Europäer kennen nur die frische Meeresbrise an den weissen Stränden, das freundliche lächeln der Beduinen, die zum gemütlichen Tee in ihre Zelten laden oder den Gebirgstreck zum Katharinenkloster mitten in der Sinai Halbinsel. Doch Sigal Rozen, Koordinatorin der israelischen Menschenrechtsorganisation „Hotline für Gastarbeiter“, hat vom Urlaubsparadies am Roten Meer ein anderes Bild: „Ganze Täler im Sinai stinken nach Leichen und Verwesung“, sagt Rozen. Dutzende, wenn nicht gar hunderte Afrikaner werden hier jährlich auf der Flucht erschossen.
Die Geschichten der Afrikaner ähneln Beschreibungen des Sklavenhandels im 18. Jahrhundert. „Wären die Geiseln Europäer, hätte man diesem Treiben längst ein Ende gesetzt“, sagt Rozen.
Bis vor kurzem unternahmen ägyptische Behörden wenig, zumal die Zentralgewalt im Sinai notorisch schwach ist. Der amerikanische „Menschenhandelsbericht 2011“ beklagt dass Ägyptens „Regierung keine Anstrengungen machte, Beamte, die im Menschenhandel mitmischten, zu verhören oder zu bestrafen.“
Doch ein Bericht des Nachrichtensenders CNN, der erstmals auch festhielt, dass manchen Flüchtlingen gegen ihren Willen Organe entnommen werden, hat die Bewohner des Sinai wachgerüttelt. Mitte September demonstrierten erstmals 3000 Beduinen gegen die Schmuggler in ihrer Halbinsel. Auch ägyptische Medien nahmen das Thema inzwischen auf. Dennoch, so Rozen, sei das Problem noch lange nicht gelöst: „Es werden immer noch hunderte Afrikaner gegen ihren Willen im Sinai festgehalten, gefoltert und erpresst.“