Die Lage rund um den Gazastreifen eskaliert seit Mittwochabend. Die radikalislamische Hamas schoss bis in die Morgenstunden mehr als 150 Geschosse auf Israel ab, erstmals seit dem letzten Krieg 2014 auch auf die Großstadt Aschdod. Israels Raketenabwehr fing zig Geschosse in der Luft ab, dennoch wurden Wohnhäuser und Fabriken direkt getroffen.
Israels Luftwaffe bombardierte laut eigenen Angaben mehr als 140 militärische Ziele in Gaza. Insgesamt starben dabei bis zum Morgen mindestens drei Palästinenser, auf israelischer Seite wurden sieben Menschen zum Teil lebensgefährlich schwer verletzt. Die Armee verlegt weitere Raketenabschussbatterien in den Süden und zieht Landstreitkräfte rund um Gaza zusammen. Erstmals sprechen israelische Offiziere davon, Dörfer in Grenznähe im Vorfeld einer Militäroperation zu evakuieren.
Dabei schien es zumindest bis Mittwochnachmittag, als stünden Israel und die Hamas kurz vor dem Abschluss eines langfristigen Waffenstillstandsabkommens. Der Deal, der mit Vermittlung Ägyptens, Katars und der Vereinten Nationen (UN) ausgehandelt wird, werde bis spätestens Ende August unterschrieben, schätzte ein hochrangiger Hamas-Sprecher Mittwochmittag. Israels Kabinett schien ebenfalls geneigt, ihn unter bestimmten Konditionen anzunehmen.
Warum also nun die Eskalation?
schreibt in Welt.de: Rund um Gaza kriselt es seit Monaten. Ein zentraler Grund dafür ist der Bruderzwist zwischen der Hamas und der säkularen Fatah, die das Westjordanland beherrscht. Die Erzrivalen ringen seit Jahrzehnten miteinander.
Im Winter vergangenen Jahres beschloss der Fatah-Vorsitzende und Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas, die Hamas mit wirtschaftlichen Maßnahmen in die Knie zu zwingen. Er fror Zahlungen an Beamte in Gaza ein, drosselte die Stromzufuhr und reduzierte Hilfslieferungen. Das drohte den ohnehin Not leidenden Landstrich in den Ruin zu treiben. Jetzt gibt es hier im Bestfall täglich noch vier Stunden Strom, die Arbeitslosigkeit liegt über 50 Prozent.
Die international isolierte Hamas entschied sich deshalb für die Flucht nach vorn. Sie eskalierte die Spannungen entlang der Grenze mit Israel, die seit dem letzten Krieg im Sommer 2014 ruhig war. Sie organisiert gewaltsame Massenproteste am Grenzzaun, in denen seit Ende März mehr als 160 Palästinenser starben. Zugleich intensivierte sie Attacken entlang der Grenze, bei denen mehrere israelische Soldaten verletzt wurden.
Außerdem ließ sie täglich Dutzende Terrordrachen und Ballons, die mit Brand- oder Sprengsätzen versehen waren, auf Israel los und verursachte so Hunderte Brände. Scharfschützen der Hamas legten Hinterhalte, erschossen dabei einen israelischen Soldaten. Das sollte Druck auf Israel und die Weltgemeinschaft ausüben, die Notlage Gazas zu lindern.
Die Regierung in Jerusalem braucht Ruhe im Süden, um sich den Herausforderungen im Norden zu widmen. Dort will der Iran in Syrien militärisch Fuß fassen, um Israel direkt bedrohen zu können. Teheran hat sich die Vernichtung des Judenstaats auf die Fahnen geschrieben. Und so befürworten Hardliner wie Premierminister Benjamin Netanjahu, die einst den „Sturz des Hamas-Regimes“ forderten, jetzt eine Einigung mit den Islamisten.
Der derzeit besprochene Deal ist laut Berichten arabischer Medien in mehrere Phasen aufgeteilt und soll mindestens fünf Jahre lang halten. Zuerst stellen beide Seiten das Feuer ein, Israel eröffnet die Grenzübergänge nach Gaza, die es infolge der Brandattacken vor wenigen Tagen schloss. Später sollen die USA, Europa und arabische Golfstaaten unter Ägide der Vereinten Nationen im ägyptischen Sinai für 600 Millionen Euro einen Flug- und einen Seehafen für die Bewohner des Gazastreifens errichten.
Doch der Streit über die Gefangenen verhinderte den Deal bislang. Die Hamas hält in Gaza zwei israelische Staatsbürger und die Leichen zweier israelischer Soldaten fest und will sie nur freilassen, wenn Israel zuvor Häftlinge der Hamas in großen Zahlen freilässt. Israel will einen solchen „Vorschuss“ nicht leisten.
Während beide Seiten über diesen Punkt streiten, lassen simple Fehler die Lage eskalieren. Der neuste Schlagabtausch begann mit einem taktischen Missverständnis: Dienstagvormittag hielt eine Hamas-Eliteeinheit in Grenznähe ein Manöver ab. Zwei Scharfschützen der Kampftaucherabteilung al-Nukhba stiegen auf einen Turm und feuerten auf Pappkartons. Zur selben Zeit patrouillierte eine israelische Kompanie entlang des Grenzzauns. Nach den tödlichen Hinterhalten der vergangenen Wochen war der Kommandant sich sicher, dass seine Männer von Scharfschützen beschossen würden, und bat um Unterstützung.
