflogen werden.
Junge Afghanen berichten von gewalttätigen Übergriffen. Gleich mehrere sollen bei unterschiedlichen Vorfällen auf der Strasse «ausgepeitscht» worden sein, weil sie westliche Kleidung, zum Beispiel Jeans, trugen. Der Vorwurf der Taliban: Sie würden den Islam nicht respektieren. In einem Eintrag auf Social Media heisst es etwa: «Freunde gingen in einer Strasse in Kabul entlang als wir von den Taliban gestoppt wurden. Zwei der jungen Afghanen konnten entwischen, doch zwei von ihnen wurden mit der Waffe bedroht, geschlagen und ausgepeitscht.»
Auch ein Journalist von «Etilaatroz» soll laut einem Bericht am Wochenende geschlagen worden sein, da er keine «traditionelle Ganzkörperkleidung» trug. Ein Taliban-Führer sagte gegenüber der Lokalzeitung daraufhin, dass die Islamisten derzeit noch keine Entscheidung bei der Kleiderordnung für Männer gefällt hätten. Berichten zufolge zeigen sich die Taliban aber nicht dazu bereit, Kleidung zuzulassen, die von der traditionellen «afghanischen Kleidung» abweicht.
23.8.21
Es scheint, dass ein Bürgerkrieg in Afghanistan unvermeidlich ist, da die von Ahmad Massoud geführte nördliche Provinz Panjshir entschlossen ist, nicht von Taliban regiert zu werden! Ein russischer Präsidentschaftssprecher sagte, sein Land habe nicht die Absicht, in den bevorstehenden Zusammenstoß zwischen den Taliban und der Nordallianz in Panjshir einzugreifen. Das Panjshir-Tal heisst «fünf Löwen» und gilt als Hochburg des Widerstandes, sei es gegen sowjetische Soldaten oder gegen die terroristischen Radikalislamisten. Seine Bewohnerinnen und Bewohner umgibt der Mythos der Unbesiegbarkeit. Das liegt auch an der Geografie: Etwa 120 Kilometer von Kabul entfernt, steigt «rechts und links des gleichnamigen Flusses steil der Fels empor, in der engen Bresche ist kaum mehr Platz für die Strasse», wie die «NZZ» schreibt. Als die Taliban 1996 Kabul einnahmen, liess der damalige Verteidigungsminister Ahamad Shah Massoud den Zugang zum Tal durch eine Sprengung absperren. Damit wuchs der Mythos der freien Panjshiri – und auch jener um Massoud. Der «Löwe von Panjshir» wurde 2001 als Führer der schlagkräftigen Nordallianz-Miliz ermordet, kurz vor den Anschlägen des 11. Septembers. Jetzt hat der Sohn des berühmten Taliban-Gegners und Kriegsherrn übernommen. Mit 32 Jahren ist der Tadschike seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Die Truppe dürfte aus Vertretern aller Ethnien Afghanistans stammen, aus Tadschiken, Paschtunen, Usbeken, Hazara, Turkmenen. Schon zuvor hatte er, der an der britischen Militärakademie Sandhorst studiert hatte, politischen Weitblick gezeigt: So kritisierte Massoud bereits 2020 die Trump-Administration mit dem Friedensabkommen von Doha, das Afghanistan und dessen Zivilgesellschaft den Taliban ausliefere. Genau so ist es gekommen.
Die Taliban-Führung kehrt ausgerechnet mit Hilfe eines ikonischen Militärtransporters aus den USA zurück ins rückeroberte Afghanistan: Eine Boeing C-17 landet am Dienstag in der Stadt Kandahar und ihr entsteigt niemand Geringeres als der stellvertretende Taliban-Anführer Mullah Baradar, gefolgt von einer kleinen Delegation. Das Flugzeug, so ist der Beschriftung zu entnehmen, gehört zur katarischen Luftwaffe. Auch die absichernden Soldaten sind mutmaßlich Angehörige des Militärs des schwerreichen Golf-Emirats. Wie kann es sein, dass das Gastgeberland der kommenden Fußballweltmeisterschaft die als „Steinzeitislamisten“ verrufenen Taliban eskortiert? „Letztlich waren wir froh, dass es ein Land gab, das bereit war, die Taliban aufzunehmen, denn erst damit gab es die Möglichkeit, mit ihnen zu sprechen – und mit „wir“ meine ich nicht nur Deutschland, sondern auch die EU und die USA“, sagt Gunter Mulack, Direktor des Deutschen Orient Instituts und bis 2008 Botschafter in Pakistan. Für Katar aber ist die Rolle als Gastgeber und Vermittler ganz unabhängig von der Situation in Afghanistan ein Erfolg. „Katar hat sicherlich keine Einwände gegen eine islamische Herrschaft in Afghanistan“, sagt Islamwissenschaftler Mulack. „Aber gleichzeitig ist es das Land mit einem der größten US-Stützpunkte außerhalb der USA. Aus meiner Sicht wäre es übertrieben zu sagen, dass Katar die Taliban unterstützt.“ Genau dieser Vorwurf steht aber im Raum, zumal das Emirat selbst fern demokratischer Standards geführt wird. In der absoluten Monarchie schränken an der islamischen Scharia orientierte Gesetze die Möglichkeiten von Frauen drastisch ein. Die Bildung von Parteien ist verboten; Medien und politische Versammlungen sind engmaschig kontrolliert. Dennoch ist Katar im Vergleich zu anderen arabischen Monarchien der Region, etwa Saudi-Arabien, vergleichsweise liberal mit den eigenen Staatsbürgern. Deutlich kritischer wird der Umgang mit den Millionen ausländischen Arbeitskräften bewertet. Katar pflegt verschiedenen Berichten zufolge Beziehungen zur radikalislamischen Hamas und anderen islamistischen Gruppierungen, die auch im Syrien-Krieg oder im Libanon engagiert sind. Dohas Unterstützung der islamistischen Muslimbruderschaft, die bis zu einem blutigen Militärputsch Ägypten regiert hatte, isolierte Katar sogar über Jahre in der Golfregion. Inzwischen hat sich Doha mit Saudi-Arabien und den anderen Golfmächten ausgesöhnt. Der Streit fußte auch nicht darauf, dass andere arabische Öl- und Gasmächte islamistische Gruppierungen rundweg ablehnen. Es geht darum, vor allem darum, wer wie viel Einfluss im Nahen Osten ausübt. Zu diesem Schluss kommt der Analyst David Roberts in einem Papier für die renommierte Brookings Institution: „Die beste Erklärung für die vorliegenden Fakten ist, dass Katar als pragmatischer Akteur, wie alle Staaten, seinen Einfluss zu maximieren versucht.“ Deshalb pflegt Doha nicht nur Beziehungen zu teils militanten Gruppierungen in der Region, sondern ist mindestens genauso stark um enge Bande zum Westen, insbesondere zu Europa bemüht. Hier versucht sich das Land insbesondere über den Sport Ansehen und Einfluss zu verschaffen. mehr Informationen
22.8.21
Die Taliban entstand als Antwort auf die britische Herrschaft in Indien. Ihre Ursprünge gehen zurück auf die streng orthodoxe Hochschule von Deoband, eine Stadt im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh. Gegründet wurde die Lehrstätte 1866, wenige Jahre nachdem die Briten den großen Aufstand gegen ihre Kolonialherrschaft niedergeschlagen hatten. Ziel war eine religiöse Erweckungsbewegung, um dem Islam zu neuer Stärke zu verhelfen und die Ungläubigen aus dem Land zu jagen. Ihre Unterlegenheit führten die Deobandis darauf zurück, dass Muslime die islamischen Gesetze nicht strikt genug befolgt und ihre „Wurzeln“ vergessen hätten. Deshalb strebten sie danach, den sunnitischen Islam von allen „unerlaubten“ Neuerungen und westlichen Einflüssen zu reinigen. Richtschnur sollten allein die Lehren und wörtlichen Anweisungen des Koran sowie die Überlieferungen (hadithe) von Worten und Taten des Propheten Mohammed sein. Das Ergebnis war ein dogmatischer Scharia-Islam, der alle Erscheinungen der Volksfrömmigkeit wie Heiligenverehrung, bildliche Darstellungen, Musik und Tanz ablehnt. Neben Christen und Hindus gelten auch Schiiten und Ahmadis als Ungläubige, obwohl sie sich selbst als Muslime sehen. Von Salafisten und saudischen Wahhabiten, den langjährigen Unterstützern der Taliban, unterscheiden die Deobandis letztlich nur Nuancen. Von Terroranschlägen der Al-Kaida gegen Zivilisten haben sie sich distanziert. Die Schule von Deoband gilt heute nach der Kairoer Al-Azhar-Universität als zweitwichtigste Lehrstätte des sunnitischen Islam. Ihr Einfluss in Südasien ist groß, besonders in Pakistan, wo etwa ein Viertel der Bevölkerung ihrer Lehre folgt und rund zwei Drittel der Koranschulen von Deobandis geleitet werden – in Großbritannien ist dies im Zuge der Einwanderung übrigens bei fast der Hälfte aller Moscheen der Fall. In den 1980er Jahren gründete die pakistanische Deobandi-Partei Jamiat Ulema-e-Islam etliche Koranschulen für afghanische Flüchtlinge, die dem Krieg der Sowjets entkommen waren. Mit der Eroberung Afghanistans 1996 und der Gründung eines „Islamischen Emirats“ wurde die Lehre erstmals Staatsdoktrin. „Nicht wenige sehen die Taliban als Freiheitskämpfer und fromme Muslime„, sagte der Experte Christian Wagner von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag. mehr Informationen
In der aktuellen Krise können Christen ihren eigenen Familienmitgliedern nicht vertrauen. Firash über diese starken Kontrollen: «Die Taliban haben Listen und sie führen Aufzeichnungen. Man muss fünfmal in die Moschee kommen und darf das Gebet nicht verpassen. In Nordafghanistan ist das Tragen eines Bartes Pflicht. Die Taliban kommen zu Ihnen nach Hause und fragen nach Essen oder Geld. Einige erhalten Drohungen.» Manche Leute würden den Taliban Informationen geben, weil sie sich dadurch sicher und geschützt fühlten. Firash ist überzeugt, dass in dieser neuen Tyrannenherrschaft viele Christen gezwungen sein werden, öffentlich zum Islam zurückzukehren: «Die Taliban werden bekannte Christen töten und Angst verbreiten.» «Es tauchen bereits Plakate auf, auf denen steht, dass man Mädchen im Alter von 15 Jahren mit den Taliban-Soldaten verheiraten muss. Christen befürchten, dass ihnen ihre Töchter weggenommen werden, um sie dann zu zwingen, Taliban zu heiraten. Zudem werden sie in islamischen Schulen einer Gehirnwäsche unterzogen. Die Eltern können getötet werden oder auch nicht.» Firash bittet Christen auf der ganzen Welt um Gebet. «Gott hat einen Plan; er weiss, was für seine Kinder in Afghanistan am besten ist. Wenn Leiter Angst haben, haben die Leute in der Gemeinde Angst.» Doch der einheimische Christ ist überzeugt, dass die Kirche durch diese Not wachsen wird. In allem hält Firash fest: «Wir wollen, dass die afghanischen Christen sehen, dass Jesus auf seinem Thron sitzt. Er ist immer noch ein mächtiger Gott.» mehr Informationen
21.8.21.
In einem Bericht von 2010 schätzten US-Militärexperten und Geologen, dass Afghanistan – eines der ärmsten Länder der Welt – über Bodenschätze verfügen könnte, deren Wert sich auf beinahe 1.000.000.000.000 US-Dollar (das sind eine Billion Dollar oder rund 850 Milliarden Euro) summieren würden: Eisen, Kupfer, Kobalt, Lithium und Seltene Erden. Die Kontrolle durch die Taliban kommt gerade zu einer Zeit, wenn der Nachschub an Mineralien in der nahen Zukunft stockt und China sie braucht. Chinesische Staatsmedien beschreiben bereits, wie Afghanistan von Pekings Belt and Road Initiative (BRI), der „Neuen Seidenstraße“, dem umstrittenen Infrastrukturprojekt Xi Jinpings, profitieren könne. Doch zuvor müssen Sicherheitsaspekte bedacht werden: Ein Übergreifen der Gewalt von Afghanistan auf andere wichtige zentralasiatische Länder und deren Netzwerk an Pipelines könnte die Versorgung Chinas mit Öl und Gas gefährden. Peking fürchtet zudem, dass das vom Krieg zerrissene Land zu einem Rückzugsgebiet der (muslimischen) chinesischen Minderheit der Uiguren werden könnte und dass seine wirtschaftlichen Interessen durch anhaltende Gewalt in Afghanistan gefährdet werden könnten. Einige Beobachter bezweifeln allerdings, dass die Taliban die Fähigkeit und den Willen haben, die natürlichen Ressourcen des Landes auszubeuten, angesichts der Einnahmen, die sie durch den Drogenhandel erzielen. mehr Informationen
Wie die Islamisten nach der Konsolidierung ihrer Kontrolle über Kabul und weite Teile des Landes regieren werden, wagt Journalist und Afghanistan-Kenner Wolfgang Bauer momentan keine Aussage. Es gebe einen moderaten Flügel, der überwiegend von den älteren Führern der Taliban repräsentiert werde, und einen radikalen, zu dem sehr viele junge Kommandeure und junge Kämpfer gehörten, die stark von der Ideologie des „Islamischen Staates“ beeinflusst seien. Aufgrund von Berichten aus den Provinzen von Exekutionen, massiven Übergriffen und Gewalt gegen Frauen müsse man allerdings das Schlimmste befürchten. Gleichwohl sei noch nicht das ganze Land in der Hand der Taliban, die zudem eigentlich auf die Hilfe von internationalen NGOs angewiesen seien, um die „eigentliche Katastrophe“ des Landes zu bewältigen: eine furchtbare Dürre, in deren Folge in einigen Regionen ganze Dörfer aufgegeben würden. „Afghanistan wird in Zukunft noch sehr viel ärmer sein und diese Armut ist natürlich explosiv. Damit muss dann das Taliban-Regime umgehen und ich habe meine Zweifel, dass die dann imstande sind, auf Dauer die Leute mit religiösen Sprüchen zufriedenzustellen“, sagte Bauer. mehr Informationen
20.8.21
Gemäss Berichten lassen die Taliban nach der weitgehenden Eroberung Afghanistans Listen von Frauen anfertigen. «Sie zwingen die Gemeinden, Listen von Mädchen und Frauen zu machen, die zwischen 12 und 45 Jahren alt sind», berichtet die Afghanin Nahid (Name geändert) der «Aargauer Zeitung». Wer auf dieser Liste lande, könne ein potenzielles Opfer einer Zwangsehe mit einem Taliban-Kämpfer werden. Die Islamisten nehmen sich die Frauen als «Belohnung» für den Kampf, heisst es.
Im Bericht der «Aargauer Zeitung» kommen weitere Afghaninnen und Afghanen zu Wort: Adele, eine 28-jährige Primarlehrerin aus Kabul, verlässt gemäss ihrer eigenen Aussage nur noch mit Burka und in Begleitung ihres Mannes das Haus. Wenn sie anders gekleidet sei oder gar alleine unterwegs, müsse sie mit dem Tod rechnen. Somit kann Adele auch ihren Beruf nicht mehr ausüben. Sie habe Mädchen unterrichtet, bis die Taliban gekommen sind und ihre Schule geschlossen hätten. Unter der Herrschaft der Islamisten dürfe sie nun nicht mehr arbeiten. «Wir haben Angst um unser Leben. Wir schlafen nicht mehr richtig, wir essen kaum noch», so Adele zur «Aargauer Zeitung».
Laut einem norwegischen Nachrichtendienst stellen die Taliban eine Todesliste zusammen. Darauf zu finden seien die Namen der Personen, die in Schlüsselpositionen mit der Regierung oder mit den internationalen Truppen zusammenarbeiteten. In dem Bericht heisst es: «Die Taliban intensivieren die Jagd auf alle Personen und Kollaborateure des früheren Regimes. Falls sie erfolglos sind, nehmen sie die Familien ins Visier. Sie werden sie verhaften und sie nach ihrer eigenen Auslegung der Scharia bestrafen.» Besonders gefährdet seien Personen, die in zentralen Positionen bei Militär, Polizei und Ermittlungsbehörden gewesen seien.
