Für Karl Albrecht Schachtschneider, Professor für öffentliches Recht, ist der Euro-Rettungsschirm ESM schlicht „rechtsstaatwidrig“. Im Vertrag über die Europäische Union (Maastricht-Vertrag), dem Gründungsvertrag der EU, steht im Artikel 125, dass weder die Union noch ein Mitgliedsstaat für die Verbindlichkeiten eines anderen Staates eintritt. „Die geplante Vertragsänderung verändert die Europäische Währungsunion in ihrem Wesen“, schreibt Schachtschneider. Denn sie wird von der Stabilitätsgemeinschaft zur Haftungs- und Schuldengemeinschaft.
Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds, meint: „Die Griechen sollten sich selbst helfen, indem sie alle ihre Steuern bezahlen.“ „Das Volk ist der Staat, sonst niemand“, sagt auch Schachtschneider. Also muss das griechische Volk auch für die Schulden des Staates einstehen. Die Finanzierung fremder Staaten verletzt die Souveränität der Völker. Erst wird den Griechen Geld von anderen Staaten aufgezwungen, und dann wird ihnen auferlegt, wie sie ihren Staat zu führen haben. Man nimmt ihnen so ihre Souveränität. Also ihre Freiheit.
Das Regelwerk des ESM sieht vor, dass alle Euro-Länder bürgen und Bareinlagen leisten müssen. Theoretisch. Denn wer kein Geld hat, für den springen die anderen Euro-Länder ein. Je mehr Staaten nicht mehr zahlungsfähig sind, desto mehr bleibt an Deutschland hängen. Die Bundesrepublik wird also zum Kreditgeber der letzten Instanz.
Der Euro und der Dollar sitzen im selben Boot. Sie sind ungedeckte Papierwährungen. Sie können beliebig vermehrt werden. Beide operieren außerhalb der Marktwirtschaft. Denn die Notenbanken blähen einfach ihre Bilanzen auf, schaffen also neues Geld. Sie kaufen in großem Stil Staatsanleihen auf, setzen damit die Marktgesetze, also höhere Zinsen, außer Kraft.
Die Banken in den Euro-Ländern liehen sich für drei Jahre zu einem Prozent pro Jahr fast eine Billion Euro von der Europäischen Zentralbank. Damit kauften sie hochverzinste Staatsanleihen der Euro-Sorgenkinder und dürfen diese bei der EZB als Sicherheit für neue Kredite hinterlegen. Somit tun die Banken auf Wunsch der Regierungen das, was sie schon in den Jahren vorher an den Rand des Ruins gebracht hat. Dieses Modell funktioniert nur so lange bis das Vertrauen der Teilnehmer zusammenbricht.
Ein Alternativszenario zum Zusammenbruch ist die „Finanzielle Repression“. Institutionen wie Rentenkassen leihen dem Staat Geld. Das passiert bereits heute: Europas Rettungsschirme beinhalten Beiträge von staatlichen Rentenfonds. Das Ergebnis ist eine schleichende Enteignung der Sparer und die Entschuldung des Staates.
Das Prinzip des ESM lautet: Wer hilfebedürftig ist, der bekommt Geld und muss keines zahlen. Wenn man das bis zum Ende durchrechnet, dann bleibt als Nettozahler nur einer übrig: Der deutsche Steuerzahler.
Noch vor der Euro-Einführung in den Jahren 1998 und 1999 sanken mit ihrer Ankündigung die Zinsen für Staatsanleihen. Die Staaten bekamen einen Blankoscheck für das Schuldenmachen in die Hand. Folge: Es wurde auf Pump investiert, statt maßvoll zu haushalten.
Was passiert in der Realität, wenn der Euro zusammenbricht? Zunächst einmal gibt es kein Geld am Automaten. Auch der Sozialstaat bricht von heute auf morgen zusammen, er muss seine Leistungen extrem zurückfahren. Was passiert dann? Jeder Wutstau entlädt sich irgendwann. Und dann stehen sich Linke und Rechte, Arme und Reiche, Inländer und Ausländer, religiöse und nicht religiöse Gruppen gegenüber. Die Angst vor Unruhen scheint alles andere als abwegig. Nach einem Euro-Crash sind gewaltige Flüchtlingsströme innerhalb Europas zu befürchten. Nicht nur die Schweiz entwarf Notfallpläne, auch die Militärs in Großbritannien und den USA sind ganz offiziell vorbereitet, um ihre Landsleute im Fall der Fälle aus EU-Ländern evakuieren zu können.
So unfassbar es klingt, aber im Vertrag von Lissabon, dem auch der Deutsche Bundestag 2008 zustimmte, wird die Todesstrafe in der EU zwar abgeschafft, aber es gibt Ausnahmen: „(2) Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um (…) c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen.“
Immer mehr Experten warnen vor schwersten Unruhen mitten in Europa. Die Straßenschlachten in Athen, brennende Gebäude in London, die angezündeten Autos in Berlin und Hamburg seien ein klares Anzeichen dafür, wie unzufrieden die Menschen in Europa sind. Millionen könnten im Zuge der Krise arbeitslos werden und verarmen. Das birgt das Risiko schwerer sozialer Unruhen und sogar eines Bürgerkriegs in sich.
Was passiert bei einem Währungsschnitt mit dem Geldvermögen? Staatspapiere und Bargeldvermögen verlieren an Wert. Gold, Immobilien und Aktien sind die klassischen Sachwerte. Selbst Devisen sind Sachanlagen, wenn auch mit Kursrisiken behaftet. Vorteil von Gold oder Edelsteinen: Sie können bei einer Flucht ins Ausland mitgenommen werden. Außerdem kann der Staat zum Abbau seiner Schulden eine Sondersteuer auf Immobilien und jeglichen Handel erheben. Bei der Währungsreform 1948 wurden Immobilien mit einer Zwangshypothek belegt, die ihre Besitzer über Jahre hinweg abbezahlen mussten.
Was in Krisen am meisten zählt sind gute Beziehungen und Freunde. Jesus sagte deshalb auch einmal: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Geld“ (Lukas 16,9).
Vergleiche auch: http://obristlink.wordpress.com/2012/07/27/irrtum-um-den-euro/