Sogar vom Weltall aus lässt sich erkennen, dass Tony Rinaudo ganze Arbeit geleistet hat. Der Australier hat ein Stück Afrika verändert. Satellitenbilder von Niger und Äthiopien zeigen es: Wo früher Wüste war, ist heute Wald. Der Australier hat im Kampf gegen die Wüste eine simple, aber wirksame Methode entwickelt.
«Die Welt» nannte ihn in einem ausführlichen Artikel «Gottes Waldmacher»: Ein zurückhaltender Australier, der sich freuen kann wie ein Kind, wenn er den Wald von Humbo im Süden Äthiopiens besucht: «Als ich das erste Mal hier war, gab es keinen einzigen Baum».
Eins der großen Probleme Afrikas ist die Ausbreitung der Wüsten. Es wird gerodet, der Boden versandet und trocknet aus, weil keine Wurzeln mehr da sind. In den letzten 50 Jahren sind so 650’000 Quadratkilometer fruchtbarer Boden verloren gegangen.
Tony Rinaudo war acht Jahre alt, als er miterlebte, wie in Australien der Boden für Tabakplantagen gerodet wurde, während Känguruhs flohen und Fische an den Insektenvernichtungsmitteln starben. Später sah er im Fernsehen, wie Kinder in Afrika und Indien starben, und dachte sich: «Da stimmt etwas nicht. Die Erwachsenen zerstören die Natur und bauen Kraut zum Rauchen an, während die Kinder verhungern.» Als «tiefgläubiger Junge» betete er: «Gott, wenn ich groß bin, dann mache mich zu deinem Werkzeug, dass die Welt ein wenig besser wird».
Rinaudo studierte Landwirtschaft und ließ sich dann von einer kleinen Missionsgesellschaft nach Afrika aussenden. Der 24-Jährige landete mit seiner Frau Liz und dem sechs Monate alten Sohn Ben im Niger, einem der ärmsten Länder der Welt in der Sahelzone in Westafrika.
Man hatte ihm im Studium beigebracht, dass man «gegen den Hunger in Afrika Bäume pflanzen» müsse. Aber der Erfolg vieler Baumpflanz-Aktionen in der Savanne Afrikas war minim: Nur ein kleiner Bruchteil der gepflanzten Bäume überlebten. Rinaudo begann, mit Gott zu hadern. «Warum hast du mich hierhin geschickt, wenn meine ganze Arbeit vergebens ist? Zeig mir endlich, wie ich helfen kann», betete er, als er mit seinem Geländewagen voller Setzlinge unterwegs war.
Als er anhalten und Luft aus dem Reifen lassen musste, damit er nicht im Sand stecken blieb, blieben seine Augen plötzlich an etwas hängen. Mitten in der Wüste wuchs aus einem Baumstumpf ein junger Trieb. Er sah sich um – überall sprossen kleine Triebe aus dem Sand. Unter dem Wüstenboden musste sich ein dichtes Wurzelwerk verbergen. «Zwei Jahre lang war ich die Strecke fast täglich gefahren und hatte diesen unterirdischen Wald nie gesehen. Endlich hatte Gott meine Gebete erhört und mir die Augen geöffnet», zitiert die «Welt» den Missionar und erklärt: Anstatt Bäume zu pflanzen, die im trockenen Boden fast nie Wurzeln schlagen, beschloss er, die bereits fest verwurzelten Pflanzen zu schützen und mit einer einfachen Beschneidungstechnik großzuziehen. Es ging darum, Bäume und Sträucher nur zu beschneiden, sodass man um sie herum etwas pflanzen konnte. Der Boden blieb so intakt. Aber nur, wenn die Bauern die angestammte Vegetation nicht fällten, abfackelten oder von ihren Ziegen fressen ließen. Dann brauchten sie auch nicht zu gießen oder zu düngen. Die Idee war so gut wie einfach. Vielleicht zu einfach. Denn zunächst stieß Rinaudo nur auf Widerstand.
Nur zehn Farmer liessen sich für ein Experiment gewinnen – aber sie waren es dann, die in kommenden Dürrejahren gute Erträge erzielten. Die Wurzeln ihrer Bäume hatten das letzte bisschen Feuchtigkeit im Boden gespeichert und die Erosion gestoppt. Die Blätter spendeten Schatten, ernährten die Ziegen und düngten den ausgemergelten Boden. Abgeschnittene Zweige lieferten Feuer- und Bauholz. Andere Bauern sahen das, machten mit – heute betreiben allein im Niger über eine Million Bauern auf rund fünf Millionen Hektar «Landwirtschaft unter Bäumen».
Weil es ein Eingeständnis gewesen wäre, dass Pflanzprojekte, über die in Jahrzehnten umgerechnet mehrere Milliarden Euro gesteckt wurden, gescheitert sind, hörten große Entwicklungshilfeorganisationen und renommierte Forschungseinrichtungen zunächst kaum auf den kauzigen Australier, der mit einem alten Teppichmesser seines Vaters zusammen mit Bauern Tausende Bäume beschnitten und so den Wald zurückgebracht hatte.
Nicht nur im Niger, auch in Äthiopien zeigt sich mittlerweile der Erfolg der sanften Wiederaufforstung. 1984 tötete eine verheerende Hungersnot mehr als eine Million Menschen im Land, und das Land war seither jedes Jahr auf Lebensmittellieferungen angewiesen. «2012 hingegen konnten die stolzen Bauern erstmals selbst Maisüberschüsse an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen verkaufen», berichtet die «Welt».
„Die wohl größte Umweltveränderung in Afrika in den letzten hundert Jahren“, nennt Chris Reij, niederländischer Fachmann für nachhaltiges Landmanagement vom World Ressources Institute in Washington, die Wiederaufforstung. mehr Informationen
Siehe auch:
Als Atheist glaube ich wirklich, dass Afrika Gott braucht.
Missionare, nicht Hilfsgelder, sind die Lösung für Afrikas größtes Problem – die erdrückende Passivität im Denksystem der Menschen Matthew Parris – The Times (UK Newspaper), 27. Dezember 2008. (Übersetzung: Frank Schönbach) Vor Weihnachten kam ich nach 45 Jahren zurück in das Land, das ich als Junge unter dem Namen Nyassaland gekannt hatte. Heute heißt es Malawi, weiterlesen