So oft wir über Afghanistan und Afghanen auch sprechen, wissen wir Mitteleuropäer doch vergleichsweise wenig über das Land und seine Menschen. Das landschaftlich wunderschöne Land mit seiner bewegten Geschichte ist vor allem eines: Kompliziert. Unzählige verschiedene Ethnien mit rund 50 verschiedenen Sprachen und an die 200 verschiedenen Dialekten stellen die geschätzt 40 Millionen Einwohner. Seit Jahrhunderten ist es Zankapfel zwischen den Großmächten der Welt. Seit der Antike wurde das Land zwischen einzelnen Mächten hin und hergerissen und die Bewohner waren für ihren Widerstand gegen alle möglichen Herrscher berüchtigt und gefürchtet. Selbst der als „islamische Expansion“ bekannte rasante Eroberungszug der Anhänger Mohammeds stieß in Afghanistan auf so heftigen Widerstand, daß das Land – vielmehr seine Menschen – erst zwei Jahrhunderte nach ihren Nachbarn muslimisch waren. Seit Jahrhunderten haben die vielen Stämme Afghanistans, die schon untereinander oft heillos zerstritten sind, ein klares Signal nach außen gesandt: Laßt uns in Ruhe! Scheinbar wollen die Afghanen lieber von heimischen Despoten beherrscht, als von fremden Idioten befreit werden. Nüchtern betrachtet kann man den neuen Machthabern noch gar nichts vorwerfen. So gibt es – wenn man es eiskalt und gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention betrachtet – genau jetzt, speziell nach der ausgesprochenen Generalamnestie, keinen Fluchtgrund aus Afghanistan. Dies mag grotesk klingen, ist aber Realität. Erst wenn ein Regime die Verbrechen an der Bevölkerung oder an Teilen von ihr begeht, kann man Fluchtursachen festmachen. mehr Informationen
Im vergangenen Monat gingen Taliban-Kämpfer in einer Provinz von Tür zu Tür, um nach Personen zu suchen, die für die Regierung gearbeitet hatten. Dabei wurden mindestens 27 Zivilisten getötet, zehn weitere verletzt und Häuser geplündert. Anfang Juli wiesen Taliban-Führer in zwei Provinzen religiöse Führer an, ihnen eine Liste von Mädchen über fünfzehn Jahren und Witwen unter fünfundvierzig Jahren zur «Verheiratung» mit Taliban-Kämpfern zu übergeben. Die Taliban folgen der Deobandi-Theologie (benannt nach einem Seminar, das 1866 in der Stadt Deobond in Indien gegründet wurde). Diese Schule schliesst alle Traditionen und Studien aus, die nicht direkt mit dem Studium des Korans zusammenhängen. Sie lehnt eine Neuinterpretation der islamischen Gebote in Anpassung an den Wandel der Zeit ab und strebt eine Rückkehr zur «Reinheit» des Korans und der Sunna (Praktiken des Propheten Muhammad) an.
In diesem geistlichen Konflikt (Epheser Kapitel 6, Vers 12) sollten Christen um Gottes Schutz für diejenigen beten, die durch die sich abzeichnende Tragödie in Afghanistan gefährdet sind. Und wir sollten leidenschaftlich dafür beten, dass Taliban-Führer und -Anhänger Jesus in Visionen und Träumen begegnen – ein wundersames Phänomen, das inzwischen Muslime auf der ganzen Welt erreicht. Zu diesem Zweck sollten wir das Gebet des Paulus für seine jüdischen Mitbürger zu unserer Fürbitte für die Taliban machen: «Brüder und Schwestern, meines Herzens Wunsch ist und ich flehe auch zu Gott für sie, dass sie gerettet werden. Denn ich bezeuge ihnen, dass sie Eifer für Gott haben, aber ohne Einsicht. Denn sie erkennen die Gerechtigkeit nicht, die vor Gott gilt, und suchen, ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten, und sind so der Gerechtigkeit Gottes nicht untertan. Denn Christus ist des Gesetzes Ende, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.» (Römer Kapitel 10, Verse 1-4). mehr Informationen
Nach Angaben des Senders DW wurden die Häuser von mindestens drei DW-Journalisten von den Taliban durchsucht. Kollegen von anderen Medien seien entführt oder getötet worden. Nematullah Hemat vom privaten Sender Ghargasht TV sei vermutlich von den Taliban gekidnappt worden, Toofan Omar, Leiter des privaten Radiosenders Paktia Ghag Radio, sei nach Behördenangaben gezielt von Taliban-Kämpfern umgebracht worden. Die bekannte afghanische Fernsehmoderatorin Schabnam Dauran teilte mit, dass sie nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban nicht mehr arbeiten könne.„Mir wurde gesagt, ich könne meine Arbeit nicht fortsetzen, weil sich das System geändert habe“, sagte Schabnam Dauran am Donnerstag in einer Videobotschaft.
Laut SAT-7, einer Organisation, die christliche Programme für Kirchen und Christen im Nahen Osten und Nordafrika sendet, setzen die Taliban „Spione und Informanten“ ein, um die christliche Minderheit im Land zu verfolgen. „Wir hören aus zuverlässigen Quellen, dass die Taliban die Telefone der Menschen fordern, und wenn sie eine heruntergeladene Bibel auf Ihrem Gerät finden, werden sie Sie sofort töten“, sagte der Präsident von SAT-7 Nordamerika, Dr. Rex Rogers, gegenüber dem Religion News Service. „Im Moment ist es für Afghanen unglaublich gefährlich, etwas Christliches auf ihren Handys zu haben. Die Taliban haben überall Spione und Informanten.“
19.8.21
Ein Beamter des Innenministeriums sagt, Iran habe seine Grenzen für die Afghanen geschlossen, um „die Ausbreitung von Covid einzudämmen“ und angesichts der Entwicklungen in Afghanistan.
Die Proteste gegen die Taliban weiten sich nun auch in die Hauptstadt Kabul aus. Nachdem zuvor bereits in Jalalabad und in Asadabad protestiert wurde, gehen nun auch Menschen in der Hauptstadt auf die Strasse um gegen die Terrororganisation zu demonstrieren. Wie die «New York Times» berichtet, waren es rund 200 Demonstrierende. Danach sollen die Taliban die Demonstration mit Gewalt aufgelöst haben. Bei Protesten in der Provinzhauptstadt Asadabad sind gemäss Medienberichten mehrere Personen ums Leben gekommen. Dabei war zunächst nicht gänzlich klar, ob die Personen durch Schüsse der Taliban oder eine dadurch ausgelöste Massenpanik getötet wurden.
Laut «Fox News» haben Taliban-Kämpfer eine Frau erschossen, die ohne Burka auf der Strasse war. Der Vorfall habe sich in Taloqan ereignet, in Tachar. Sie war eine der ersten Provinzhauptstädte, welche die Taliban nach dem Truppenabzug der USA eroberten.
Ashraf Ghani hat sich per Videobotschaft aus dem Exil in Abu Dhabi zu Wort gemeldet. In einem Facebook-Beitrag erklärt der Staatspräsident die Beweggründe für seine Abreise. Ghani gibt zudem an, wieder nach Afghanistan zurückkehren zu wollen. Er hätte flüchten müssen, weil er um sein Leben fürchtete. «Wäre ich geblieben, hätte die afghanische Bevölkerung zum wiederholten Male erlebt, wie ein Präsident gehängt wird», übersetzte die «New York Times» Ghani. Dieses Schicksal ereilte den ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah im Jahr 1996, als die Taliban erstmals an die Macht kamen. Ghani widerspricht zudem Medienberichten, denen zufolge er mit Geld im Wert von mehreren Millionen Dollar das Land verlassen hatte. «Ich habe Afghanistan mit nichts anderem als meinem traditionellen Gewand, einer Weste und den Sandalen, die ich anhatte, verlassen.»
