Gegenüber westlichen Medien und Politikern betonte Mursi, sein Land werde sich an internationale Verträge halten. Das wird von wohlgesinnten Beobachtern als Hinweis auf den Friedensvertrag mit Israel interpretiert. Trotzdem sieht die Muslimbruderschaft Israel weiterhin als „rassistischen und auf Expansion bedachten Staat“. Hinzu kommt, dass Mursi bei jeder passenden Gelegenheit Jerusalem als „einen der empfindlichsten und schwierigsten Punkte in der palästinensisch-israelischen Frage“ und „Palästina [als] Toppriorität für alle Araber“ bezeichnet. Mursi erklärt freilich nicht, warum die Palästina-Frage so wichtig sei. Angesichts der Probleme und zigtausenden Toten in Folge des arabischen Frühlings, sind seine Aussagen eher unlogisch.
Präsident Mahmud Abbas und sein Premierminister Salam Fajjad sehen an Mohammed Mursi besonders kritisch, dass er die Hamas als legitime Vertretung der Palästinenser im Gazastreifen behandelt. Ägypten verhandelt mit der Hamas über Sicherheits- und Grenzfragen, sowie über wirtschaftliche und humanitäre Fragen und ignoriert dabei die Palästinensische Autonomiebehörde (PA). Abbas wird nicht müde, zu betonen, dass es nur einen legitimen Präsidenten der Palästinenser gebe.
Professor Gamal Sahran, leitender Politologe an der Universität von Port Said, erklärte am 17. August im „Al-Alam“-Fernsehen im Duktus seines Präsidenten: „Jerusalem ist das Herz der Palästinafrage und Palästina ist das Anliegen aller Araber und Muslime“, um dann fortzufahren: „Deshalb steht die Vernichtung der zionistischen Größe außer Frage.“ Der ägyptische Politikprofessor ist der Ansicht: „Die arabischen Revolutionen, ausgehend von Tunesien, Ägypten, Libyen, dem Jemen, aber auch in Bahrain und an anderen Orten, haben in den Menschen neu die Hoffnung geweckt, dass Jerusalem und Palästina eines Tages zu ihnen zurückkehren werden.“ Weiter meint er: „Nächstes Jahr, so Allah will, wird Israel vernichtet sein.“
Der bekannte Geistliche Safwat Hidschasi, der die Kandidatur Mursis aktiv unterstützte, prophezeit: „Millionen marschieren, um die Al-Aksa-Moschee zu befreien, Israel zu vernichten und ein islamisches Kalifat mit der Hauptstadt Jerusalem zu errichten.“
Ahmad Sabi, Medienberater der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei der Muslimbruderschaft, ist überzeugt: Durch den Frieden mit Israel „sind verschiedene Arten von Krebs, Hepatitis und Niereninfektionen“ nach Ägypten gekommen. Der stellvertretende Vorsitzende der Partei der Muslimbruderschaft, Issam al-Arjan bezeichnete die Abkommen von Camp David als hinfällig.
Der Scheich Hidschasi erläuterte im August im „Al-Kahira Wal-Nas-TV“, dass jeder, der einen Israeli auf der Straße sieht, verpflichtet sei, ihn zu töten.
Kurz darauf erschien ein Artikel des ägyptischen Parlamentsmitglieds Hussein Schehata auf der Webseite der Muslimbruderschaft. Darin preist der Dozent an der Kairoer Al-Aschar-Universität den Heiligen Krieg gegen die Juden, „die Nachfahren von Affen und Schweinen“, in Palästina, gegen die Amerikaner im Irak, gegen die Russen in Tschetschenien und die Feinde der Muslime in Kaschmir, Bosnien, Eritrea und Somalia. Der Tag des Gerichts werde kommen, so der ägyptische Parlamentarier, sowie die Muslime die Juden schlagen und Jerusalem befreien. „Wisset, oh ihr fastenden Brüder“, war seine Botschaft zum Fastenmonat Ramadan im Sommer 2012, „der Dschihad geht weiter bis zum Jüngsten Tag, der nicht kommen wird, bis die Muslime die Juden bekämpfen, sie vernichten und Jerusalem befreien.“
Scheich Jussuf al-Karadawi meinte am 18. Februar 2011 bei den Siegesfeiern auf dem Tahrir-Platz in Kairo, es sei Aufgabe der Muslime, die Juden „zu strafen“, „so wie Hitler das im Holocaust getan hat“.
Vergleiche auch Artikel: Endzeitstimmung im Iran – Warten auf den Imam-al-Mahdi