Nach den Beobachtungen von Claus Röchert, Leiter der AG Integration und Migration der Berliner Polizeidirektion 5, ist die Vielehe in der „arabischen Community ein gängiges Phänomen, insbesondere unter Libanesen und Palästinensern“. Der Palästinenser, Nader Khalil, nimmt an, dass 20 Prozent von seinen Freunden in Berlin eine Zweitfrau haben.
Der Libanese Abed Chaaban in Neukölln schätzt, dass 30 Prozent aller arabischstämmigen Männer in Berlin mit zwei Frauen verheiratet sind – mit einer staatlich, mit der anderen islamisch.
Die Zahl der Mehrehen hat nach den Erfahrungen von Röchert, Chaaban, der Flensburger Familienrechtsanwältin Sabine Scholz sowie einer Neuköllner Männer- und Väter-Selbsthilfegruppe in den letzten Jahren zugenommen.
Dass sich die Polygamie trotz Verbots hierzulande einnistet, hat fünf Ursachen.
Erstens: Die Scharia duldet Vielehen mit bis zu vier Frauen.
Zweitens: In der Anonymität der modernen Gesellschaft und der Vielfalt der Partnerbeziehungen lässt sich das Zusammenleben mit mehreren Frauen beziehungsweise Familien gut tarnen.
Drittens: Wirtschaftlich braucht der Mann sich nicht um die Zweitfrau zu kümmern, weil der Staat die Unterhaltspflichten für die Zweitfrau und ihre Kinder über Hartz IV übernimmt.
Viertens: Die Imame scheren sich nicht um den Hintergrund von Eheschließungen, interessieren sich nicht dafür, ob sie gerade die Erst-, Zweit- oder Drittfrau trauen.
Und fünftens: Religiöse Eheschließungen werden nicht kontrolliert. Sie werden nur bei der Moschee registriert, bei der sie geschlossen werden. Es gibt kein Zentralregister für islamische Ehen. Das heißt: Männer können von Gotteshaus zu Gotteshaus ziehen, ohne dass jemand überwacht, wie oft sie heiraten.
Die Vielehen werden hierzulande in zwei Modellen gelebt: Bei dem einen sind die Frauen aus religiösen oder kulturellen Gründen mit dem Dreierbund einverstanden, bei dem anderen, wesentlich häufigeren, wird die zweite Ehe heimlich geführt.
Auch bei der Frauenhilfsorganisation Terre des Femmes melden sich jüngst häufiger Frauen, die in eine Zweitehen-Falle geraten und verzweifelt sind.
Ein Beispiel: Ein Türke hatte eine Deutsche türkischer Herkunft standesamtlich geheiratet und ihr versprochen, die Hochzeitsreise an den Bosporus zu machen. Doch dann fuhr er überraschend allein und brachte eine neue Frau mit, die er in einer Berliner Moschee religiös heiratete. Seiner Erstgetrauten erzählte er offen, dass die Neue nun seine Erstfrau sei. Die Deutsch-Türkin brach zusammen, zumal sie inzwischen auch noch schwanger war. Damit nicht genug der Zumutungen. Ihr Mann ließ sie wissen, dass seine neue erste Frau und er ihr Kind großziehen wollten.
Nur schwer ist zu ertragen, dass der Staat diese Zweitehen auch noch finanziert, weil die Jobcenter die Väter unbehelligt lassen. Viele Zweitfrauen geben an sie seien Alleinerziehende und kassieren Wohngeld, Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss für ihre Kinder. Manchmal ist das so, dass sie nicht einmal einen Hartz-IV-Antrag stellen müssen.
Während es in arabischen Ländern selbstverständlich ist, dass Männer für den Unterhalt einer Zweit- oder Drittfrau aufkommen und sich deshalb nur Reiche diesen Luxus leisten können, übernehmen das in Deutschland die Jobcenter, sodass auch Arbeitslose der Vielweiberei frönen können.
Die Frauen geben sich als Alleinerziehende aus und geben vor, den Vater nicht zu kennen – was ihnen den zusätzlichen Vorteil bringt, noch einen Alleinerziehendenzuschlag zu kassieren.
Für den Anspruch auf Hartz IV dürfen die Leistungsstellen nicht danach fragen, ob Arbeitslose verheiratet sind oder nicht; entscheidend ist vielmehr, wer im Haushalt lebt. Deshalb dürfen sie auch nicht nach einer möglichen Vielehe fragen. Und wenn sich die Frauen dann auch noch weigern, den Vater des Kindes zu nennen, haben die Ämter keine Chance.
Diesen Trend zur Vielehe hat der deutsche Gesetzgeber 2009 auch noch durch eine Änderung des Personenstandsgesetzes erleichtert. Er hat nämlich den Vorrang der staatlichen vor der religiösen Trauung aufgehoben – mit der Folge, dass jede katholische oder protestantische, aber eben auch jede muslimische Trauung vor der staatlichen stattfinden kann. Wäre es umgekehrt, könnten religiöse Ehen erst nach standesamtlichen geschlossen werden. Dabei könnte dann mit Hilfe des Personenstandsregisters sehr schnell entdeckt werden, wer schon verheiratet ist und wer nicht.
Deshalb fordert Terre des Femmes seit Langem und mit guten Gründen eine Rückkehr zum alten Recht – auch zum Schutz von muslimischen Frauen vor Vielweiberei.