Von einem Taliban-Sprecher getwitterte Videos zeigen angeblich, wie der politische Führer der Taliban, Mullah Abdul Ghani Baradar, in Afghanistan ankommt. Zuvor war er in Katar im Exil. Baradar wurde 2010 in Pakistan verhaftet. 2018 wurde er auf Druck der USA freigelassen und nach Katar überführt. Mullah Abdul Ghani Baradar ist ein Mitbegründer der Taliban. 2009 wurde er als der De-facto-Führer der Taliban angesehen. Baradar hatte zuletzt das politische Büro der Taliban in Katar geleitet. Er verantwortete unter anderem die Unterzeichnung eines Abkommens mit der Regierung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump im Februar 2020, das den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan regelte. Die Metropole Kandahar im Süden Afghanistans hat für die Taliban eine hohe symbolische Bedeutung: Dort wurde ihre Bewegung ins Leben gerufen, und von dort regierten sie das Land ab 1996 bis zu ihrer Vertreibung. Baradar wuchs selbst in Kandahar auf. Als Aufständischer trat er erstmals während der sowjetischen Invasion Ende der 70er Jahre in Erscheinung. Er soll damals gemeinsam mit dem berüchtigten einäugigen Kleriker Mullah Omar gekämpft haben. Nach der Einnahme Kabuls am Sonntag rief Baradar die Taliban-Kämpfer in einem Online-Video zur Disziplin auf: „Jetzt ist es an der Zeit, zu beweisen, dass wir unserer Nation dienen und für Sicherheit und ein angenehmes Leben sorgen können.“
18.8.21
Chinesischer Fernsehmoderator: US-Abzug und Taliban-Übernahme von Afghanistan beweisen, dass Amerika ein Papiertiger ist, der seine Verbündeten verrät; China wird eine konstruktive Rolle beim Wiederaufbau Afghanistans spielen und den Frieden wiederherstellen. „China wird sehr vernünftig mit den Veränderungen in Afghanistan umgehen. China hat nicht die Absicht, das von den Vereinigten Staaten geschaffene Vakuum zu füllen , die tragende Säule der chinesischen Außenpolitik. China wird eine konstruktive Rolle in Afghanistan spielen, um Frieden zu erreichen und um sehr bald den Wiederaufbau [Afghanistans] voranzutreiben.“ zum Video
Ein Kirchenleiter in Afghanistan sagte der Hilfsorganisation, dass die Christen in grosser Angst leben. Dazu gehören auch einige Christen, die für die Regierung gearbeitet haben und nun von Repressalien bedroht sind. Das Werk «Release International» warnte, dass jeder, der sich als Christ zu erkennen gibt, wegen seines Glaubens getötet werden könnte und dass er Gefahr läuft, verraten zu werden oder einem Ehrenmord durch seine eigenen Familienmitglieder zum Opfer fallen könnte. Ein christlicher Kontaktmann erläuterte, «dass die Situation vor Ort schrecklich ist. Unsere Brüder und Schwestern in Christus erzählen uns, wie sehr sie sich fürchten. In den von den Taliban kontrollierten Gebieten dürfen Mädchen nicht zur Schule gehen und Frauen dürfen ihr Haus nicht ohne männliche Begleitung verlassen.» Tragischerweise, so das Werk weiter, sind viele Christen arm und können es sich daher nicht leisten zu fliehen. «Sie werden zurückbleiben», erklärt Paul Robinson, Geschäftsführer von «Release International». Er bittet, für die Christen in Afghanistan zu beten. Während Tausende von Afghanen, darunter viele Christen, ins benachbarte Pakistan strömen, warnt das Werk, dass auch dort Gefahren lauern; namentlich wächst auch da der Einfluss der Taliban. Die pakistanischen Taliban haben bekanntlich die damals 14-jährige Malala Yousafzai versucht zu erschiessen, weil sie zur Schule ging. Sie überlebte und ist heute eine Menschenrechtsaktivistin. Sie sagt, sie mache sich «grosse Sorgen um Frauen und Minderheiten» in Afghanistan, jetzt wo die Taliban wieder das Sagen haben. Die Partner von «Release International» befürchten, dass die Machtübernahme in Afghanistan den Nordwesten Pakistans destabilisieren könnte. «Vor allem Pakistan könnte von der neuen Stimmung betroffen sein, was für die Christen in der gesamten Region eine schlechte Nachricht wäre», so Robinson. mehr Informationen
Wie viele es sind, die sich in dem seiner Verfassung nach islamischen Staat zum christlichen Glauben bekennen, ist ungewiss. Das evangelische Hilfswerk Open Doors geht von „einigen tausend“ aus. Auch der renommierte Bericht über die Religionsfreiheit des US-amerikanischen Außenministeriums macht keine konkreten Angaben. Er nennt in seiner aktuellen Ausgabe einen winzigen Anteil von 0,3 Prozent der Gesamtbevölkerung (insgesamt rund 38 Mio. Menschen) für alle nicht-muslimischen Minderheiten, darunter auch Hindus, Sikhs oder Buddhisten. Nach Angaben des katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ wird das Christentum als westliche Religion angesehen, die Afghanistan fremd ist. Afghanische Christen beteten alleine oder in kleinen Gruppen in Privatwohnungen. Nach Angaben christlicher Missionsgemeinschaften gebe es, so „Kirche in Not“, kleine Untergrund-Hauskirchen im ganzen Land, jede mit weniger als zehn Mitgliedern. Trotz einer Verfassungsklausel, die religiöse Toleranz garantiert, seien jene gefährdet, die offen ihren christlichen Glauben praktizieren oder vom Islam zum Christentum konvertieren. Die katholische Kirche sei in Afghanistan in Form einer Mission präsent. Tatsächlich war die katholische Repräsentanz am Hindukusch bei der italienischen Botschaft in Kabul angesiedelt. 2019 kehrte Pater Giuseppe Moretti für kurze Zeit nach Kabul zurück und berichtete, dass lediglich zehn Personen die Messe in der italienischen Botschaft besuchten. Darüber hinaus gibt es laut dem aktuellen Reports über die Religionsfreiheit von Kirche in Not eine kleine Schar katholischer Ordensfrauen vor Ort. Darunter drei Ordensschwestern der Kleinen Schwestern Jesu, die in der öffentlichen Gesundheitsversorgung arbeiteten, fünf Schwestern aus dem von Mutter Teresa gegründeten Orden Missionarinnen der Nächstenliebe, die sich um Waisen, behinderte Kinder und alleingelassene Mädchen kümmerten und armen Familien unterstützten, sowie drei Schwestern der interkonfessionellen Gemeinschaft Pro Bambini di Kabul, die sich um ungefähr 40 behinderte Kinder kümmerten. mehr Informationen
Pakistan begrüßte das neue afghanische Regime. Es scheint, dass der pakistanische Premierminister den gleichen ethnischen Hintergrund wie viele Taliban hat – die Paschtunen.
Die Schweiz möchte die Schweizer Staatsangehörigen, die sich noch vor Ort befinden, schnellstmöglich aus Afghanistan rausholen. Auch die lokalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen ausser Landes geschafft werden und in der Schweiz Asyl erhalten. Insgesamt geht das EDA davon aus, dass 280 Menschen auf diesem Weg gerettet werden.
17.8.21 Gemäss dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) befinden sich derzeit noch 28 Schweizer Bürgerinnen und Bürger in Afghanistan.
Mit einer Mauer an der Grenze zu Iran bereitet sich die Türkei auf die vielen Flüchtlinge aus Afghanistan vor. Die Mitteilungen der Islamisten seit der Machtübernahme seien positiv, erklärt der türkische Aussenminister Mevlut Cavusoglu. Sein Land befinde sich in Gesprächen mit allen afghanischen Kräften.
Grossbritannien fordert pragmatische Beziehungen zu den neuen Machthabern in Afghanistan. «Sie sind jetzt an der Macht, und wir müssen uns jetzt mit dieser Realität auseinandersetzen», sagt Dominic Raab, Britischer Aussenminister. Es gehe darum, einen positiven Einfluss auf das «neue Regime» auszuüben.
