Sobald es um den Koran geht und den Propheten, fühlen sich Muslime beleidigt durch jegliche Arbeit, die sie diesen beiden Symbolen gegenüber als respektlos empfinden: Sei es das aktuelle Koran-Projekt in Deutschland, das eine ernsthafte wissenschaftliche Arbeit darstellt, bis hin zum berüchtigten Video auf Youtube. Für den Durchschnitt der Muslime ist das alles gleichermaßen ein Angriff auf ihren Glauben.
Es gibt gewisse Werte, bei denen können ihre Träger keinen Kompromiss eingehen.
Westliche Staaten beruhen auf dem Prinzip, dass der freie Meinungsaustausch von der Verfassung geschützt ist. So ist den Filmemachern in Hollywood oder den großen Verlagshäusern in New York nichts heilig: Wenn ein Film gut ist, erhält er einen Oscar. Ist er schlecht, wird er in den Rezensionen zerrissen. Dabei ist kein Thema tabu, ob es nun um Jesus Christus, Sex, Geld, Schwule, Juden oder Frauen geht.
Erdogan und der ägyptische Präsident Mohammed Mursi wollen offenbar nicht verstehen, dass in einer Verfassungsdemokratie der Premier oder Präsident gar nicht die Macht und das Recht haben, die freie Meinungsäußerung einzuschränken. Wenn Obama sagt, der islamfeindliche Film sei unwürdig und repräsentiere nicht die Meinung der US-Regierung, ist das eben nur seine Privatmeinung – und nicht das Gelöbnis, die Macher des Films zu bestrafen.
Als die einzig verbliebene Supermacht stehen die USA vor der großen Herausforderung, soweit es geht Konflikte zu vermeiden.
Zu propagieren, dass sich gegenseitig ausschließende Moralvorstellungen vereinbaren lassen, löst das Problem nicht – ganz im Gegenteil, es verzögert nur die unausweichliche Auseinandersetzung in diesem ideologischen Streit.
Amerika wird genauso wenig von der Meinungsfreiheit abweichen, wie die Muslime nicht akzeptieren werden, dass eine Beleidigung ihrer religiösen Ikonen straffrei bleiben darf. Von daher ist der einzige Ausweg eine wahrhafte Auseinandersetzung, bei der jede Seite versucht, der anderen zu beweisen, dass die jeweiligen Wertvorstellungen überlegen sind. Mit anderen Worten: Der Westen sollte endlich aufhören mit der moralischen Relativierung und damit beginnen, seine Werte zu verteidigen. Das wird im Endeffekt weniger Leben kosten, als sich vorübergehend mit Diktatoren und Tyrannen zu verbünden.