Carines Fall ist eine Weltpremiere. Nie zuvor haben Ärzte einen Patienten aktiv getötet und ihm sofort danach Organe entnommen. Was mit Carine geschah, rührt an grundlegende Fragen der Medizinethik. Die meisten Menschen, die in Belgien Euthanasie beantragen, sind sterbenskrank. Carine jedoch hätte mit ihrer Behinderung noch Jahrzehnte leben können. Darf man einen Menschen töten, der an seiner Behinderung verzweifelt? Was heißt es für eine Gesellschaft, das zu tolerieren?
Cras ist Vorsitzender jener Ethikkommission an der Universitätsklinik Antwerpen, die entscheiden musste, ob die weltweit erste Organentnahme nach aktiver Sterbehilfe zulässig sei. Patiententötungen sind für ihn nichts Ungewöhnliches. Rund 50-mal war er nach eigener Schätzung daran beteiligt. Dennoch versichert er: »Euthanasie fühlt sich nicht richtig an für einen Arzt, sie hinterlässt immer eine Narbe.«
Eigentlich müsste es eine Kontrolle gegen Missbrauch geben. Jeder Sterbehilfefall in Belgien muss einer Kommission aus Ärzten, Krankenschwestern, Psychologen und Juristen gemeldet werden, damit diese überprüfen kann, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden. Doch nur jeder zweite Fall von geschätzt 1.040 Fällen im Jahr 2007 wird der Kommission überhaupt bekannt. Und bei 17 Prozent der gemeldeten Tötungen fehlt sogar die schriftliche Einverständniserklärung des Patienten. Zum Artikel