Heute Morgen landete die erste Maschine der deutschen Bundeswehr in Kabul. Wie die «Bild» meldet, konnten aber lediglich sieben Personen gerettet werden. Mehr Menschen hatte die Botschaft offenbar nicht mehr rechtzeitig zum Flughafen gebracht. Dies, weil in Kabul ab 21 Uhr abends Ausgangssperre herrscht. Eigentlich hätten mindestens 57 Botschaftsangehörige und 88 weitere Deutsche ausgeflogen werden sollen. Die Start- und Landebahn des Flughafens Kabul in Afghanistan ist nach Angaben eines Nato-Vertreters wieder geöffnet. Die deutsche Bundesregierung hat die staatliche Entwicklungshilfe für Afghanistan ausgesetzt. Afghanistan war bisher die Nummer eins unter den Empfängerländern deutscher Entwicklungshilfe. Für dieses Jahr waren 250 Millionen Euro veranschlagt.
Nach der Rückkehr der Taliban an die Macht in Afghanistan trifft sich der russische Botschafter Dmitri Schirnow am Dienstag mit einem Vertreter der radikalislamischen Miliz. Es soll diskutiert werden, wie die Sicherheit der russischen Botschaft in Kabul gewährleistet werden kann. Russland will seine Vertretung im Gegensatz zu westlichen Ländern offenhalten.
Das rasante Tempo der Taliban-Übernahme des Landes in etwas mehr als einer Woche ließ viele fassungslos zurück. Primär wollen sie Afghanistan als Herrschaftsgebiet der paschtunischen Gemeinschaften etablieren. Die anderen Stämme sollen sich unterordnen. Paschtunen machen etwa 40 % der Bevölkerung aus. Tadschiken sind mit etwa 27 % die zweitgrößte Gruppe des Landes. Hazara, ebenfalls persischsprachig, jedoch größtenteils schiitischen Glaubens und mongolischer Abstammung, stellen etwa 9 % der Bevölkerung. Usbeken, eines der vielen Turkvölker Zentralasiens, stellen etwa 9 % der Bevölkerung. Die Sayyiden, die von der Familie Mohammeds abstammen, nehmen in Afghanistan einen Ehrenplatz ein. Daneben existieren noch mehrere kleinere Gruppen von Aimaken (4 %), Turkmenen (3–4 %), Belutschen (2 %), Nuristani und zahlreiche weitere Ethnien (4 %). In Afghanistan werden etwa 49 Sprachen und über 200 verschiedene Dialekte gesprochen. Die Amtssprachen sind Persisch („Dari“) und Paschto.
Die Tradition der Taliban sieht eine strikte Form des orthodoxen, sunnitischen Islam vor, mit strenger Durchsetzung der Scharia, des islamischen Rechts. Die militärischen Aktionen der Taliban bis jetzt richteten sich hauptsächlich gegen den «IS». Der «IS» wird zwar niemals zu einer grösseren Gebietsherrschaft in Afghanistan kommen, doch er wird ein Stachel im Fleisch der Taliban sein, sagt Reinhard Schulze. In welcher Art die neue Herrschaft aussehen wird ist noch offen. Es gibt eine ganze Palette von Vorstellungen. Wohin das Pendel ausschwingen wird, werden erst die kommenden Wochen zeigen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung sympathisieren mit den Taliban, was dem Anteil der Paschtunen entspricht.
In einer C-17-Maschine der US Air Force wurden am Sonntagabend 15.8.21 mehr als 600 von Kabul nach Katar evakuiert. Das Flugzeug ist für 134 Passagiere ausgerüstet. Israel hält immer noch den Weltrekord mit 1.088 Personen in einer 747, bei der Operation „Salomon“. Das Foto sorgte für viel Aufsehen, da es sinnbildlich für den chaotischen Abzug der US-Truppen steht.
Das US-Militär ist am Flughafen Kabul nach eigenen Angaben inzwischen mit rund 2500 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Im Lauf des Dienstags solle deren Zahl auf mehr als 3000 ansteigen, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Montag. In einigen Tagen sollten dann rund 6000 US-Soldaten vor Ort sein, sagte er weiter. Sie sollen die Sicherheit des Flughafens gewähren und die Evakuierung von Amerikanern und früheren afghanischen Mitarbeitern der US-Streitkräfte organisieren. Biden stellte klar, er habe sich jahrelang dafür ausgesprochen, dass sich die Mission in Afghanistan auf die Terrorismusbekämpfung beschränken sollte. Das Ziel sei nie gewesen, eine Nation zu bilden. «Amerikanische Truppen sollten nicht in einem Krieg sterben, den afghanische Truppen nicht gewillt sind, zu kämpfen. Wir haben ihnen alle Mittel gegeben, die sie brauchten.» Die Taliban warnte er davor, die US-Truppen an der Evakuierung von zivilen Helfern zu hindern. Man werde mit zerstörerischer Kraft antworten.
Mit Blick auf die chaotischen Szenen am Flughafen am Montagmorgen erklärte Kirby, die US-Soldaten arbeiteten nun mit türkischen Kräften und Soldaten anderer Verbündeter zusammen, um Ordnung zu schaffen, damit der Luftverkehr wieder aufgenommen werden könne. Es Videos, die zeigten, wie Afghanen versuchten, sich an US-Transportflugzeuge zu klammern.
Im Zuge der Evakuierung von britischen Staatsbürgern und afghanischen Helfern will London 200 zusätzliche Soldaten nach Kabul schicken. Das teilte das britische Verteidigungsministerium am Montag mit, nachdem in der vergangenen Woche bereits 600 militärische Kräfte nach Afghanistan entsandt wurden. Die Soldaten sollen dabei helfen, die verbliebenen britischen Staatsbürger und afghanischen Helfer des britischen Militärs möglichst schnell aus dem Land zu holen.
Neben der Evakuierung der eigenen Landsleute, die absolute Priorität habe, sicherte Macron den afghanischen Helfern der Franzosen vor Ort und auch afghanischen Intellektuellen Frankreichs Hilfe zu. Er habe zwei Militärflugzeuge und Spezialkräfte nach Afghanistan beordert, diese würden dort in wenigen Stunden eintreffen, sagte Macron. Dem afghanischen Volk sicherte der Präsident Unterstützung in seinem Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung zu.
In Begleitung eines Hubschraubers und vier Autos voller Bargeld soll Afghanistans Präsident Ghani das Land verlassen haben. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA.
Russland kündigte dem Bericht zufolge ausserdem an, eine diplomatische Präsenz in Kabul aufrechterhalten zu wollen. Man hoffe, Verbindungen zu den Taliban aufzubauen. Dennoch wolle Russland das Verhalten der Taliban genau beobachten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den internationalen Einsatz in Afghanistan als Enttäuschung bewertet. Jenseits der Bekämpfung des Terrorismus sei alles «nicht so geglückt und nicht so geschafft worden, wie wir uns das vorgenommen haben». Der deutsche Bundesaussenminister Heiko Maas räumte ein, den Vormarsch der Taliban falsch beurteilt zu haben. «Es gibt auch nichts zu beschönigen: Wir alle – die Bundesregierung, die Nachrichtendienste, die internationale Gemeinschaft – wir haben die Lage falsch eingeschätzt.» Man habe nicht damit gerechnet, dass die afghanische Armee sich den Taliban nicht entgegenstellt. mehr Informationen
«Oft werden junge Männer und männliche Jugendliche von den Familien vorgeschickt.» Der Grund dafür: Die Reise sei für Frauen und Kinder oft sehr gefährlich, so Beat Gerber, Mediensprecher von Amnesty International Schweiz. Was genau die Frauen in Afghanistan nun erwartet, ist noch unklar. Die Taliban haben verkündet, dass Frauen noch immer arbeiten und studieren dürfen. Ihre Taten zeigen aber etwas anderes. In der Provinz Kandahar sollen neun Frauen einer privaten Bank von der Miliz nach Hause geschickt worden sein. In Herat im Westen des Landes durften Frauen die Universität nicht betreten. Bereits jetzt befänden sich weniger Frauen auf den Strassen. Auch haben die Taliban in den vergangenen Monaten Frauen bedroht, die sich öffentlich zu Frauenrechten äusserten.
