Der französische Gesellschaftskritiker Michel Houellebecq hat eine dezidierte Meinung was die Integration von Muslimen in Europa betrifft: «Wenn der Katholizismus Staatsreligion wäre, würde die Integration der Muslime sehr viel besser funktionieren.» Mit einem zweiten Platz als respektierte Minderheit in einem erklärt katholischen Staat würden sich Muslime leichter zurechtfinden. Denn Muslime kämen nicht mit der säkularen Gesellschaft und dem laizistischen Staat klar, deren Religionsfreiheit sie als Instrument der Religionsbekämpfung begreifen. Im Koran fänden die Muslime keine Anleitung für den Umgang damit.
Für Houellebecq ist eine tiefe persönliche Überzeugung, ein wahrer Glaube, sehr viel mächtiger in seiner Wirkung auf den Geist als eine Ideologie. Den Kommunismus bezeichnet er als «eine Art falsche Religion, ein schlechter Ersatz, obwohl er sich so inszenierte mitsamt einer eigenen Liturgie».
«Eine Religion ist sehr viel schwieriger zu zertrümmern als ein politisches System», sagte Houellebecq auf den Islam angesprochen. Er räumt dem Glauben eine Schlüsselfunktion in der Gesellschaft ein. Er fördere den Zusammenhalt, weil er ein Motor der Gemeinschaftsbildung sei.
In seinem aktuellen Roman «Unterwerfung», der im Jahr 2015 herauskam, sagte er in Frankreich den fiktiven Wahlsieg eines islamischen Präsidentschaftskandidaten voraus, der dann den laizistischen Staat abschaffe.
In Frankreich beobachtet er eine «bemerkenswerte Wiederkehr des Katholizismus». mehr Informationen
Roger Trigg schreibt: Über die Jahre hat man, ganz in der Tradition des französischen Säkularismus, immer mehr dazu tendiert, Religion als Bedrohung der menschlichen Freiheit und nicht als deren Fundament anzusehen. Dieses Denken lässt sich auf die späte französische Aufklärung zurückführen, die den Rationalismus glorifizierte, der dann zum Materialismus führte.
Das europäische Parlament hat 2007 beschlossen, dass „Staaten von religiösen Führern fordern müssen, unzweideutig den Menschenrechten Vorrang vor religiösen Prinzipien einzuräumen, wie in der Charta der europäischen Menschenrechte dargelegt.
Eine besondere Ironie hierbei ist, dass Religionsfreiheit ausdrücklich durch Rat und Parlament als schützenswert anerkannt wurde, so ist das Recht zur Ausübung der Religion ausdrücklich festgeschrieben. Doch sagt der Rat: „Eine Religion, deren Doktrin oder Praxis gegen andere fundamentale Rechte steht, ist nicht akzeptabel.“
Anders als in den USA, wird in Europa Religionsfreiheit als Freiheit von Religion interpretiert. Religion wird so nicht länger als einzigartiger Beitrag zum Gemeinwohl verstanden.
Die Idee, dass Religion ihre Rechte dort verliert, wo andere „fundamentale Rechte“ verletzt werden, beeinträchtigt das Recht auf Religionsfreiheit. Wenn Rechte in Konflikt stehen, bedeutet das nicht, dass ein Recht das andere übertrumpft. Wenn Rechte legitim sind, müssen sie ernst genommen werden, auch im Konfliktfall müssen sie, soweit eben möglich, zur Geltung gebracht werden.
In Europa wird Religion zu oft als trennend und bedrohend angesehen. Deshalb will man den Menschen endlich von seiner Religion „erlösen“ und unterdrückt folglich ihre Beiträge zu einer öffentlichen, rationalen Debatte. Religion soll allenfalls noch als Privatvergnügen toleriert werden, die Öffentlichkeit hingegen soll vor religiös begründeten Auffassungen geschützt werden.
Auf dieser Linie liegt auch das Verbot, religiöse Symbole öffentlich zu zeigen. Das Verbot ist in sich schon ein Ausdruck für das tiefe Missbehagen gegen eine öffentliche Rolle der Religion. Das zeigen Fälle, denen der europäische Gerichtshof die Annahme verweigerte. Es betraf das Tragen von Kreuzen in der Öffentlichkeit. In einem Fall wurde geltend gemacht, dass eine Krankenschwester, die ein Kreuz trägt, eine Gesundheitsbedrohung für die Patienten darstelle, die sie pflegt.
Im zweiten Fall beschied der europäische Gerichtshof zwar, dass eine Angestellte der British Airways ein Kreuz, als Ausdruck ihrer Glaubensüberzeugung tragen dürfe, doch urteilten mehrere Gerichte in England zu einem späteren Zeitpunkt, dass das Tragen eines Kreuzes nicht zu den „zentralen Vorschriften“ des christlichen Glaubens gehöre und deshalb keine einwandfreie Manifestation dieses Glaubens sei (und somit nicht zum Recht auf Relgionsfreiheit gezählt werden kann. D.h. man darf das Tragen von einem Kreuz verbieten).
Es wird also deutlich, dass Religionsfreiheit immer mehr auf „Gottesdienstfreiheit“ verengt wird. Das Recht, sonntags zur Kirche zu gehen, muss genügen, auch wenn es vielleicht durch Arbeit am Sonntag verunmöglicht wird.
Die Abwertung der Religionsfreiheit ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur weiteren Diskriminierung der Religion selbst. Religion wird zur potenziellen Gefahr für das Gemeinwohl hochstilisiert, als nicht hilfreich zur Bewältigung von Fragestellungen, die das Leben vorgibt.
Wenn Menschenrechte über alle religiösen Werte gestellt werden, wird letzten Endes die wichtigste Stütze eben dieser Rechte zerbrechen und damit das Verständnis unserer Gesellschaft für Menschenrechte verloren gehen.
Gekürzte Gedanken von Roger Trigg, Senior Research Fellow, am Ian Ramsey Centre der University of Oxford, und Associate Scholar am Religious übersetzt auf Stiftung Freie Schulen Berlin-Brandenburg mehr Informationen
Diesen Post verstehe ich nicht als Votum für eine Einführung einer Staatskirche, sondern um einen Diskussionsbeitrag, welchen Stellenwert Religion in unserer Gesellschaft (noch) hat und ob wir auf dem besten Weg sind, das was uns wert ist, selbst abzuschaffen. Von den 10 Geboten ist nichts mehr übrig geblieben. Sogar töten ist erlaubt, wenn uns ein Leben in unseren Augen wertlos erscheint (Bsp. Trisomie 21).