Wenn alle so reagieren, denken und fühlen würden wie ich, dann könnte ich die anderen verstehen. Doch schon ein Partner reagiert, denkt und fühlt anders als ich es tun würde. Noch schwieriger wird es, wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen aufeinander treffen. Die aktuelle Völkerwanderung wirft in diesem Zusammenhang noch einmal ganz neue Fragen auf.
————————————-
Vorschlag für ein Seminar
Titel: Andere und sich besser verstehen lernen
Samstag 9-12 Uhr
- Begrüssung und Einführung in die Welt der transkulturellen Kommunikation mit ihren positiven Seiten und ihren Herausforderungen (Norm-, Beziehungs- oder Interpretationsorientierung / Metaerzählungen)
- Was fördert die Kommunikation und Beziehungspflege?
- Die Sprache als Schlüssel – den richtigen Zeitpunkt und verschiedene Hilfsmittel und Lernmethoden nutzen
- Die Flüchtlinge – Umgang mit Erwartungen und Enttäuschungen
- Die Helfer – Umgang mit Erwartungen und Enttäuschungen
- Aus Erfahrungen lernen
Referent: Hanspeter Obrist, Erwachsenenbildner in transkultureller Kommunikation
Kosten: zwischen CHF 300.- und 500.- je nach Möglichkeiten des Veranstalters
Vertragspartner ist der gemeinnützige Verein obrist-impulse Arlesheim. Damit muss kein Lohnausweis erstellt werden.
Hanspeter und Annemarie Obrist wurden bekannt durch ihre Reise zu Fuß von Basel nach Jerusalem. In ihrem Buch „Als Ehepaar zu Fuß nach Jerusalem“ beschreiben sie ihre Erlebnisse. Zuvor hat Hanspeter 10 Jahre in einem Hilfswerk für den Nahen Osten gearbeitet, nachdem er eine didaktische, theologische und handwerkliche Ausbildung gemacht hatte.
————————————-
Manche Menschen sind normorientiert, andere beziehungs– und wieder andere interpretationsorientiert. Dazu denken und handeln einige linear, andere multiaktiv, andere neigen dazu vor allem zu reagieren. Sichtbar sind formelle Anteile der Kommunikation und verborgen prägen die informellen Teile. Handlungen sind fassbar, Gedanken schon schwieriger nachzuvollziehen und Gefühle mitunter völlig unverständlich, denn sie veranlassen uns oft dazu, irrationale Entscheide zu fällen. Zusätzlich spielen auch noch die kulturelle Metaerzählung und die nonverbalen Verhaltensmuster eine wichtige Rolle.
Wichtig ist dabei zu bedenken, dass unsere Interpretation einer Handlung oder Aussage nicht unbedingt der Absicht des Gegenübers entsprechen muss. Hilfreiche Schritte sind zurück zu fragen: „Habe ich dich richtig verstanden, …?“. Dazu gehört auch, genau hinzuhören, andere Meinungen zu respektieren, Personen wertzuschätzen, vor dem Sprechen zweimal zu denken, nicht aufzugeben, ehrlich zu sein, nachzufragen, flexibel zu sein und damit zu leben, dass man nicht immer alles (er-)klären kann.
Offensichtlich für unser Gegenüber sind meist unser Kommunikationsstil, die Art, wie wir Meinungsverschiedenheiten angehen, die Art, wie wir Dinge weitergeben, wie wir zu einer Entscheidung kommen, wie wir uns informieren und wie viel wir vor anderen offen legen. Verborgen bleiben dagegen oft die Werte, die Erwartungen, das Wahrnehmungsvermögen, Glaubenssätze, Einstellungen und Annahmen.
Es ist unsere menschliche Eigenart, dass wir alle unterschiedlich werten. In Europa sind beispielsweise Normen sehr wichtig. Alles ist genormt. Angestellte müssen gewisse Fähigkeitszeugnisse besitzen und es wird automatisch erwartet, dass sich jeder an die gesellschaftlichen Normen hält. Doch viele andere Kulturkreise funktionieren beziehungsorientiert. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass Menschen für eine Arbeit eingestellt werden, weil man den Vater oder sonst ein Person kennt. In einer beziehungsorientierten Kultur ist es auch wichtig, dass jemand nicht bloßgestellt wird, sondern seine Ehre erhalten bleibt, auch wenn man dazu lügen muss. Das wiederum wird in einer normorientierten Gesellschaft als unehrenhaft angesehen, in der man offene Fragen angehen und lösen möchte. In einer Interpretationskultur sucht man dagegen nach einem gelungenen Argument, um einen Ausweg aus der Situation zu finden. Während es in einer Normkultur als Ehrensache gilt, einen Vertrag oder eine Vereinbarung einzuhalten, wird sich jemand in einer Beziehungskultur für jemanden einsetzen, weil er den anderen oder sich nicht blamieren will.
Anders als Europa hängt der gesellschaftliche Stellenwert eines Menschen in manchen Ländern nicht von seiner Leistung, sondern von der Stellung im Machtgefüge ab. Jemand, der jemand kennt oder mit jemand verwandt ist, der seinerseits Umgang mit jemand hat, der einem Minister dient, und sei es nur als Bote, genießt mehr Ansehen und Respekt. Ein Selfie zum Beispiel mit der Kanzlerin, das in Syrien oder dem Irak die Runde macht, verbreitet eine ganz andere Botschaft als wir es gewohnt sind: Schaut her, die Chefin kümmert sich persönlich um jeden von uns!
Der Mensch hat als einziges Wesen die Fähigkeit, mit Denkprozessen zu Schlüssen zu kommen, die außerhalb seiner bisherigen Erfahrung liegen. Tiere dagegen reagieren instinktiv auf gemachte Erfahrungen. Zu dieser Denkfähigkeit braucht der Mensch Vorgaben oder Annahmen. Ein Beispiel dafür ist die Vorgabe, dass Eins plus Eins Zwei ergibt. Im Laufe der Zeit wurden solche Annahmen aber auch immer wieder korrigiert oder verändert. In gewissen Bereichen gibt es aber keine rationale Überprüfbarkeit. Einer dieser Bereiche sind die übersinnlichen Erfahrungen mit Gott oder Geistern. Diese kann man unterschiedlich interpretieren. Sogar die Wunder Jesu wurden unterschiedlich ausgelegt. Seine Freunde sahen darin Gottes Bestätigung, seine Gegner hingegen deuteten sie als Zauber. Aus den übersinnlichen Erfahrungen sind verschiedene Glaubenssysteme entstanden, die zu unterschiedlichen Werten geführt haben. Was in einem Glauben ehrenhaft ist, wird in einem anderen Glaubenssystem als Schwäche gesehen (z.B. Demut oder Verzicht auf Gewaltanwendung). Um einen Menschen in seinen Reaktionen verstehen zu können, muss man deshalb auch seinen Glauben mit einbeziehen.
Weitere Tipps und Hintergrundinformationen erhalten Sie in einer Präsentation mit Hanspeter Obrist (Erwachsenenbildner in transkultureller Kommunikation)
Informationen zu einzelnen Aspekten finden Sie in folgenden Artikeln:
Juden, Christen, Muslime – das gleiche Ziel?
Juden, Christen, Muslime – ein Gott
Der Mensch für Juden, Christen und Muslime
Konzepte der Erlösung bei Juden, Muslimen und Christen
Normative Schriften bei Juden, Christen und Muslimen
Der Glaube von Juden, Christen und Muslimen ähnelt sich – zugleich gibt es aber auch Unterschiede
Leben mit dem Islam