Dass Frauen in Afghanistan ab sofort anders behandelt werden, bemerkte auch «CNN»-Reporterin Clarissa Ward. Für eine Live-Schaltung des Senders steht Ward mitten in einer Menge von Taliban in Vollmontur, bewaffnet mit Maschinengewehren. «Sie singen ‹Tod für Amerika›, scheinen aber gleichzeitig bizarrerweise freundlich.» «Sie haben mir gerade gesagt, ich solle zur Seite stehen – weil ich eine Frau bin», so Ward. Sie fragt bei einem Taliban nach: «Wie wollen Sie denn Frauen schützen? Denn viele Frauen haben Angst, dass sie nicht mehr arbeiten oder zur Schule gehen dürfen.» Er versichert: «Die Frauen dürfen ihr Leben weiterleben wie bisher, aber sie müssen einen islamischen Niqab tragen.» Ward fragt nach: «Also so einen, wie ich trage?» «Nein, das Gesicht muss bedeckt sein.» Ward hat ihr Gesicht frei. «Warum müssen sie denn ihr Gesicht bedecken?», fragt sie weiter. Er entgegnet: «Das ist so in unserem Islam.»
Die Taliban versetzen derzeit Afghanistan in Angst und Schrecken. Besonders unverheiratete Frauen und Mädchen im Alter von 12 bis 45 Jahren sind bedroht: Sie werden als «Kriegsbeute» angesehen.
In einem Interview mit Bild.de erklärte ein Taliban-Richter im Juli, wie die Bestrafung nach der Scharia erfolgt: Je nach Schwere der Schuld, beispielsweise bei einem Diebstahl, erfolgt die Abtrennung von Gliedmassen: «Je nach Verbrechen können wir mit Fingerkuppen oder Fingern beginnen. Für schlimmere Taten durchtrennen wir das Handgelenk, den Ellbogen oder den Oberarm. Für die schlimmsten Verbrechen kommt nur Tod durch Steinigung oder Hängen infrage.» Benutzt werde dafür eine Art Beil, das sonst für Tierschlachtungen verwendet wird. Werden Schwule beim Sex erwischt, gebe es zwei Strafen: «Entweder Steinigung oder er muss hinter einer Mauer stehen, die auf ihn fällt.»
Die Taliban waren bereits 1996 bis 2001 an der Macht und herrschten strikt nach ihrer Auslegung der Scharia: Männer mussten sich Bärte wachsen lassen, Frauen die Burka tragen. Die Taliban verboten Fernsehen, Musik und Kino und lehnten den Schulbesuch von Mädchen ab zehn Jahren ab.
Einige Punkte, wie die Scharia bei den Taliban interpretiert wird:
- Diebe werden öffentlich ausgepeitscht oder durch Amputationen bestraft.
- Ohne Burka und ohne einen männlichen Blutsverwandten ist es Frauen untersagt vor die Tür zu gehen.
- Frauen sollen in der Öffentlichkeit nicht sprechen. Kein Fremder soll die Stimme einer Frau hören.
- Sollten Schwule beim Geschlechtsverkehr erwischt werden, werden sie gesteinigt, oder von einer Mauer, die auf sie fallen gelassen wird, zerquetscht.
- Frauen zu fotografieren oder zu filmen ist untersagt. Ebenso ist es verboten, weibliche Personen zur Schau zu stellen – wie etwa auf Magazinen oder Plakaten.
- Frauen ist es nicht gestattet, sich auf der Terrasse oder dem Balkon ihrer Wohnungen oder Häuser aufzuhalten.
- Unverheiratet Unzucht zu betreiben, wird mit Peitschenhieben bestraft.
- Der Konsum von berauschenden Substanzen – zum Beispiel Alkohol – wird mit Schlägen geahndet.
13.8.21 Die militant-islamistischen Taliban haben die wichtige Stadt Laschkargah im Süden Afghanistans eingenommen. Das bestätigten zwei Provinzräte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Die Aufständischen nähern sich damit weiter einer völligen militärischen Machtübernahme im Land. Mehrere Staaten bereiten sich mittlerweile auf die Evakuierung ihrer Botschaftsmitarbeiter und anderer Staatsbürger vor. Die US-Streitkräfte verlegen sofort rund 3000 zusätzliche Soldaten an den Flughafen in Kabul. Damit solle eine geordnete Reduzierung des US-Botschaftspersonals unterstützt werden, hiess es von einem Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Zudem verlegen die USA demnach bis zu 4000 weitere Soldatinnen und Soldaten nach Kuwait und 1000 nach Katar – für den Fall, dass Verstärkung gebraucht wird. Der Abzug der US-Soldaten aus Afghanistan solle aber bis 31. August abgeschlossen werden, so der Sprecher am Donnerstag (Ortszeit). Auch Grossbritannien will rund 600 zusätzliche Soldaten schicken, um die Rückführung von Briten aus Afghanistan zu sichern. Zuletzt hatte US-Präsident Joe Biden am Donnerstag im Weissen Haus erklärt, die Afghanen müssten nun «selbst kämpfen, um ihren Staat kämpfen».
Wie rechtfertigen die Taliban, dass sie auf ihrem Vormarsch Tausende Zivilisten niedermetzeln – obwohl sie ja angeblich für die afghanische Bevölkerung kämpfen, die in einem «islamischen Emirat» leben soll? Das fragte ein Journalist der «BBC» einen Taliban-Kämpfer. «Es finden Kämpfe statt, da sterben Menschen», antwortet der und fügt an, dass die Taliban «ihr Bestes» geben würden, möglichst keine Zivilisten zu verletzen. «Sie geben die westliche Kultur nicht auf, also müssen wir sie töten», so der Kämpfer.
Sie würden Frauen nicht zwingen, sich komplett zu verhüllen, heisst es etwa. Sie würden nur davon «predigen», dass dies «die angemessene Kleidung» für eine Frau sei. Doch Taxifahrer sind in den eroberten Städten und Dörfern bereits angewiesen worden, keine Frauen zu fahren, es sei denn, sie seien komplett verschleiert. Auch gibt es bereits wieder Berichte über einen Mord an einer jungen Frau, weil sie die «falschen Kleider» trug.
Der BBC-Reporter berichtet auch, dass lokale Radiosender in den Provinzen nicht mehr länger das Gemisch von islamischen Liedern und beliebten Popsongs senden würden – «jetzt sind es nur noch religiöse Gesänge.»
12.8.21 Die Taliban erobern in Afghanistan eine Stadt nach der anderen. Deutschland fordert seine Bürger deshalb zur Ausreise auf. Eine Reisewarnung für Afghanistan besteht bereits seit langem. Ende März wurde bereits eine Ausreiseaufforderung ausgesprochen. Diese wird mit der nun versandten Aufforderung noch einmal unterstrichen, heisst es in der Nachricht.
8.8.21 Afghanistan ist weltweit das Kriegsland Nummer eins, und damit sehr unsicher. In diesem Jahr hat sich die Lage nochmals erheblich zugespitzt. Die Taliban kontrollieren über die Hälfte des Landes und umzingeln über die Hälfte der Provinzhauptstädte. Es handelt sich um einen sehr heftigen Krieg mit überdurchschnittlich vielen Todesopfern. Weltweit gibt es keinen Krieg, der diese Intensität erreicht. Die Taliban, wird berichtet, dringen auch in private Häuser ein und agieren von dort aus. Die Regierung fährt dann Luftangriffe und schiesst mit Artillerie, dadurch gibt es sehr viele zivile Schäden, verursacht von beiden Seiten. Wenn die Taliban die Kontrolle über Gebiete übernehmen, werden oft Schulen geschlossen, sie begründen das mit der Sicherheit, was auch stimmt. Häufig schliessen sie aber auch gezielt Mädchenschulen oder lassen nicht zu, dass Mädchen länger als bis zur sechsten Klasse zur Schule gehen, nicht länger als bis zur Pubertät. Es wird auch berichtet, dass die Taliban in vielen Provinzen Radiostationen schliessen oder verbieten, dass dort Frauen auftreten. Bestimmte Sendungen dürfen nicht mehr gesendet werden, keine Musik darf mehr gespielt werden. Das kennt man von vor 2001. Gleichzeitig sagen Männer, man könne sich ausserhalb der Kampfzonen relativ frei bewegen. Die Taliban haben in Vororten Kabuls Flugblätter verteilt, dass man sich vor ihnen nicht fürchten soll, und haben sich als neue Regierung vorgestellt. Sie sind sehr selbstbewusst und offenbar in der Lage, überall im Land zuzuschlagen.