Daraufhin beschoss ein Panzer den Turm mit den Hamas-Kämpfern, sie starben. Nun gelobte die Hamas Rache. Mittwochmorgen räumte die Hamas ihre Stellungen in Vorbereitung ihres Angriffes und der erwarteten israelischen Reaktion. Am Nachmittag flogen die ersten Raketen gen Israel, als „Botschaft an die israelische Seite, die die Waffenruhe als Erste verletzt hat“, so Hamas-Sprecher Ahmad Jussuf. Mehrere Raketen schlugen in Wohnhäusern in der Stadt Sderot ein. Israel sah sich zum Gegenschlag gezwungen, den die Hamas mit immer mehr Raketen beantwortet.
Die Eskalation ist nicht gewollt. Israel kann von einem Waffengang wenig gewinnen, dabei aber das Leben Hunderter Soldaten verlieren. Die Hamas und die Bewohner Gazas können ihrerseits im Kriegsfall nur zum Verlierer werden. Dennoch kann jeder Schlagabtausch ungewollte Eigendynamik entwickeln, sobald Menschen verletzt oder getötet werden.
Die Ereignisse der kommenden Stunden werden entscheiden, in welche Richtung sich das hier entwickelt. mehr Informationen
Alle Restriktionen wurden nach einem Waffenstillstand für israelische Einwohner am Gaza-Streifen am Freitagnachmittag 10.8.18 aufgehoben.
Trotz des Waffenstillstands hat die Hamas die Bewohner von Gaza aufgefordert, an Demonstrationen an der Grenze teilzunehmen. Ein Hamas-Sprecher sagte, dass das palästinensische Volk weiterhin wöchentliche „Marsch der Rückkehr“ -Proteste veranstalten werde, bis die Ziele der Gruppe erreicht seien. mehr Inforationen
Der Bürgermeister der Stadt Sderot kritisiert die Einigung auf einen seit gestern Donnerstagabend bestehenden Waffenstillstand. „Dieser unterbrochene Krieg ist ungesund für uns und nicht gut für den Staat Israel“, sagte er. mehr Informationen
Am Freitag brachen 6 Feuer aus durch Feuerballone.
Seit dem 15.8.18 ist der Grenzübergang Schalom wieder offen. In den letzten Wochen berichten die Medien immer wieder von der vielleicht bald erreichten Einigung zwischen der Hamas und Israel. Dabei wird nicht von einem Abkommen, sondern nur von einer „Regelung“ gesprochen. Israel sucht eine Regelung mit der Hamas und kein Abkommen oder gar Friedensvertrag, wie man „Regelungen“ oder auch „Einigungen“ früher genannt hatte. Ein Abkommen scheint für beide Seiten, Israel wie die Hamas, zu weit zu gehen. Denn ein Abkommen würde schließlich bedeuten, dass man sich nicht mehr gegenseitig bekämpfen darf. So möchte man die Angelegenheiten zwischen beiden Seiten lieber nur „regeln“. „Du greifst mich nicht an und ich schieße nicht zurück“, oder auf den Punkt gebracht: „Ruhe gegen Ruhe“.
Verteidigungsminister Avigdor Liberman ließ verkünden: „Ich unterscheide zwischen der Hamas und den Bewohnern des Gazastreifens“, schrieb er. Daher habe ich beschlossen den Kerem Shalom Übergang wieder zu öffnen und die Fischereizone wieder auf 9 Meilen von der Küste entfernt auszudehnen. Dies ist eine deutliche Nachricht an die Bürger Gazas: Die Ruhe zahlt sich aus und die Gewalt lohnt sich nicht.“ „Die Menschen im Gazastreifen müssen verstehen, dass der Staat Israel nicht das Problem, sondern die Lösung ist. Das Problem ist die Hamas-Führung, die Zivilisten als menschliche Schutzschilder und Munition benutzen.“
Unterdessen wurde bekannt, dass Palästinenserchef Mahmud Abbas die ägyptischen Bemühungen für ein Friedensabkommen mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas stören würde. mehr Informationen
Israel hat am Sonntag 19.8.2018 den einzigen Personenübergang zum Gazastreifen wieder geschlossen. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman begründete die Abriegelung des Erez-Übergangs im Norden des Palästinensergebiets mit «gewalttätigen Zwischenfällen» an der Grenze am Freitag.
«Humanitäre Fälle» und Kranke sollen den Übergang jedoch weiterhin passieren können. Wie lange die Sperrung andauern soll, blieb zunächst offen. Nach israelischen Angaben warfen die Demonstranten Brandbomben in Richtung der Grenzanlage. Mehrere Palästinenser seien kurzzeitig auf israelisches Gebiet vorgedrungen. Bei den Protesten wurden zwei Palästinenser getötet. Israel hatte den einzigen für den Warenverkehr genutzten Grenzübergang in Kerem Schalom am Mittwoch nach fünfwöchiger Sperrung wieder geöffnet. mehr Informationen
Eskalation in Gaza
Update 21.7.2018: Scharfschützen aus dem Gazastreifen eröffneten gestern das Feuer auf Soldaten der Israel Defense Forces. Ein israelischer Soldat wurde dabei getötet. Die israelische Armee reagierte mit Angriffen auf Ziele der Hamas im Gazastreifen.Die Hamas schoss mehrere Raketen auf Israel. Einige der Raketen wurden vom Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ abgefangen. Update 20.7.2018: „Die israelische Regierung hat … weiterlesen
Gazas-Feuerdrachen
In den letzten 100 Tagen ist kein einziger Tag vergangen, an dem Felder und Wälder nicht von Hamas Drachen und Ballons in Brand gesetzt wurden. Während dieser 100 Tage hat Israel so gut wie nichts unternommen, um die Hamas daran zu hindern, Israels südliches Negev-Gebiet zu verbrennen. Hamas hat in den letzten 100 Tagen 45 … weiterlesen