Christ & Welt wollte wissen: Was macht den Kirchen am meisten zu schaffen? 1.000 Haupt- und Ehrenamtliche antworteten binnen einer Woche auf die Umfrage.
Demografie und Säkularisierung machen den Kirchen zu schaffen. Mit einigem Aufwand versuchen die Landeskirchen, Bistümer und auch die freikirchlichen Verbände den Veränderungen nachzukommen. Sie stoßen Reformen an, entwickeln Konzepte und veranstalten Kongresse – doch vor allem: Sie schließen Kirchen und streichen Stellen.
Das wichtigste Ergebnis der Umfrage: Es fehlt an Nachwuchs im Ehrenamt. 60 Prozent gaben an, dass die Freiwilligen in ihrer Gemeinde überlastet sind. Bei den Hauptamtlichen sieht es nicht besser aus: Die Hälfte sieht einen Mangel an bezahlten Kräften und eine Überlastung derer, die im Dienst der Kirchen stehen.
Damit eine Gemeinde funktioniert, braucht sie ehrenamtliche Helfer: Überall mangelt es mittlerweile an Freiwilligen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Landeskirchen und Bistümer treiben seit einigen Jahren Reformen voran. Die Umsetzung der Ideen von oben verursachen aber Mehrarbeit für die schon stark belasteten Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen.
Doch oft sind Geistliche und Gottesdienstbesucher schon im fortgeschrittenen Alter. Den Anschluss an die jüngeren Generationen haben viele Kirchen verpasst.
Das Ende der Volkskirchen droht.
Neben unseren zehn Antwortvorschlägen bestand im Fragebogen auch die Möglichkeit, unter „Sonstiges“ eigene Probleme zu benennen. Dieses Feld nutzten 160 Befragte, wobei ein Großteil der Einträge lediglich eine Präzisierung unserer Antwort-Vorschläge darstellt. Neben der Politisierung der Gemeindemitglieder beklagten etwa einige Befragte die mangelnde Abgrenzung ihrer Geistlichen nach rechts oder auch die zunehmende politische Einmischung der Bischöfe oder der EKD.
In einer weiteren Frage wollten wir wissen: Woran mangelt es den Gemeinden am meisten? Ein Fünftel der Befragten hält ihre Gemeinde nicht für gesellschaftlich anschlussfähig, es fehle nicht nur an Nachwuchs, sondern auch an Visionen. Der Geldmangel folgt erst an sechster Stelle. Deutlich mehr Befragte vermissen den Mut zur Veränderung.
Abschließend hatten alle Befragten die Möglichkeit, unter „Was ich noch sagen wollte“ einen letzten Kommentar abzugeben. So schrieb ein ehrenamtlicher Teilnehmer, 48, freikirchlich: „Habe beim Durchgehen der Fragen gemerkt, wie gut es meiner Gemeinde geht.“
Ein Pfarrer in Sebnitz in der Sächsischen Schweiz schreibt: Zum Kino fahren die Leute auch mal in die nächste Stadt, aber bei der Kirche ist ihnen die Nähe wichtig. Doch warum feiern wir im Umkreis weniger Kilometer fünf Gottesdienste zur selben Zeit mit derselben Orgelmusik und Liturgie? Mir fehlen Pop und Schlager. …Wir unterhalten uns viel über die strukturellen Fragen, aber vermeiden die wirklich tiefen, geistlichen Fragen. … Als Pfarrer stecke ich so sehr in Alltagsarbeit, dass ich nötige Veränderungen nicht anstoßen kann.
Kai Kobschätzki, ehrenamtlicher Jugendleiter in der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde in Berlin, schreibt: Wir leben Gemeinschaft und lieben sie. Glaube ist keine Privatsache, denn wir sind verpflichtet, davon zu berichten (Matthäus 28,19). Dafür muss ich mich jedoch mit meinem Glauben auseinandergesetzt haben. Das kann ein unbequemer Weg sein, da ich manches hinterfragen muss. Und ich muss vom Glauben erfüllt sein und ihn leben. Wer jedoch aus ihm Kraft schöpft und ihn teilt, der gibt nichts weg, sondern gewinnt viel hinzu. Menschen bei ihrer Glaubensfindung zu begleiten zählt zu den kostbarsten Momenten, die man erleben kann. Gefühlt müssten die Kirchen ohne Wände sein, damit wir das in der Messe Erfahrene leicht hinaustragen können. Oft verschließen wir aber die Türen, damit wir keinen stören und nicht gestört werden.
Viele verbinden Christsein mit Werten. Dabei sind wir keine Werte-, sondern eine Glaubensgemeinschaft. Ein Glauben an Vergebung, Liebe und Freude. Lasst uns weniger Zeit in Diskussionen über fraglos notwendige Strukturreformen und Finanzen verbringen und mehr mit anderen über unseren Glauben sprechen. Das ist auch keine Vorbehaltsaufgabe von Hauptamtlichen, sondern eines jeden Einzelnen. mehr Informationen