6.8.21 Die Taliban werden innert der nächsten zwölf Monate einen grossen Teil des Landes eingenommen, wenn nicht sogar die Regierung selbst übernommen haben, schätzt Helena Hahn vom European Policy Centre. Es heisst, dass alle zehn Minuten eine Zivilistin oder ein Zivilist in Afghanistan bei Anschlägen stirbt. Allein zwischen Mai und Juni wurden rund 2500 Zivilistinnen und Zivilisten verletzt oder getötet – so viele wie nie – seit Beginn der UN-Aufzeichnungen 2009. Entsprechend auch die Zahl der vor Gewalt ins Ausland fliehenden Menschen.
Die meisten Afghaninnen und Afghanen mit Plänen für eine Flucht ins Ausland nennen zwar den Iran, Tadschikistan und die Türkei als Ziele, manche auch Pakistan. Von Deutschland, Österreich oder Schweden träumen zwar alle, aber mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass die Tore Europas geschlossen sind. Es ist bekannt, dass es äusserst schwierig geworden ist, ohne Papiere in diese Länder zu gelangen.
«In Afghanistan dämmert eine neue Terrorherrschaft. Die EU muss sich einstellen auf noch mehr Flüchtlinge als 2015», befürchtet die «Westdeutsche Zeitung». Die Zahl an afghanischen Flüchtlingen, die Asyl in der EU, in Norwegen und der Schweiz suchten, stieg zwischen Februar und Mai um 33 Prozent.
„Ihr habt Uhren, wir haben Zeit.“ Nun sind die Taliban wieder da. Und wo sie herrschen, verschwinden plötzlich, wie das Licht beim Stromausfall, Recht und Gesetz. Sie schießen Menschen nieder, die Smartphones haben. Andere werden gezwungen, ihre SIM-Karten zu essen: Musik hören und Videos sind jetzt „unislamisch“.
Die zur Stunde immer noch weltoffene Millionenmetropole Kabul steuert auf eine Tragödie zu. Helfen könnte jetzt allenfalls noch ein ordnender und vermittelnder Eingriff der Türkei. Mittel Juli sagte ein Taliban: „Wir wollen uns mit dem türkischen Sultan treffen, er leitet ein wichtiges muslimisches Land für uns und die Welt.“
Es gibt nur eine einzige katholische Kirche in islamischen Republik Afghanistan. Das Gotteshaus befindet sich in der italienischen Botschaft in Kabul. Mit dem Abzug der Soldaten westlicher Nationen wie Deutschland und den USA aus Afghanistan, wächst die Sorge, ob das Christentum überhaupt eine Zukunft hat, und wenn ja welche. Die Verfassung Afghanistans von 2004 definiert das Land als eine islamische Republik. Es ist verboten, in der Öffentlichkeit das Evangelium zu predigen oder zum Christentum zu konvertieren. Örtlichen Quellen zufolge ist es nicht einfach, die derzeitige Situation in Afghanistan zu beschreiben. Die Quellen sagen jedoch, dass „neben dem Krieg, der geführt wird, offenbar auch ein Informationskrieg herrscht. Beide Konfliktparteien beanspruchen ihre Erfolge für sich, und in beiden Fällen ist es schwer, sie zu bewerten“. Das problematischste Szenario ist jedoch, dass Afghanistan in einen Bürgerkrieg verwickelt wird. Dieses Szenario wird durch noch offiziell unbestätigten Gerüchte über den Einzug ausländischer Dschihadisten in das Land eine mögliche Option.
28.7.21 Die militant-islamistischen Taliban haben mit der Erhebung von Zöllen an einem von ihnen kontrollierten Grenzübergang zu Pakistan begonnen. Gleichzeitig hätten die afghanischen Behörden jetzt Kontrollposten für Güter in der Provinzhauptstadt Kandahar errichtet und würden ebenso Abgaben erheben. Pakistanische Exporteure erwägen nun, abgesehen von verderblichen Lebensmitteln, ihre Lieferungen nach Afghanistan und in andere zentralasiatische Staaten auszusetzen, sagte der Chef der PAJCCI, Zubair Motiwala. Pakistan exportiert vor allem Lebensmittel, Baumaterialien, Textilien und Medikamente nach Afghanistan. Die Taliban haben neben Spin Boldak mittlerweile auch Grenzübergänge in den Iran, nach Turkmenistan und Tadschikistan unter ihrer Kontrolle.
Afghanistan gilt als das derzeit gefährlichste Land der Welt mit einer Zunahme der Kriegstoten um 30 Prozent in diesem Jahr. 30 Prozent der Menschen sind laut dem neuesten UN-Welthungerindex akut unterernährt. Mindestens 15 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Abgeschobene Flüchtlinge landen in Afghanistan in der Regel in Perspektivlosigkeit und Verfolgung. Rund 90 Prozent der Abgeschobenen machten nach Erkenntnissen der Diakonie Hessen nach der Rückkehr Gewalterfahrungen und wurden bedroht. Die afghanische Regierung macht offiziell deutlich, dass sie ihre Schutzverantwortung nicht wahrnehmen kann. mehr Informationen
23.7.21 Die US-Luftwaffe greift Taliban-Ziele in der Nähe von Kandahar mit Drohnen an .
Die Taliban gaben offiziell bekannt, dass 90% der Grenzen Afghanistans unter ihrer Kontrolle stehen!
Flagge der Taliban zwischen Afghanistan und Tadschikistan
Tausende Afghanen flüchten in einem massiven Exodus in den Iran um über die Türkei andere Länder zu erreichen.
16.7.21 Ein Taliban sagte vor kurzem: „Wir wollen uns mit dem türkischen Sultan treffen, er leitet ein wichtiges muslimisches Land für uns und die Welt.“
14.7.21 Pakistans Katholiken fürchten Taliban-Vormarsch in Afghanistan
In der vergangenen Woche gaben die Taliban an, bereits 85 Prozent des afghanischen Territoriums zu kontrollieren. Teilen der pakistanischen Armee und des Geheimdienstes wird seit langem vorgeworfen, die Taliban zu unterstützen, obwohl das mehrheitlich konservativ-islamische Land offiziell Verbündeter der USA im Kampf gegen den islamischen Terrorismus ist. Pakistans Innenminister Sheikh Rashid Ahmed sagte demnach zuletzt, die Regierung in Islamabad würde jede Regierung in Afghanistan akzeptieren, die die Unterstützung des Volkes habe.
Der Leiter der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden in der Pakistanischen Bischofskonferenz, Emmanuel Yousaf Mani, sagte gegenüber Ucanews: „Wir sind näher (an Afghanistan) und werden am stärksten betroffen sein. Wir haben in unserem Land die von den Taliban inspirierte Kultur mit Kalaschnikows und Drogen erlebt.“
Auch in Pakistan ist die Präsenz der Taliban in den vergangenen Wochen sichtbarer geworden. Bei einem Begräbnis in der Stadt Peschawar nahe der Grenze zu Afghanistan nahmen laut Ucanews viele Menschen mit der Flagge des „Islamischen Emirats Afghanistan“ teil, das die Taliban 1997 ausgerufen hatten und das bis 2001 bestand.
„Wir sind (…) besorgt darüber, dass unser Außenminister und andere Vertreter unserer Regierung die Taliban loben. Das ist gefährlich für unser Land und unsere Gesellschaft“, zitierte der asiatische Pressedienst Ucanews am Dienstag den Vorsitzenden der religionsübergreifenden Organisation Rawadari Tehreek (Bewegung für Toleranz), den Katholiken Samson Salamat. „Die Taliban werden fortschrittliche Menschen ins Visier nehmen.“ mehr Informationen
Taliban-Truppen haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über die Grenze zu Pakistan übernommen. In den letzten Tagen hat die Organisation auch Grenzübergänge zum Iran, Turkmenistan und Tadschikistan kontrolliert!
