Mouhanad Khorchide schreibt:
„Das große Dilemma des Islams heute besteht darin, dass sein Selbstverständnis als Religion der Unterwerfung, die in den Menschen lediglich Objekte des Gehorsams und nicht Subjekte der Liebe sieht, zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist.“ (S.10)
„Es gilt in vielen islamischen Ländern zum Beispiel als religiös verboten, gegen soziale Ungerechtigkeiten oder gegen korrupte Regime zu demonstrieren. Und es sind gerade die in diesen Ländern anerkannten Gelehrten und religiösen Institutionen, die solche Verbote aussprechen – im Namen des Islams.“
Nach Korchides Auffassung, wäre die Hauptbotschaft Mohammeds Sure 21,107: „Gott hat dich, Mohammed, ausschließlich als Barmherzigkeit für alle Welten entsandt“.
Nur wenige Jahre nach dem Tod von Mohammed war davon allerdings kam noch etwas zu spüren. Aus einer Botschaft der Barmherzigkeit war die Legitimation von Macht und Tyrannei geworden, so Korchides. Die islamischen Herrscher hätten damit begonnen, sich mit religiösen Titeln zu schmücken, um damit ihre Macht im Namen des Heiligen zu begründen und dem Volk zu suggerieren, sie seien die Vertreter Gottes auf Erden. In seinem Namen würden sie sprechen, sie seien sein Sprachrohr, weshalb sie darauf Anspruch hätten, dass ihnen bedingungslos gehorcht werde und man sich ihnen im Namen des Islams unterwerfe. Noch heute verwenden muslimische Herrscher genau diese Rhetorik, um ihre Herrschaft, die meist nicht vom Volk legitimiert ist, zu rechtfertigen.
Denn mit einer Religion der Liebe und Barmherzigkeit, die Spiritualität und ethische Grundsätze sowie Grundsätze der Freiheit und Gleichheit predigt, lassen sich autoritäre Machtstrukturen viel schwieriger begründen als mit einer Religion der Unterwerfung, soweit Khorchide im Buch „Der Verrat am Islam“ Seite 10 und 20.
Die große Frage ist, ob nicht schon Mohammed nach der muslimischen Überlieferung einen Wandel durchgemacht hat, als er merkte, dass seine Botschaft in Mekka nicht gut ankam und er nach Medina flüchten musste. Oder möchte Khorchide sagen, dass die militanten Verse im Koran erst später hinzugefügt wurden?
Jesus sagt in Matthäus 20,25-26: „Ihr wisst, dass die Regenten der Nationen sie beherrschen und die Großen Gewalt gegen sie üben. Unter euch wird es nicht so sein; sondern wenn jemand unter euch groß werden will, wird er euer Diener sein.“
Update folgt.
Bisherige Beiträge zu diesem Thema
Manipulierter Islam 11. Juni 2021
Mouhanad Khorchide ist Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster.