Für Juden und Muslime ist die Beschneidung männlicher Kinder mehr als ein frommer Brauch. Ein deutsches Gericht hat den chirurgischen Eingriff aus religiösen Gründen nun erstmals als strafbare Handlung gewertet. Das Kölner Urteil ist Ausdruck unserer säkularen Gesellschaft.
Entscheidend ist nicht das Recht der Eltern auf Religions- und Erziehungsfreiheit, auch nicht das angenommene Wohl des Kindes, das nun im Schoße einer Religionsgemeinschaft aufwachsen kann. Entscheidend ist das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Der beschneidende Arzt wird nur deshalb nicht bestraft, weil er im „Verbotsirrtum“ handelte, also nicht wissen konnte, dass er Strafbares tat. Das Urteil wurde im Anschluss an eine misslungene Beschneidung durch einen muslimischen Arzt an einem vierjährigen Buben in Köln gefällt.
Zum ersten Mal hat ein deutsches Gericht so geurteilt, und sollten andere Gerichte das künftig auch so sehen, hätte dies für Muslime und Juden in Deutschland gravierende Folgen: Wer beschneidet, begeht eine schwere Körperverletzung. Es könnten sich nur noch Jungen beschneiden lassen, denen man abnimmt, dass sie sich aus freiem Willen dem Eingriff unterziehen.
Weltweit ist jeder vierte Mann beschnitten ist, in den USA gar 75 Prozent der Männer. Laut einer Studie soll durch die Beschneidung das Risiko für Prostatakrebs um 15 Prozent sinken. Auch die WHO empfiehlt eine Beschneidung, da dadurch die Ansteckung durch HIV um 60% niedriger sei.
Es leben inzwischen mehr als vier Millionen Menschen in Deutschland, deren Religion es gebietet (Muslime und Juden), Knaben zu beschneiden.
Die männliche Beschneidung hat keine nachweisbaren Nachteile auf das Sexualempfinden. Doch auch schon die alten Griechen waren dagegen. Anders sieht es aus bei der Beschneidung der Frauen, die dadurch Sexualität nicht mehr als etwas Stimulierendes erleben.
Besonders gestoßen haben sich die beiden, die Beschneidung praktizierenden Gemeinschaften an den Schlussfolgerungen des Gerichts, wonach der Akt den Neugeborenen physischen Schaden zufügen und den Körper «irreversibel schädigen» würde.
Ist Revision möglich? … und vielleicht sogar geplant?
Soweit ich mich erinnern kann, wurde ich im reifen Alter von acht Tagen beschnitten. Ich kann mich an nichts Unangenehmes erinnern. Ein Trauma scheint nicht geblieben zu sein. Die ganze Angelegenheit, die ganze Diskussion (soweit es die Beschneidung von Knaben betrifft, eine andere gibt es bei Juden nicht, im Gegensatz zur Mädchenbeschneidung in Teilen der muslimischen Welt im Mittleren Osten und Afrika, die nichts mit Religion, sondern nur mit Tradition zu tun hat). Diese neu aufgewärmte Problematik der Knabenbeschneidung beruht, so denke ich, auf zwei Dingen: totale Ignoranz zum Thema und, zweitens, Aversionen gegen gewisse Minderheiten, auf dem Niveau wie z.B. des Schächtverbotes.