Zum ersten Mal in der Geschichte Israels hat die Knesset sich nur einen Monat nach ihrer Vereidigung wieder aufgelöst. Die Koalitionsverhandlungen von Premierminister Netanjahu scheiterten an einem Streit über ein Gesetz zur Wehrpflicht für ultra-orthodoxe Juden.
Fünf Minuten vor Mitternacht hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahu mit lauter Stimme „dafür“ gestimmt, die Knesset aufzulösen.
Ein Mitglied von Netanyahus Likud-Partei hatte den Antrag auf Auflösung des Parlaments gestellt. Damit sollte verhindert werden, dass nach dem Scheitern der Verhandlungen wie sonst üblich Präsident Reuven Rivlin einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt.
Damit ist Netanjahu der dritte designierte Regierungschef, der neben Schimon Peres und Zippi Livni bei dem Versuch gescheitert ist, eine Regierungskoalition zu bilden. In der Knesset stimmten 74 Abgeordnete für die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen im September, darunter Netanjahus Likudpartei und die arabischen Parteien. 45 waren gegen eine Auflösung.
Bis zu den Wahlen am 17. September wird Netanjahu weiterhin Übergangspremier bleiben. Dabei wollte die Opposition den Premierminister eigentlich stürzen.
Die Neuwahlen für die 22. Knesset kosten 475 Millionen Schekel (rund 130 Millionen Franken), Das politische Gefüge Israels wurde bis in sein Innerstes empfindlich erschüttert.
Mitentscheidend war aber auch die offensichtlich nicht mehr zu überbrückende Kluft, die sich zwischen Netanyahu und seinem ex-Verteidigungsminister Avigdor Liberman von der Partei «Israel Beiteinu» (Israel ist unser Heim) aufgetan hatte. Vordergründig weigerte Liberman sich, den Wandel Israels zu einem «Staat der Halacha», des Religionsgesetzes also mitzumachen. Darauf wäre seiner Meinung nach der Charakter einer Koalitionsregierung hinausgelaufen, die unter Mitwirkung der Charedim (ultra-Orthodoxen) gebildet worden wäre. Liberman weigerte sich kompromisslos, einer abgeschwächten Version des Rekrutierungsgesetzes für strikt religiöse Wehrdienstpflichtige zuzustimmen.
Lieberman sagte , das Wehrpflicht-Gesetz habe Symbolcharakter, und er werde in dem Streit nicht nachgeben. Er warf dem Likud am Mittwochabend vor, vor den strengreligiösen Parteien kapituliert zu haben. Lieberman pocht darauf, dass sich strengreligiöse Juden stärker an den Kosten und Pflichten des Allgemeinwesens in Israel beteiligen.
Auch Netanjahus strengreligiösen Koalitionspartner waren nicht zum Nachgeben bereit.
Unklar ist, ob wegen den erneuten Wahlen in Israel die Präsentation des lange erwarteten Friedensplans wieder verschoben wird. Ende Juni soll als erster Teil des Plans eine Konferenz für wirtschaftliche Investitionen in den Palästinensergebieten in Bahrain stattfinden.
Quellen tachles, israelnetz, BAZ