Grossbritannien will im Falle einer Regierungsübernahme durch die Taliban in Afghanistan mit den militanten Radikalislamisten zusammenarbeiten. «Die britische Regierung wird sich auf jeden einlassen, der die Regierung stellt, vorausgesetzt er hält sich an bestimmte internationale Normen», sagte Verteidigungsminister Ben Wallace dem «Daily Telegraph» (Mittwoch). Wallace sagte, falls sich die Taliban pragmatisch verhielten, könne dies ein Fundament für langfristigen Frieden in Afghanistan sein. mehr Informationen
Nachdem sich fast sämtliche westliche Soldaten aus Afghanistan zurückgezogen haben, ist die Zentralregierung im Kampf gegen die radikal-islamischen Taliban nun weitgehend auf sich allein gestellt. Militärische Unterstützung könnte Kabul nun aus Ankara bekommen. Taliban-Sprecher Suheyl Shaheen lehnte das Vorhaben indes gegenüber der BBC klar ab. Alle ausländischen Soldaten, die nach September im Land blieben, würden wie Besatzungstruppen behandelt. „Alle ausländischen Streitkräfte, Auftragnehmer, Berater, Trainer sollten sich aus dem Land zurückziehen.“
Die 60.000 Taliban stehen einer 300.000 Mann starken afghanischen Armee gegenüber, die 20 Jahre lang von der NATO ausgebildet wurde. „Trotzdem werden afghanische Metropolen wieder zurückerobert. Die afghanische Armee, die auf dem Papier eigentlich stärker ist, macht sich auf dem Schlachtfeld nicht besonders bemerkbar“, analysiert Ilhan Uzgel, Experte für internationale Beziehungen an der Universität Ankara. mehr Informationen
6.7.21 Die Ereignisse in Afghanistan sind schnell und überraschend. Tadschikistan rekrutiert Reservisten, mehr als 20.000 Soldaten werden rekrutiert um die Grenze zu Afghanistan zu sichern. Der Iran hat angekündigt, die Aktivitäten seines Konsulats einzuschränken. Die Türkei und Russland haben ihre Konsulate in Mizra a-Sharif geschlossen. Die Konsulate von Usbekistan, Tadschikistan, Indien und Pakistan haben ihre Dienste reduziert.
3.7.21 Afghanistan fällt in die Hände der Taliban. Hunderte afghanische Soldaten geben kampflos auf. Die Taliban kontrollieren offiziell 81% Afghanistans und sammeln unterwegs tonnenweise Waffen, welche von der afghanischen Armee zurückgelassen wurden. Städte fallen eine nach der anderen kampflos in ihre Hände.
Ein Fiasko westlicher Aussenpolitik. Nachdem es Russland nicht gelungen ist Afghanistan zu kontrollieren, kapituliert auch der Westen.
Alles streng geheim und niemand wurde eingeweiht, als die US-Soldatinnen und Soldaten ihren Stützpunkt in Bagram verließen. Bagram war die größte Militärbasis der USA in Afghanistan. Sie liegt mehr als 50 Kilometer von der Hauptstadt Kabul entfernt – zeitweise waren bis zu 30.000 Truppen dort stationiert.
Die NATO hatte mit ihrem Abzug offiziell am 1. Mai begonnen. Seitdem haben die Taliban viele Offensiven gestartet und rund 100 Bezirke im Land eingenommen. Vor allem im Norden sind die Taliban auf dem Vormarsch.
Der Verteidigungsminister von Afghanistan hat vor wenigen Tagen sogar Zivilisten aufgerufen, zu den Waffen zu greifen: „Ich sage allen unseren Patrioten: Steht unseren Soldaten bei – überall im ganzen Land“.
Obwohl die NATO-Truppen fast 20 Jahre in ihrem Land waren, würden sie jetzt zum Abzug nur Chaos hinterlassen, sagt Ashmatullah: „Im Namen der NATO habt ihr euer Geld hier ausgegeben, eure Waffen ausprobiert und sie hier verkauft. Und jetzt geht ihr hier Hals über Kopf raus und hinterlasst einen kalten Krieg. Ihr seid gekommen, um Terror zu beenden, aber anstatt die Terroristen zu besiegen, gibt es hier jetzt viel mehr von ihnen.“
Ashmatullah ist eigentlich Taxifahrer, aber kämpfen – das könnten sie hier alle, sagt er stolz. Er führt eine kleine bewaffnete Ziviltruppe an. Das hätten die Afghanen einfach im Blut: „Seit 40 Jahren herrscht bei uns Krieg, unsere Väter haben vor 20 Jahren zwar ihre Waffen niedergelegt, und wir sind in die Schule gegangen. Aber unsere Väter sind Gotteskrieger, sie haben uns beigebracht, wie man kämpft. In schwierigen Zeiten haben wir Afghanen immer zu den Waffen gegriffen.“
Die Taliban haben den Abzug der US-Truppen aus ihrem größten Stützpunkt in Afghanistan begrüßt. Einer ihrer Sprecher, Zabihullah Mujahid, sagte: „Das ist ein guter Schritt. Weil die ausländischen Truppen hier im Land waren, hat der Konflikt in unserem Land so lange angehalten. Jetzt können wir Afghanen selber Entscheidungen fällen und die Zukunft unter uns ausmachen.“
Wenn es nach den Taliban geht, würden sie wieder an die Macht kommen und in Afghanistan wohl erneut ein islamisches Emirat errichten. mehr Informationen
Die Frauen haben das Schlimmste zu befürchten.
US-Präsident Joe Biden hat Spekulationen zurückgewiesen, dass der Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan bereits in wenigen Tagen komplett abgeschlossen sein könnte. Biden verneinte eine entsprechende Frage einer Reporterin am Freitag im Weissen Haus ausdrücklich und sagte, man liege beim Abzug im Zeitplan. Es blieben noch „einige Kräfte“ im Land. Es sei „nichts Ungewöhnliches“ am Vorgehen bei dem Abzug. Die USA haben angekündigt, bis spätestens 11. September alle Truppen abzuziehen. Zuletzt hatte es Berichte gegeben, dass der Rückzug bereits rund um den 4. Juli, den Nationalfeiertag in den USA, abgeschlossen werden könnte. Die Bundeswehr hatte am Dienstag 29. Juni 21 ihre letzten verbliebenen Soldaten aus dem Norden des Landes ausgeflogen.
Im Jahr 2001 hatte die Terror-Organsiation Al-Kaida am 11. September mehrere Anschläge auf das Land USA gemacht. Unter anderem sind Terroristen mit entführten Flugzeugen in die Türme von dem Hoch-Haus „World Trade Center“ geflogen. Die Türme sind eingestürzt und viele Menschen gestorben. Der Anführer von Al-Kaida hieß damals Osama Bin Laden. Er war damals in Afghanistan.
Deshalb sind 2002 Soldatinnen und Soldaten aus vielen Ländern nach Afghanistan gegangen. Bin Laden wurde von der Terror-Organisation „Taliban“ versteckt. Die Taliban haben damals Afghanistan regiert. Die internationalen Soldaten haben die Taliban-Regierung gestürzt. Deutschland hat viele Aufgaben übernommen. Zum Beispiel haben deutsche Soldatinnen und Soldaten Sicherheits-Kräfte wie die Polizei in Afghanistan ausgebildet. So sollte ein stabiler Staat entstehen – ohne Terror.
Viele Expertinnen und Experten glauben: Es wird wieder einen Bürger-Krieg geben.
Insgesamt waren fast 160.000 Soldatinnen und Soldaten für einige Zeit in Afghanistan. 59 deutsche Soldaten sind gestorben. Viele haben auch Trauma bekommen, also eine psychische Erkrankung. Sie haben dann zum Beispiel auch in Deutschland manchmal Angst oder können nicht schlafen.
Die Bilanz ist desaströs. Weit mehr als 100.000 Zivilsten wurden getötet, die US-Armee verlor mehr als 2.400 Soldaten, die Bundeswehr 59. Die Taliban wurden aus Afghanistan vertrieben, Osama bin Laden 2011 in Pakistan getötet. Die internationalen Truppen blieben weiter mit dem Ziel, für Demokratie, Menschenrechte und Wohlstand zu sorgen. Heute ist Afghanistan auf dem Papier eine islamische Republik mit demokratischer Verfassung, doch wahrscheinlich werden die Taliban schon in einigen Monaten die Macht übernommen haben und das Rad zurückdrehen.
Die Taliban sind Islamisten, das heißt, sie wollen einen strengen Islam durchsetzen. Als sie in Afghanistan regiert haben, durften Mädchen nicht zur Schule gehen. Alle Männer mussten Bärte tragen. Musik und Fernsehen waren verboten.