Früher diente die Partnerschaft vornehmlich der Existenzsicherung und Familiengründung. Im Zeitalter berufstätiger Frauen, alleinerziehender Väter und Patchworkfamilien ist sie dafür aber nicht mehr nötig. Von einer Partnerschaft erhoffen sich viele Menschen inzwischen ganz andere Dinge: „Die Liebe ist heute die wichtigste Glücksquelle im Leben der meisten Menschen“, erklärt Paartherapeut Dietmar Stiemerling. Sie soll das Leben bereichern, aufregender machen, die Einsamkeit vertreiben.
Erfüllt eine Beziehung diese Hoffnung nicht mehr, gibt es für die meisten Paare keinen Grund zusammenzubleiben. „Ist die Beziehung nicht mehr lebendig genug, und stimmt die Bilanz nicht, geht man auseinander“. Vor allem Frauen sind nicht bereit, in einer stumpf gewordenen Partnerschaft zu verharren. Meistens sind es die Frauen, die die Scheidungen einreichen.
„Viele Menschen hoffen, dass die Partnerschaft sie für alle anderen Defizite entschädigt“, erklärt Paartherapeut Dietmar Stiemerling. Wer von seinem Job angeödet und mit sich selbst unzufrieden ist, will häufig alle Selbstbestätigung und Anregung aus der Liebesbeziehung schöpfen – „das überfordert die Partnerschaft und lässt sie unter der Last der Forderungen zerbrechen.“
Narzisstische Persönlichkeiten überschätzen die eigenen Qualitäten aber oft ganz erheblich – und wundern sich dann, wenn ihr zu kurz gekommener Partner das durchschaut und geht.
Stress ist ein Beziehungskiller: Wer gestresst ist, ist dünnhäutiger und reizbarer als üblich – da kommt es schnell zum Streit. In jeder Beziehung gibt es Höhen und Tiefen. Schreibt man der Liebe vor allem die Aufgabe zu, als nie versiegender Glücksspender zu fungieren, kommen in den Durststrecken schnell Unmut und Trennungsgedanken auf. „Die Bereitschaft zurückzustecken und auch schwierige Zeiten miteinander durchzustehen, ist heute weniger stark als früher“, erklärt Dietmar Stiemerling.
Tödlich für eine Beziehung sind auch mangelnde Streitkultur und fatale Kommunikationsmuster. „Es ist eine Schande, dass Kinder das nicht in der Schule lernen“, erklärt Paartherapeut Dietmar Stiemerling. Entscheidend ist es, die Kränkung aus dem Streit herauszunehmen. Das funktioniert, indem man Ich-Botschaften sendet. Wichtig ist es auch, bei Kritik nicht sofort zum Gegenschlag auszuholen und eins draufzusetzen. Die meisten empfinden eine Kritik als Abwertung ihrer Person, nicht eines bestimmten Verhaltens. Ein schmollender Rückzug nach dem Streit verschärft die Lage noch.
Früher gab es einen klaren Deal: Der Familienvater ernährt Frau und Kinder, wird gebraucht und deshalb geliebt oder zumindest respektiert. Dieses Tauschgeschäft funktioniert nicht mehr. Vielen ist nach wie vor unklar, wie sie eine moderne Partnerschaft führen können, in der sie weiterhin geliebt und gebraucht werden. Ein Teil der Männer versinkt deshalb in weinerliches Selbstmitleid. Andere überkompensieren ihre Unsicherheit und treten besonders forsch und aggressiv auf. Beide Verhaltensweisen wirken auf potenzielle Partnerinnen wenig attraktiv.
Viele Männer und Frauen lassen sich heute nur zögerlich auf enge Paarbeziehungen ein. Ein Grund dafür ist, dass es immer mehr Einzelkinder gibt. Wer als einziges Kind aufwachse, erfahre häufig die gebündelte Liebe und Aufmerksamkeit seiner Eltern.
Unsichere Menschen haben zwei typische Strategien, sich über die Partnerschaft aufzuwerten. Die einen suchen sich einen überlegenen Partner. Problematisch wird das, wenn der Schwächere entdeckt, dass der Partner doch gar nicht so großartig ist wie gedacht. Oder aber, es schleichen sich Neid und Eifersucht auf den Partner ein, die die Beziehung vergiften.
Menschen mit einer Helferhaltung haben die Erfahrung gemacht, nur geliebt zu werden, wenn sie aufopferungsvoll sind und ihre eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund stellen. Auf Dauer geraten sie dabei selbst in eine Mangelsituation, die sich in gärender Wut auf den verhätschelten Partner bemerkbar macht.
Anstatt schreiend fortzulaufen, fühlen sich viele Menschen gerade dann angezogen, wenn ihnen jemand kühl, desinteressiert und lieblos begegnet. Psychologischer Hintergrund ist die Hoffnung, alte Wunden zu heilen, die beispielsweise aus einer problematischen Beziehung zu den Eltern herrühren. Es leuchtet ein, dass diese Hoffnung sich nur selten erfüllt.
Wer – bewusst oder unbewusst – einen Partner wählt, nur um den Eltern eines auszuwischen oder sich von ihnen abzugrenzen, erweist sich selbst einen Bärendienst.